
Stadtwerke-Fusion: Keine Frage von Gut und Böse

Nun stimmen also die Bürger ab. Sie haben eine hohe Verantwortung, denn es geht um die künftige Existenzgrundlage des wichtigen kommunalen Unternehmens.
Noch nie in seiner Amtszeit hat Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) die öffentliche Stimmung so falsch eingeschätzt. Die Zukunft der Stadtwerke bewegt viele Bürger, deutlich mehr, als man im Rathaus lange Zeit dachte. Die Gegner einer Fusion der Energiesparte mit Erdgas Schwaben sammelten binnen kurzer Zeit 28.000 Unterschriften. Wenn das keine Botschaft an die Politik ist!
Die Kräfte für eine Fusion machen es Gegnern leicht
Der Plan, den heftig umstrittenen Zusammenschluss unter Ausschluss der Bürger auf politischer Ebene durchzuboxen – mit Hilfe der Koalitions- und Bündnispartner SPD und Grüne – ist damit gescheitert. Über die Zukunft der beiden regionalen Energieunternehmen werden die Bürger entscheiden. Politisch ist dies nicht mehr aufzuhalten.
Jeder weitere Versuch, den Urnengang zu verhindern, würde großen Schaden anrichten, auch für den Oberbürgermeister selbst. Kurt Gribl ist von den Vorteilen einer Fusion, für die in der Tat einiges spricht, persönlich überzeugt. Allein mit dem politischen Machtzirkel im Rathaus ist dieses Ziel nicht mehr zu erreichen. Gribl muss nun die Bürger mit guten Argumenten gewinnen, wenn er glaubt, dass die Zukunft der Stadtwerke von der Fusion abhängt.
Die treibenden Kräfte für eine Fusion haben im Hinblick auf die öffentliche Wirkung bislang viel falsch – und es den Gegnern damit leicht gemacht. Eine teure Marketingkampagne ersetzt keine politische Debatte. Aufwand und Dimension der Kampagne pro Fusion schufen bei vielen Bürgern kein Vertrauen, sondern weckten erst recht das Misstrauen.
Ist es Sache eines OB, ob sich Themen zur Bürgerabstimmung eignen?
Sie sagten sich: Die Fusion ist doch längst beschlossen. Wie kann man dann noch behaupten, der Entscheidungsprozess sei ergebnisoffen? Auch Gribls Taktieren trug nicht gerade zur Vertrauensbildung bei. Zuerst empfahl er den Gegnern der Fusion noch eine juristisch korrekte Fragestellung beim Bürgerbegehren.
Als diese nicht auf seinen Rat hörten und mit der Sammlung der Unterschriften sowie einer anderen Fragestellung als vom OB gewünscht loslegten, sprach er sich gegen einen Bürgerentscheid aus. Die Weichenstellung für die Stadtwerke sei Sache des Stadtrats. Da ahnte er wohl schon, dass ein Bürgerentscheid die Fusion vereiteln könnte. Die öffentliche Stimmung, wie sie momentan zu spüren ist, dürfte nicht im Sinn des Rathauschefs sein.
Den Bürgern das Gefühl zu geben, sie seien mit dem komplexen Thema überfordert, machte es nicht besser. Ist es Sache des Oberbürgermeisters, festzustellen, welche Themen für Bürgerabstimmungen geeignet sind und welche nicht? Dabei muss man dem OB, der seit dieser Woche selbst mit dem Bürgerentscheid rechnet und auch keine juristischen Hindernisse mehr erkennt, edle Motive für den Fusionswunsch unterstellen.
Die Synergieeffekte sind laut Machbarkeitsstudie, die seit kurzem vorliegt, beträchtlich. Für die Zukunftssicherung der Stadtwerke reicht es nicht, die Lage aus heutiger Sicht zu betrachten. Auf dem Energiemarkt dreht sich der Wind gewaltig. Die Energiesparte der Stadtwerke muss langfristig fette Gewinne machen, wenn sie ihr Schwesterunternehmen „Verkehrsbetriebe“ weiter quersubventionieren soll. Das Angebot von Bus und Tram will finanziert sein.
Die Verantwortung liegt am Ende bei den Bürgern
Dass Stadtwerke auch pleite gehen können, dafür wurde in anderen Städten bereits der Beweis erbracht. Daher ist es politisch umsichtig, die Existenz der Stadtwerke in guten Zeiten sichern zu wollen. Gribl und die CSU hatten deshalb auch zeitig die Unterstützung von SPD und Grünen. Deren Umweltreferent Reiner Erben steht aus Überzeugung auch jetzt noch dazu, trotz des parteiinternen Gegenwinds.
Dieser hat auch die SPD erfasst, deren Führung schließlich die Notbremse zog. Im Stadtrat, wo ursprünglich am Donnerstag dieser Woche hätte über die Fusion entschieden werden sollen, wäre es auch ohne den Erfolg des zweiten Bürgerbegehrens nicht dazu gekommen. Eben weil die SPD den Zeitaufschub bewirkte.
Nun liegt die Verantwortung bei den Bürgern. Sie müssen eine schwerwiegende Entscheidung treffen. Die Dinge sind nicht so einfach, wie sie von Fusionsgegnern dargestellt werden. Es gibt auch unedle Motive. Was ist zum Beispiel von dem Ansinnen zu halten, die Stadtwerke nur deshalb mit einem Fusionsverbot zu schwächen, damit der zu einem beträchtlichen Teil bereits erstellte Bahnhofstunnel nicht zuendegebaut werden kann?
Um eine sachgerechte und verantwortungsvolle Entscheidung treffen zu können, werden sich die Bürger auch mit den Motiven der Fusionsgegner näher beschäftigen müssen. Denn Gut und Böse gibt es in der Fusionsfrage nicht. Die Sache ist komplex. In diesem Punkt hat der Oberbürgermeister recht.
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