An Heiligabend werden sich viele im Kreis der Familie versammeln, gut essen, feiern und Geschenke tauschen. Aber was machen eigentlich die anderen? Fünf Keinachtsgeschichten.

Der Ball der einsamen Herzen

Andreas Sauerlacher, 55, Designer

"Weihnachten hat in meiner Familie nie eine Rolle gespielt. Aus religiösen Gründen. Zeugen Jehovas feiern kein Weihnachtsfest und so hatte ich nie einen Bezug dazu. Mir fällt es heute noch – viele Jahre, nachdem ich mich von der Sekte abgewendet habe – schwer, mit dem ganzen Fest-Getriebe warmzuwerden. Der Weihnachtsmarkt, die Lichter, das begeistert mich alles nicht. Und trotzdem ist Heiligabend mittlerweile ein Tag für mich, auf den ich mich besonders freue. Denn seit über 20 Jahren richte ich mit Freunden zusammen den 'Ball der einsamen Herzen' aus. Das ist ein bisschen Etikettenschwindel, weil es mehr ein Abendessen ist und es auch keine einsamen Herzen gibt. Es kommen Freunde, die entweder keine Familie zum Feiern haben, die keine Lust auf ihre Familie haben oder die – wie ich – einfach nicht gern Weihnachten feiern. Mal sind wir nur zu sechst, es waren aber auch schon über 30 Leute da. Wir machen uns einfach einen schönen, gemütlichen, verratschten Abend, kochen zusammen, haben Spaß, ohne Brimborium und ohne Weihnachtsgetue. Ein paar Traditionen haben sich allerdings im Laufe der Jahre schon entwickelt, es gibt etwa immer Martini-Cocktails und kleine scharfe Rizzoli-Sardellen aus Italien – das muss sein! Und ja, auch ein paar Geschenke. Da muss selbst ich als Weihnachtsmuffel zugeben, dass es schön ist, wenn sich gute Freunde Gedanken machen und einen mit etwas Persönlichem überraschen. Diese Nichtbegeisterung fürs klassische Weihnachten, das ist schon etwas, das einen auf seltsame Weise zusammenschweißt. Ich freue mich sehr, dass wir diese tolle Alternative gefunden haben."