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Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)
Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

Die Tarifreform der Stadtwerke stößt bei vielen Kunden noch immer auf massive Proteste. Dennoch fühlt sich der Verkehrsbetrieb nach zwei Monaten in seiner Entscheidung bestätigt.

Augsburg
13.03.2018

So wirkt sich die umstrittene Tarifreform aus

Von Stefan Krog

Zum Januar änderten die Stadtwerke ihre Preise. Dies führte zu massiven Protesten. Die Nachfrage nach Einzelfahrscheinen ist gesunken, bei Abos lief es anders.

Zwei Monate nach der Umsetzung der umstrittenen Tarifreform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) ziehen die Stadtwerke eine erste Bilanz: Demnach stieg die Zahl der Abo-Nutzer im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent, dafür wurden rund acht Prozent weniger Einzelfahrscheine verkauft. Man gehe unterm Strich davon aus, dass man das Ziel, mehr Fahrgäste zu gewinnen, erreichen werde, so die Stadtwerke. Nach den ersten beiden Monaten verzeichne man vier Prozent mehr Passagiere.

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Die Tarifreform hatte wie berichtet eine Verschiebung im Tarifgefüge gebracht. Für einen Teil der Gelegenheitsfahrgäste gab es durch die Zonenzusammenlegung im Innenraum eine Fahrpreisverdoppelung, was bei den Betroffenen für Unmut sorgte. Bei den Abos wurden die Preise nur moderat angehoben. Das 9-Uhr-Abo ist mit seinem Preis von 30 Euro rund zehn Euro billiger geworden. Wie berichtet gibt es bereits kurz nach der Einführung der neuen Tarife die politische Forderung aus dem Stadtrat, dass die Stadtwerke Vorschläge zu einer Reform der Reform machen sollen.

Weniger Einzelfahrscheine, dafür mehr Streifenkarten

Inwieweit Gelegenheitsfahrer zu Abonnenten wurden oder – wie von manchen Betroffenen angedroht – aufs Auto umgestiegen sind, lässt sich aus den aktuellen Stadtwerke-Zahlen noch nicht ablesen. „Wer aus welcher Fahrgastgruppe wo hingewandert ist, muss noch analysiert werden. Für gesicherte Erkenntnisse muss zudem noch einige Monate abgewartet werden, bis sich das neue System eingependelt hat“, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. Einige Details sind aber bereits jetzt bekannt:

Im Bereich der Einzelfahrscheine gab es einen Einbruch bei der Nachfrage um acht Prozent. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die bisherige Zone 1 (eine im Radius bis zu drei Kilometer große Zone rund um die Innenstadt) für Bartarife abgeschafft wurde. Fahrgäste zahlen für Fahrten in Augsburg jetzt obligatorisch die Preisstufe 2. Ausnahme: die neue Kurzstrecke, mit der man von der Einstiegshaltestelle aus vier Haltestellen weit kommt. Auf den meisten Linienästen (Ausnahme: Göggingen) ist man damit aber schlechter bedient als bisher, wenn man in die Innenstadt will. Allerdings scheint das nicht alle Gelegenheitsfahrer abzuhalten. Gestiegen ist nämlich der Verkauf von Streifenkarten um etwa fünf Prozent.

Abos: Vor allem bei Schülern und Senioren steigen die Zahlen

Bei den Abos ging die Zahl zum Stichtag 1. März gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf jetzt 41.100 nach oben. Das normale Mobil-Abo legte demnach um 20 Prozent auf jetzt 7800 zu, das neue 9-Uhr-Abo um fast 23 Prozent auf 11.500. Auch die Zahl der Schüler-Abos stieg um etwa 20 Prozent (jetzt rund 10.700). Dies dürfte daran liegen, dass es seit 1. Januar einen Zuschuss von der Stadt für die Schüler gibt, bei denen der Freistaat nicht die Kosten erstattet. Dies hängt von der Entfernung zwischen Wohnort und Schule ab. Die Zahl der Kündigungen hielt sich mit 500 etwa im langjährigen Schnitt oder sogar leicht darunter, heißt es von den Stadtwerken.

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Allerdings handelt es sich nicht bei allen Neu-Abonnenten um Neu-Fahrgäste. Denn das frühere Senioren-Abo ging zum Jahreswechsel im neuen 9-Uhr-Abo auf. Ein großer Teil der neuen Abonnenten dürften darum Senioren sein, die schon bisher Bus und Tram fuhren. Zum Vergleich: Im März 2017 gab es knapp 8100 Senioren-Abos.

Tarifreform: Die Wochenkarte wurde gestrichen

Hinzu kommt auch, dass die Wochenkarte gestrichen wurde. Laut Stadtwerken wurden früher etwa 4500 Stück pro Monat verkauft – zu welchen Tickets diese Fahrgäste wechselten, ist noch unklar. Bei den Monatskarten, die im Zuge der Tarifumstellungen ebenfalls teurer wurden, gab es zwischen Februar 2017 und 2018 eine Steigerung von 6200 auf 7200 – möglicherweise sind einige Fahrgäste, die von der Verteuerung in den Bartarifen betroffen waren, die im Sommer aber lieber radeln und kein Abo benötigen, in diese Ticketart gewechselt.

Momentan, so die Stadtwerke, liege man beim Abo-Zuwachs über dem, was der Gutachter vorhersagte, der die Stadtwerke bei der Tarifreform beriet. Bei den Stadtwerken wurden zuletzt etwa 80 Prozent aller Fahrten über Abos abgewickelt. Dies sei im Vergleich zu ähnlichen Verkehrsbetrieben recht niedrig, obwohl es in Augsburg ein obligatorisches Semesterticket für Studenten gibt. In anderen Städten erreiche man 90 Prozent und mehr. Darum wolle man auch mehr Abonnenten unter den Fahrgästen.

Bis Mai wollen die Stadtwerke ermitteln, an welchen Stellen der Tarifreform es noch Möglichkeiten zur Änderung gibt, um auf die massiven Proteste aus der Bevölkerung zu reagieren. Das ist der Auftrag aus dem Stadtrat. Zu prüfende Möglichkeiten wären eine Verlängerung des Kurzstreckentickets oder eine Vorverlegung samt der 9-Uhr-Grenze beim Abo – samt einer Kalkulation, mit welchen zusätzlichen Kosten das verbunden wäre.

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