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Foto: Erwin Wodicka/fotolia
Foto: Erwin Wodicka/fotolia

Betriebsräte können in den Unternehmen Einfluss auf viele Entscheidungen nehmen. Immer wieder kommt es zu Neugründungen solcher Gremien – nicht immer so öffentlichkeitswirksam wie bei Amazon. Bei Ampack in Königsbrunn oder Kontron in Augsburg vollzog sich die Wahl fast geräuschlos.

Augsburg
05.04.2013

Nicht nur bei Amazon ist vieles neu

Von Monika Schmich

Auch in anderen Betrieben in der Region wurden zuletzt Betriebsräte gegründet. Im Handel oder im Gaststättengewerbe gibt es dagegen kaum Bewegung

Bei Amazon ging es im Februar um mehr als um einen der 16 Sitze im Betriebsrat. Die 2500 Mitarbeiter des Logistikzentrums in Graben waren erstmals aufgerufen, eine Arbeitnehmervertretung zu wählen. Die Premiere stand nach monatelangen Diskussionen um vermeintlich schlechte Arbeitsbedingungen im öffentlichen Fokus. Betriebsseelsorger Erwin Helmer, der die Wahl mitinitiiert hatte, sprach hinterher von einem „historischen Ereignis“.

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Gregor Libowski hat das Gleiche hinter sich. Er ist seit Februar Betriebsratsvorsitzender bei der Bosch-Tochter Ampack in Königsbrunn – der erste in der Firmengeschichte. Worte wie „historisch“ nimmt er nicht in den Mund. Im Vergleich zu Amazon verlief die Gründung beim Verpackungsspezialisten Ampack fast geräuschlos. Nach der Übernahme des Familienunternehmens mit 260 Mitarbeitern wollte man den Interessen der Arbeitnehmer im großen Konzern eine Stimme geben. „Wir sehen die Chance, uns mit anderen Arbeitnehmervertretern der Bosch-Gruppe auszutauschen und ein paar Themen voranzubringen“, sagt Libowski. Dabei gehe es vor allem um flexiblere Arbeitszeiten.

Betriebsratsneugründungen sind keine Seltenheit. Durchschnittlich zehn pro Jahr begleitet allein die IG Metall in der Region, berichtet der Erste Bevollmächtigte Michael Leppek. Meistens dann, wenn es im Betrieb knirscht, wenn Personalabbau droht oder um die Erfolgsbeteiligung gestritten wird. „Es sind oft emotionale Themen“, sagt Leppek, „die Angst um den Job und vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen spielt eine große Rolle.“ Ganz anders lagen die Motive bei den beiden ersten Neugründungen in diesem Jahr: bei Ampack und beim Experten für Computer-Anwendungen Kontron. In beiden Fällen sei die Gründung „völlig prob-lemlos“ verlaufen, heißt es.

Bei Kontron werden die rund 100 Mitarbeiter künftig von einem fünfköpfigen Gremium vertreten. Sie waren selbst auf die IG Metall zugekommen und hatten um Unterstützung gebeten. Sie wollten mehr Einblick in Unternehmensentscheidungen, mehr Durchblick bei den Regelungen im Betrieb, berichtet Björn Kannler von der IG Metall. Bei Kontron stießen sie auf Verständnis, schließlich gibt es innerhalb der AG auch an anderen Standorten Betriebsräte.

Deutlich aufwendiger waren da die Vorbereitungen, die Verdi bei Amazon zu treffen hatte, heißt es. Auch Verdi hat in diesem Jahr außerordentliche Betriebsratswahlen zu stemmen – wenn auch nicht wegen Neugründungen. Bei der Lechwerke AG und in zwei ihrer Tochtergesellschaften müssen Betriebsräte neu gewählt werden, weil sich wegen Personalverschiebungen die Rahmenbedingungen grundlegend geändert hatten. Generell sei es im Dienstleistungsbereich schwieriger als bei den Metallern, Betriebsräte zu etablieren, berichtet Verdi-Chefin Sigrid Giampa. Vor allem im Handel, wo es oft nur kleine Einheiten gäbe, die oft großen Ketten angehörten.

Tim Lubecki von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat im Gaststättengewerbe ein ähnliches Problem. „Dort haben wir kaum Mitglieder, Betriebsräte sind Mangelware.“ Das Dorint und das Drei Mohren seien in Augsburg die einzigen größeren Häuser, in denen die Arbeitnehmer organisiert sind. Auch Neugründungen gehörten in der Branche zur Seltenheit. Vor einigen Jahren hat die NGG bei Burger King in Augsburg die Neuwahl eines Betriebsrates be-gleitet. Das war’s aber auch schon. Besser sei die Situation laut Lubecki im Lebensmittelhandwerk. Etliche Brauereien oder Molkereien hätten Betriebsräte, auch in den Großbäckereien organisierten sich die Mitarbeiter zunehmend. Neugründungen nicht ausgeschlossen.

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