Sie wollte abnehmen und ließ sich deshalb im November 2020 in einer Augsburger Praxis einen Magenballon setzen. Doch dabei kam es zu einem dramatischen Zwischenfall. Der Ballon muss beim Befüllen in den Rachen hochgerutscht sein und die Atemwege versperrt haben. Trotz aller Bemühungen erlitt die Patientin durch Sauerstoffmangel einen schweren Gehirnschaden, sodass die Ärzte letztlich die künstliche Beatmung im Uniklinikum einstellten. Die Frau starb. Für den tragischen Tod ist einem Urteil des Amtsgerichts zufolge die 63 Jahre alte behandelnde Ärztin verantwortlich. Sie wurde Dienstagabend nach dreitägigem Prozess wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Als Auflage muss sie 20.000 Euro an den „Bunten Kreis“ bezahlen. In einem weiteren Fall wurde die Ärztin freigesprochen. Dabei war es bei einer Magenspiegelung eines Patienten zu einem ähnlichen Zwischenfall gekommen.
Staatsanwalt Julian Küffer hatte zuvor in seinem Plädoyer eine Verurteilung wegen zweier Fälle der fahrlässigen Tötung gefordert und eine Bewährungsstrafe von einem Jahr für angemessen gehalten. Auch im Fall des Patienten, der nach einer Magenspiegelung in der Praxis der Angeklagten im Jahr 2019 starb, trage die Ärztin die Schuld. Der 111 Kilogramm schwere Patient litt schon vor dem Eingriff an massiven Vorerkrankungen am Herzen und an der Lunge, wie der Gerichtsmediziner Professor Oliver Peschel bei der Obduktion festgestellt hatte. Diese schwerwiegenden Erkrankungen hatte der Patient gegenüber der angeklagten Ärztin offenbar verschwiegen. Bei der Magenspiegelung kam es dann vermutlich zu einem Krampf im Kehlkopfbereich, sodass der Patient keine Luft mehr bekam. Die Folge: ein Herz-Kreislauf-Stillstand. Erst nach 16 Minuten konnte der Mann reanimiert werden. In der Zwischenzeit hatte sein Gehirn durch Sauerstoffmangel einen irreparablen Schaden erlitten.

In der Augsburger Praxis müssen sich dramatische Szenen abgespielt haben
Auch dieser Patient starb nach Abschaltung der Beatmungsgeräte im Uniklinikum. Staatsanwalt Küffer war der Ansicht, das Notfallmanagement der Ärztin sei in diesem Fall unzureichend gewesen. Der Patient sei nicht, was erforderlich gewesen wäre, intubiert worden. „Die Ärztin war für einen solchen Fall einfach nicht gewappnet“, so der Vorwurf des Anklägers.
Freispruch in beiden Fällen forderten dagegen die Verteidiger David Herrmann und Florian Engert. Anwalt Herrmann griff in seinem Plädoyer die drei Gutachter an, die im Prozess ausgesagt hatten. Ihre Hypothesen würden diesem Fall nicht gerecht. Im Fall des Patienten mit der Magenspiegelung seien die dramatischen Folgen für die Angeklagte weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. „Sie hat alles getan, was möglich war“, so der Anwalt. Seine Mandantin sei deshalb freizusprechen.
