
Mond und Eierschale
Arno Schmidt: Verschobene Kontintente. Arno Schmidt war ein Meister der Worte. Wie er den Alltag beobachtete, ihn ungeschönt in Sprache übersetzte und ihm dabei eine metaphorische Dimension einhauchte, ist beispiellos. Leider ist Schmidt zeitlebens ein Schriftsteller für die Wenigen geblieben. Die allerdings halten ihm lebenslang die Treue. Die Allertreuesten, Joachim Kersten, Bernd Rauschenbach und Jan-Philipp Reemtsma (Vorstand der Arno-Schmidt-Stiftung), haben 29 Kurzgeschichten Schmidts auf 4 CDs eingelesen, die auch Schmidt-Einsteigern den Reiz dieses Autors vermitteln. Engagiert, aber nicht übertrieben, routiniert, aber mit dem nötigen Feuer tragen sie Geschichten vor, die Schmidt in den 50er Jahren größtenteils für Zeitungen geschrieben hat. Kurze, eingängige Texte, die spätestens beim Vergleich des sinkendes Mondes mit einer Eierschale, einem Baseball aus Ziegenleder, einer Aspirintablette einen in den Arno-Schmidt-Bann versetzen.(Gelesen von Joachim Kersten, Bernd Rauschenbach, Jan-Philipp Reemtsma, Hoffmann und Campe, 4 CDs, 275 Min., 29,99 Euro)
Hermann Broch: Die Schlafwandler. Mit einer groß angelegten Hörspielproduktion rufen Bayerischer und Hessischer Rundfunk Hermann Brochs Romantrilogie "Die Schlafwandler" von 1930/31 in Erinnerung. Die radiophone Umsetzung von Klaus Buhlert (Regie) und Herbert Kapfert (Dramaturgie) ist kongenial an die gesteigerte Dramaturgie des Romans angepasst. Während im ersten Teil "Pasenow oder die Romantik" mit seinem auf die schöne Uniform bedachten preussischen Offiziershelden man nicht einmal den Sprecheratem hört, so klar ist hier der literarische Kammerton getroffen, wird im zweiten Teil "Esch oder die Anarchie" die dramaturgische Spannung durch komplexere Dialoge und hörspieltypische Kullissen gesteigert. Den Buchhalter Esch treibt die Libido in die Betten vieler Frauen zwischen Köln und Mannheim. Seine kleinbürgerliche Suche nach einer wahren Ordnung allerdings zur Idee, dass ein gewisser Industrieller Bertrand die Schuld am "großen Buchungsfehler im System" trägt. Im dritten Teil "Hugenau oder die Sachlichkeit" werden die Erzählstränge verbunden und Buhlert erreicht mit einem wahren Staraufgebot von Sprechern das Maximum der Möglichkeiten. (Regie: Klaus Buhlert. Sprecher: H. Zischler, W. Wölbern, M. Zapatka, J. Hentsch, L. Deschauer und andere. Der Hörverlag, Laufzeit 615 Minuten., 49,95 Euro)
Thomas Bernhard, Siegfried Unseld: Briefwechsel. Ein Briefwechsel, gesprochen? Das klingt unsinnig. "Blödsinnig" hätte Thomas Bernhard vielleicht gesagt, ist aber das genaue Gegenteil: phänomenal gut! Die Korrespondenz zwischen dem Schriftsteller und dem Verleger Siegfried Unseld ist großes, mitreißendes Theater mit einem wiederkehrenden Thema: mehr Geld. Für ihre Sprechleistung haben Peter Simonischek und Gert Voss den Deutschen Hörbuchpreis 2010 erhalten. Applaus! (Gelesen von Gert Voss und Peter Simonischek, Der Hörverlag, 3 CDs, 240 Min.,18 Euro) rim/zäh/stw
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