Dass Verkehr im Allgemeinen und Nahverkehr im Speziellen eine bedeutende Rolle im aufziehenden Kommunalwahlkampf spielen werden, zeichnet sich schon in der jetzigen, noch sehr frühen Phase ab. Die Stadtratsfraktion der Augsburger Grünen hat nun einen eigenen Vorstoß unternommen, um das Thema auf die Agenda zu setzen. „Wir erleben in Augsburg eine Zeitenwende im ÖPNV – aber nicht zum Guten“, sagte Matthias Lorentzen, Sprecher für den öffentlichen Nahverkehr, bei der Vorstellung eines Positionspapiers. Dabei sehen sie insbesondere die Stadtwerke in der Pflicht.
Im Zentrum des Positionspapiers steht eine Forderung, die die Grünen nicht exklusiv haben: Es gehe darum sicherzustellen, „dass Straßenbahn und Bus bald wieder zuverlässig in einem dichten Takt verkehren“, heißt es dort. Dafür gelte es, „alle verfügbaren Mittel“ auszuschöpfen. Die Stadtwerke selbst verweisen seit Langem auf Fahrermangel, der maßgeblich für ausgedünnte Takte verantwortlich sei; trotz Bemühungen ist vorerst kaum Besserung in Sicht, bis auf Weiteres wird es wohl beim 20-Minuten-Bustakt bleiben.
Kritik an Stadtwerken: Engpässe im Augsburger Nahverkehr laut Grünen „Alarmsignale“
Man könne Personal natürlich nicht „schnitzen“, sagte Deniz Anan, mobilitätspolitischer Fraktionssprecher. Inzwischen sei aber ein „Ausmaß erreicht, dass man fragen muss, ob das Thema für die Geschäftsführung der Stadtwerke wirklich Priorität hat.“ Im Umland und Städten wie Nürnberg oder Würzburg, ergänzte Lorentzen, träten keine vergleichbaren Engpässe auf (wobei zumindest aus München ähnliche Probleme bekannt sind). „Es kommt langsam ein Augsburg-Faktor ins Spiel“, sagte Lorentzen. Immer wieder höre man aus der Belegschaft, dass es Defizite bei Schichtplanung oder Teilzeitmodellen gebe. „Das sind doch Alarmsignale.“ Um neues Personal zu gewinnen, schlug er etwa vor, gezielt Headhunter zu beschäftigen oder Mitarbeitenden günstigeren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Die Grünen sind seit 2020 selbst an der Stadtregierung beteiligt; der aktuelle Vorstoß, betonen beide Grünen-Politiker, sei aber kein Wahlkampfmanöver. Man habe das Thema in den vergangenen Jahren immer wieder angestoßen und wolle nun erneut „Anregungen in die Debatte geben“. Dazu brachten sie auch eine stärkere finanzielle Beteiligung der Stadt ins Spiel, da Träger wie die Stadtwerke zunehmend mit sinkenden Energiegewinnen zu kämpfen hätten und gleichzeitig verstärkt investieren müssten – etwa in die Elektrifizierung der Busflotte. Neben Bund und Ländern, heißt es im Positionspapier, werde auch die Stadt gefordert sein, „durch einen laufenden Zuschuss die notwendige Qualität des Nahverkehrs sicherzustellen“. Darauf, wie hoch dieser Zuschuss ausfallen könne oder solle, wollten sich Lorentzen und Anan auf Nachfrage aber nicht festlegen.
Ausgedünnte Takte und Verspätungen: Änderungen im ÖPNV können „auch zu Lasten des Autoverkehrs gehen“
Im Positionspapier fordern die Grünen auch ein externes Gutachten, das die Struktur des Busliniennetzes untersucht – durch lange Fahrzeiten seien manche Busverbindungen grundsätzlich unattraktiv. Zudem brauche es „Beschleunigungsmaßnahmen“, durch die sich Busse und Bahnen schneller und flüssiger im Stadtverkehr bewegen könnten; dies sei durch Änderungen der Lichtsignalzeiten möglich, aber auch durch „zusätzliche Halteverbote“, und könne „auch zu Lasten des Autoverkehrs gehen“.
Wenn die Stadtwerke Augsburg von 800 Bewerbern nur 40 einstellen, ist wohl eindeutig, woher das Problem mit den Fahrermangel kommt. Es ist nicht gerade der attraktivste Beruf. Man kann nicht zu erwarten, dass alle Bewerber den passenden Führerschein und gute Deutschkenntnisse mitbringen. Gute Ausbildung ist teuer. Das sind die Mittel, die in überflüssiger Infrastruktur wie z.B. im Bahnhofstunnel verbaut wurden. Aber vielleicht sprich niemand offen aus, dass inoffiziell radikal gespart werden muss. Die 40 Meter langen Straßenbahnen sind ja geradezu eine Aufforderung, den Takt zu Schwachlastzeiten weiter auszudünnen.
Ihr Vorschlag? Ungeeignete Fahrer einstellen und auf die Fahrgäste los lassen? Standards senken ist keine Option. Den Beruf attraktiver gestalten hingegen schon.
@Matthias Kitirk: Hohe Standarts schafft man durch gründliche Ausbildung, nicht dadurch, dass man 95% der Bewerber verschmäht, weil sie nicht perfekt deutsch sprechen oder (noch) keinen passenden Führerschein besitzen. Ein grundsätzlicher Einstellungstest sollte darin bestehen, die Bewerber am Fahrsimulator zu testen, ob sie wenigstens theoretisch einen Bus sicher lenken könnten. Wie wollen Sie ausgerechnet beim aktuellen Fachkräftemangel den Beruf des Busfahrers attraktiver machen? Das geht nur, wenn Sie mit hohen Gehältern oder Prämien Personal von anderen Arbeitgebern abwerben. Dann bitte verantworten Sie auch die Kostenlawine. Naja Grüße an die SWA vielleicht geht die Strategie mit dem Kopf durch die Wand doch noch auf? (Sarkasmus)
Der Wahlkampf naht und die Regierungspartei "Grüne" erinnern sich wieder an das was ihnen mal wichtig war. Gestern Morgen Fahrtausfall auf der Linie 6 im Ferien-10-Minuten-Takt; meine Frau auf dem Weg zur Arbeit nach München - so ist diese "Mobilitätsdrehscheibe" überflüssig. Richtig schlimm wird es nach dem "Lückenschluss", wenn die 6er hinter dem HBF in die staubelastete Autospur muss, weil die swa über 15 Jahre hinweg keine störungsfreie Ausfahrt aus ihrem 250 Mio Projekt planen konnten...
Richtig beobachtet. 20 Minuten auf eine Tram warten zu müssen, dann Zug verpasst - so kann es nicht weitergehen. Unsere Fraktion hat das Thema laufend bearbeitet, in Anträgen, Anfragen, in Stadtrat und Ausschüssen und auch im Gespräch mit den SWA. Leider hatten die Stadtwerke lange nur eine Interimsgeschäftsführung, das hat es nicht gerade erleichtert, den Nahverkehr wieder in den Griff zu bekommen. Nun muss etwas passieren.
Das verrückteste am irrsinnig teuren Lückenschluss ist: Die Gleise in der Pferseer Unterfühung bleiben schlicht und einfach die beste Verkehrsführung durch diesen Flaschenhals. Mit dem "Lückenschluss" wird der Konflikt zwischen Tram und Individualverkehr einfach nur nach Westen verschoben, mit einer Kurve in einer stark befahrenen Kreuzung sogar noch verschäft.
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