Der Juwelierladen von Christian Georgi ist kein auf Hochglanz poliertes Geschäft, in dem viele Schmuckstücke in gläsernen Vitrinen funkeln. Er ähnelt eher einer Tüftelwerkstatt. Denn Georgi, der seit rund 15 Jahren die Räumlichkeit am Hohen Weg von der Stadt angemietet hat, hat sich auf das Reparieren von Uhren spezialisiert. Doch der Betrieb läuft für den Uhrmachermeister und Goldschmied wohl schon länger nicht mehr rund. Demnächst muss Georgi das Geschäft sogar schließen. Die Stadt hatte auf Räumung geklagt. Der 56-Jährige nahm einen Anwalt und legte Einspruch ein. Beide Parteien standen sich unlängst am Landgericht gegenüber.
Wenn sich Mieter und Vermieter vor Gericht wiedersehen, muss im Mietverhältnis gehörig was schief gelaufen sein. Christian Georgi jedenfalls ist sauer auf die Stadt Augsburg. Er sagt, diese lasse ihre Immobilie verkommen, ihm seien dadurch Kosten von mehreren Tausend Euro entstanden. In den Jahren 2020/21 bat er wegen Corona um Stundung der Miete, sie wurde ihm gewährt. Doch dann ließ er die fälligen Zahlungen auflaufen. Zudem zahlte er eine geraume Zeit lang weniger als vertraglich vereinbart. Er war überzeugt, er habe unter anderem wegen Wasserschäden ein Recht auf Mietminderung. Bei der Stadt hingegen sieht man in ihm wohl einen unzuverlässigen Mieter, der sich mit seinen Zahlungen irgendwann in einem Rückstand in fünfstelliger Höhe befand. Man kündigte ihm, der Goldschmied allerdings ignorierte dies. Die Angelegenheit gipfelte schließlich in einer Räumungsklage. Aber von vorne.
Augsburger Juwelier: „Wasser stand eine Handbreit im Keller“
Spricht man mit Christian Georgi, hat er viele Gründe, warum aufhörte, den Mietzahlungen vollumfänglich nachzukommen. Zwei Mal, so erzählt der Augsburger, habe er Wasserschäden im Keller gehabt. Seine technischen Geräte, eine Gießanlage etwa und Drehbänke, seien beschädigt worden. Der erste Schaden habe sich vor rund fünf Jahren aufgrund undichter Rohre ereignet. „Das Wasser stand eine Handbreit hoch in meinem Keller. Nicht nur die Geräte, sondern auch das Dekomaterial waren betroffen“, erzählt er. Eine Woche lang habe sich die Stadt nicht darum gekümmert. Vor rund drei Jahren dann der nächste Wasserschaden. Wie er erzählt, wurde er durch einen Toilettenumbau im zweiten Stock verursacht. Das Ganze passierte wohl an einem Wochenende. „Das Wasser floss über die Wendeltreppe hinunter in den Keller.“ Mehrere tausend Euro Schaden seien ihm entstanden. Auf ihm sei er sitzen geblieben. Nicht nur das erzürnte den Ladeninhaber.
Weil das Gebäude vor wenigen Jahren mehrere Monate lang eingerüstet war, sei sein Laden möglicher Laufkundschaft verborgen geblieben, zählt er weiter auf. Zudem sei er aufgrund der Pandemie gezwungen worden, sein Geschäft zu schließen. Diese Anordnung sei von der Stadt erfolgt, die ja von ihm Geld haben wolle. Dass sich die Stadt um ihre Liegenschaften nicht kümmere, habe auch der Heizungsausfall Anfang dieses Jahres gezeigt. Mehrere Wochen hätten die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, das sich ebenfalls in dem städtischen Gebäude befindet, wie auch er mit Heizungslüftern die Räume warm halten müssen. „Ständig flogen die Sicherungen wegen Überlastung heraus.“ Immer wieder, so berichtet er, habe er in der Vergangenheit wegen alledem mit dem Liegenschaftsamt telefoniert, auch wegen eines möglichen Mietnachlasses. „Aber die Stadt interessiert irgendwelche Pop-Up-Stores mehr, als die Unterstützung langjähriger Mieter“, kritisiert er. Bei der Stadt sieht man das freilich anders.
Anwalt der Stadt Augsburg: Irgendwann müsse man eine Räumung vorantreiben
Wie Rechtsanwalt Stefan Zipp, der die Stadt in der Angelegenheit vertritt, betont, habe sich die Stadt in der Vergangenheit mit den Stundungen während Corona kulant gezeigt. Nun werde diese Kulanz ins Gegenteil verkehrt. Hätte der Mieter irgendwann seine aufgelaufenen Rückstände gezahlt, hätte er vielleicht noch eine Chance gehabt, betont der Jurist. Schließlich sei dem Mieter 2023 fristlos und ordentlich gekündigt worden. „Er ignorierte aber alles und blieb trotzdem drin. Und irgendwann muss man eine Räumung vorantreiben, die Stadt muss schauen, dass ihre Immobilien auch Geld einbringen“, sagt Zipp. Unverständlich finde er es, dass der Mieter das Opfer spiele. Der Anwalt des Goldschmieds, Bernhard Hannemann, sieht das anders.
Die Stadt sei seinem Mandanten angesichts der Schäden in keiner Weise entgegengekommen, auch habe es keinerlei Kompensation gegeben, meinte Hannemann in der Güteverhandlung, die am Augsburger Landgericht stattfand. Sein Versuch, das Mietverhältnis mit seinem Mandanten fortzusetzen, damit dieser die ausstehende Zahlungen erwirtschaften könne, stieß auf Widerstand. Wie auch sein Appell, dass ein künftiger Leerstand in der Immobilie doch nicht im Sinne der Stadt sein könne. „Es fehlt der Glaube, dass der Mieter gewillt ist, in Zukunft zu zahlen“, entgegnete Rechtsanwalt Zipp. Im Ergebnis haben sich die Parteien verglichen. Christian Georgi hat noch etwas Zeit, am 30. Juni muss er den Laden geräumt haben. Bezahlt er einen Teil der Rückstände, auf dessen Summe sich die Parteien geeignet haben, darf er bis zum 30. September bleiben.
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