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Digitalisierung an Augsburgs Schulen: Hier liegen die Herausforderungen

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Alles digital? So läuft es mit Tablets an den Augsburger Schulen

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    Benedikt Kirsch vom Augsburger Fugger-Gymnasium arbeitet im Physikunterricht mit Laptops. An der Schule hat man gute Erfahrungen gemacht, sieht aber auch Herausforderungen.
    Benedikt Kirsch vom Augsburger Fugger-Gymnasium arbeitet im Physikunterricht mit Laptops. An der Schule hat man gute Erfahrungen gemacht, sieht aber auch Herausforderungen. Foto: Marcus Merk

    Die Vision einer voranschreitenden Digitalisierung an den Augsburger Schulen zumindest ist vorhanden: Bald soll jede Schülerin und jeder Schüler von der fünften Klasse aufwärts ein Pad oder einen Laptop für den Unterricht zur Verfügung haben. „Digitale Schule der Zukunft“ (DSDZ) heißt das Förderprogramm des Freistaates, das dies in den nächsten Jahren möglich machen soll. Doch auch ohne dieses Programm sammeln Augsburger Schulen seit Jahren Erfahrungen mit Laptop- und iPad-Klassen. Das Fazit der Verantwortlichen fällt unterschiedlich aus. Nicht alle halten es für sinnvoll, Schulkinder bereits so früh an digitale Geräte heranzuführen.

    Fünf Gymnasien, zwei Realschulen und elf Mittelschulen beteiligen sich aktuell an der 1:1-Ausstattung des Förderprogramms, sagt Martina Wild (Grüne), Bürgermeisterin und Bildungsreferentin. Der Freistaat will die Schulen sukzessive ausstatten, 93,4 Millionen lässt er sich das Projekt in den Haushaltsjahren 2024 und 2025 jeweils allein in Augsburg kosten. Die Eltern müssen die Tablets anschaffen, pro Gerät gibt es einen Zuschuss von 350 Euro. Die Stadt bereite ihrerseits ein eigenes Förderprogramm vor, um Eltern zu unterstützen, die sich den Eigenanteil nicht leisten können, so Wild.

    Zu den Digitalisierungs-Pionieren an Augsburgs Schulen gehört das Fugger-Gymnasium. Seit 2020 gibt es dort ab der achten Jahrgangsstufe Laptopklassen, sagt Schulleiterin Angelika Felber. „Die Schülerinnen und Schüler in den Laptopklassen haben ein ganz anderes Knowhow und eine größere Medienkompetenz als ihre Mitschüler“, betont sie. Mit fünf Jahren Erfahrung habe man auch die Schwachstellen erkannt, die jetzt gerade unter anderem mit dem Elternbeirat diskutiert würden, bevor man am Förderprogramm des Freistaates teilnimmt. Denn es gebe durchaus Herausforderungen.

    Digitalisierung an Schulen: Die Technik ist eine Herausforderung

    Wichtig sei laut Felber beispielsweise, dass alle Schüler mit einem einheitlichen Betriebssystem arbeiten, damit die Schule sie anleiten und unterstützen könne. Um die Bildschirmzeit der Schüler zu reduzieren, sei man von der digitalen Heftführung bei den jüngeren Buben und Mädchen wieder abgekommen. Ein großes Problem sei die Ablenkung, die man mit technischen Lösungen in den Griff bekommen wolle. Beim Fugger-Gymnasium setzt man auf eine flächendeckende Ausstattung mit Laptops, die rund 700 Euro kosten, so Felber.

    Auf komplett einheitliche Systeme fokussiert man sich beim Schulwerk der Diözese. Dort hatte man bereits im Schuljahr 2020/2021 auf eine flächendeckende Ausstattung der Schüler mit iPads gesetzt, so Schulwerksleiter Peter Kosak. Durch die Vereinheitlichung habe ein Wildwuchs der Systeme verhindert werden können. Das vereinfache nicht nur die Handhabung für die IT, sondern auch für die Lehrer. In einigen Bereichen arbeiteten die Schüler mit den Pads besser als mit Schulbuch und Heft, ist Kosak überzeugt. Digitale Geräte eröffneten neue Wege im Lehr- und Lernprozess, die Schülern wie Lehrern zugutekämen. Allerdings bliebe das iPad unterstützendes Werkzeug. Hefte und Stifte seien integraler Bestandteil des Unterrichts, da sie für viele Schülerinnen und Schüler besser zu handhaben seien.

    Tablets an Schulen: Wissenschaft warnt vor Ablenkungspotenzial

    Kritik an der Digitalisierung kommt aus der Wissenschaft. „Die Initiative des Freistaates markiert einen Tablet-Wahn zu Ungunsten der Lernleistungen, die seit Jahren drastisch sinken, nicht zuletzt wegen einer naiven Digitalisierung“, sagt der Augsburger Schulpädagogik-Professor Klaus Zierer. Schon jetzt säßen junge Leute zwischen sechs und acht Stunden am Tag vor Bildschirmen - diese Zeit werde weiter erhöht. Aus Studien sei das enorme Ablenkungspotenzial, gerade bei privaten Geräten, bekannt. Die Tablets kämen auch für viele Schüler zu früh. In der Sekundarstufe sei der Lese- und Schreibprozess noch nicht abgeschlossen. Solange das nicht der Fall sei, sollte eine Einzelausstattung mit Tablets vermieden werden, so Zierer. Erst ab einem Alter von 16 Jahren machten die Digitalgeräte Sinn.

    Zuletzt hatte sich bei einem Vortrag in Augsburg auch der renommierte Hirnforscher Manfred Spitzer, ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Ulm, kritisch gegenüber dem zu frühen Einsatz von Tablets an Schulen geäußert. Die Nutzung in Kindergärten bezeichnete er mit Blick auf Krankheiten wie eine Erblindung oder Demenz sogar als „Körperverletzung mit Ansage“.

    „Die entscheidende Frage ist immer: Welchen Nutzen hat die Technik für die Bildung der Kinder?“, sagt Zierer. Diese Frage werde aber weitestgehend ausgeklammert. „Stattdessen heißt es, man wolle modern und an der Spitze der Innovation sein. Weder ist man modern, wenn man Schulen mit Technik vollstopft, noch ist man innovativ, wie die einstigen Vorreiterländer bei der Digitalisierung zeigen: Schweden & Co. wenden sich davon bereits wieder ab“, so der Wissenschaftler.

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