Anwalt Engert räumte zwar ein, dass im Fall der Patientin, der der Magenballon gesetzt worden sei, es zu einer Komplikation gekommen sei, weil offenbar das Endoskop vor dem Befüllen des Ballons herausgezogen worden war. Die Folgen aber seien für seine Mandantin nicht vorhersehbar gewesen. Der spätere tragische Tod der Patientin sei ein extremer und schicksalhafter Ausnahmefall, seine Mandantin könne dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
Richterin Silke Knigge sprach in ihrer Urteilsbegründung die Tragik der beiden Todesfälle an. Der Tod des Patienten nach der Magenspiegelung sei ihr aber nicht anzulasten. „Eine Fahrlässigkeit ist nicht nachzuweisen. Es wäre sicher anders gelaufen, wenn die Angeklagte von den Vorerkrankungen des Patienten gewusst hätte.“ Anders, so die Richterin, der Fall der Patientin mit dem Magenballon. „Hier hat die Angeklagte unzweifelhaft fahrlässig gehandelt, indem das Endoskop vor dem Befüllen des Ballons herausgezogen wurde.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der menschliche Körper ist leider nicht DIN genormt und es gibt niemals 100%ige Sicherheit schon gar nicht in der Medizin eben weil da keine Maschinen repariert werden sondern individuelle Lebenwesen. Überwiegend gibt es kaum Probleme die aber nicht völlig auszuschließen sind. Mit 26 Jahren Klinikerfahrungen kann ich sagen solche Dinge sind äußerst selten, nur wenn man sogar von juristische Seite im Endergebnis dem Arzt die Verantwortung aufbürdet wie wenn es Absicht gewesen wäre braucht man sich nicht zu wundern wenn sich das immer weniger antun wollen. Warum muss es immer einen Schuldigen geben in Situationen die man fast unmöglich absehen kann? Das hätte anderen Ärzten durchaus auch passieren können.
Das Endoskop vor dem Befüllen herausziehen und sich nicht richtig über die Vorgeschichte informieren "hätte anderen Ärzten auch passieren können"? Das lässt tief blicken. Es wurde hier nie behauptet, dass die Medizin eine 100% Wissenschaft ist und nie Fehler passieren. Es wird doch, wie mehrfach erwähnt, das Umgang mit diesen Fehlern/Komplikationen angeklagt. Dieser war nun mal, nach Auffassung des Gerichts, absolut Mangelhaft. Und woher du die Aussage nimmst, dass "immer weniger sich das antun wollen" weiß ich auch nicht. Wir haben einen stetigen Wachstum bei praktizierenden Medizinern.
Da wir zusammen noch keine Schweine gehütet haben wäre es mir recht beim Sie zu bleiben. Sie dürfen zudem nicht vergessen, dass immer mehr Frauen Ärztinnen werden die sehr oft nur Teilzeit arbeiten und auch die Männer sind nicht mehr bereit 80 Std Wochen zu klotzen, ergo sagt die reine Zahl schon mal gar nichts aus. Die Belastung in Kliniken ist mittlerweile dermaßen hoch, ich bin zwar schon in Rente aber habe die Entwicklungen 16 Jahre davor hautnah mitbekommen. Mittlerweile gibt es Fachabteilungen in denen jeder zweite nur gebrochen deutsch spricht und ich kannte sogar eine Fachabteilung in der sich die Ärzte untereinander nur in russisch unterhalten haben. Was wollen Sie zudem machen wenn Patienten schwerwiegende Erkrankungen verschweigen? Schuldzuweisungen sind immer recht leicht, aber Absicht steckt dabei in keinem Fall dahinter bestenfalls Überforderung oder eben eine kleine Unaufmerksamkeit die jedem passieren kann, warum also erwartet man von den Medizinern Unfehlbarkeit.
Es geht nicht um Risiken oder Fehlerfreiheit, sondern um qualifiziertes Vorgehen. Der Bergsteiger kann sein Seil gründlich prüfen, aber ein Reißen nie ausschließen. Aber wenn er es vorher gar nicht erst prüft, dann ist das fahrlässig. Das schwierige Thema, wie ich finde, ist aber dass Fehler menschlich sind. Jedem von uns passieren auf der Arbeit Fehler. In manchen Berufen sind die Konsequenzen halt fatal. Darf man von diesen Menschen jetzt aber Perfektion erwarten? Ist es richtig eine Ärztin, die 30-40 Jahre fehlerfrei gearbeitet hat an einem Fehler zu messen? Oder ist dieser eine Tod tragisch, aber statistisch „normal“?
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