
Japanische Künstlerin stellt beim Textilmarkt in Augsburg aus

Von der Millionenmetropole Tokio nach Augsburg: Modedesignerin Naoko Inoue-Kurten verleiht Kimonostoffen neues Leben.
Das "Atelier Sorellas" liegt nur unweit der Augsburger Puppenkiste. In dem mehr als 400 Jahre alten historischen Handwerkerhaus im Ulrichsviertel geht Naoko Inoue-Kurten ihrer Leidenschaft nach: der Textil- und Modearbeit. Wie japanische Handwerkskunst den Weg nach Augsburg fand und warum Deutsche besser streiten können, erläutert die Textildesignerin.
Geboren in der japanischen Hauptstadt Tokio, wuchs Naoko Inoue-Kurten mit ihrem jüngeren Bruder und ihren Eltern in Kamakura und Yokohama auf. Dort durchlief sie ihre schulische Laufbahn und erlangte nach Abschluss der Oberschule die Hochschul- und Universitätsreife. "Das Schulsystem in Japan ähnelt dem deutschen Modell", sagt Naoko. "Als ich fertig mit der Schule war, habe ich Textildesign an der Tokyo Zokei University studiert." Doch die heute 59-Jährige wollte nach ihrem Bachelor in Textildesign noch "mehr Richtung Mode" und besuchte für weitere zwei Jahre eine Modeschule - hier lernte sie das Nähen. Anschließend arbeitete sie als Modedesignerin in einem Bekleidungsgeschäft und entwarf verschiedene Kollektionen. Von der Zeichnung über die Stoffauswahl und den ersten Schnitt - alle Schritte auf dem Weg zum fertigen Kleidungsstück und der anschließenden Produktion übernahm Naoko.
Doch wie kam die gebürtige Japanerin nach Deutschland? "Ich habe extra Geld gespart. Damit bin ich aber zuerst nach Italien, weil mich die italienische Mode schon immer interessiert hat", erzählt die Textildesignerin. In einem Sprachkurs lernte sie bereits wenige Monate nach ihrer Ankunft einen jungen deutschen Studenten kennen - und lieben. Diese Begegnung warf ihre Zukunftspläne durcheinander. Etwa neun Monate später kehrte Naoko für kurze Zeit nach Japan zurück, beantragte ein Visum für Deutschland und zog im Jahr 1996 zu ihrem heutigen Ehemann nach Paderborn.
Deutschland stellte die Frau vor große Herausforderungen
Die neue Heimat stellte die junge Frau vor Herausforderungen: "Hier war es hart. Es gab keine Arbeit für Ausländer," erinnert sie sich. Außerdem habe sie sich zunächst mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut machen müssen. Vor allem die Streitkultur finde sie hier aber besser, denn: "Japaner mögen keinen Konflikt, sie halten sich lieber zurück. Und wenn sich Japaner in einer Beziehung streiten, dann ist diese gleich kaputt. Aber hier ist das locker, nach einem Streit wird wieder ganz normal miteinander gesprochen. Das finde ich sehr positiv", sagt Naoko Inoue-Kurten. Nachdem sie sich etwas eingelebt hat, machte die Geburt ihres Sohnes das Familienglück komplett.
Seit dem Jahr 2005 lebt sie mit ihrer Familie in Augsburg
Nach insgesamt neun Jahre in der nordrhein-westfälischen Stadt - unterbrochen von einem halbjährigen Aufenthalt in den USA - zog die kleine Familie im Jahr 2005 nach Augsburg. Hier sei es zwar "lockerer" gewesen, doch richtig angekommen sei sie erst durch das Kennenlernen einer Kunstgruppe. Und 2009 habe sie einen Weg gefunden, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. "Ich habe lange überlegt, was ich machen kann", sagt Naoko. Etwa 2009 sei ihr dann die Idee gekommen, einen Teil der japanischen Kultur nach Deutschland zu bringen. Wie das gelingt? Mit Kimonos. Mehrmals im Jahr fliegt die Wahl-Augsburgerin zurück nach Japan, um auf Antikmärkten verschiedene Kimonos zu kaufen. Die Kleidung hat dort eine lange Tradition und sei hier "mit Tracht zu vergleichen". Kimonos könnten zu unterschiedlichen Anlässen getragen werden, auch im Alltag. Außerdem hätten die Muster oft eine Bedeutung: Ein Blumenmuster stehe etwa für den Frühling, Ahornblätter für den Herbst. Doch wer sich mit einem Kimono aus Seide kleiden möchte, der zahle laut der Textildesignerin mehrere tausend Euro.
War der Einkauf auf dem Antikmarkt erfolgreich, fliegt Naoko mit den bunten Kimonos im Gepäck wieder nach Deutschland. Hier schenkt sie den Stoffen ein zweites Leben und näht daraus unter anderem Taschen, Schals oder andere Kleidungsstücke. Anfangs verkaufte sie ihre Handarbeiten zum Beispiel auf dem Textil- oder Weihnachtsmarkt - dort lernte sie auch die Porzellanmalerin Cornelia Joseph kennen. Die beiden verbindet seit dem nicht nur eine Freundschaft, sondern auch das "Atellier Sorellas".
In einem kleinen Geschäft werden Kimonowerke verkauft
Seit 2015 führen sie gemeinsam das Geschäft in der Kirchgasse: Unter dem Namen "Naiku Naiku" verkauft Naoko ihre Kimonowerke. Handbemalte Keramik gibt es bei "Conno Keramik". Mit den Verkaufszahlen sei die Textildesignerin zwar zufrieden, doch sie spüre, dass das Weltgeschehen die Kauflust der Leute beeinflusse; in der Vorweihnachtszeit laufe das Geschäft aber in der Regel etwas mehr an. Ob sie schon an das Aufhören denkt? "Nein, nein", sagt die Textildesignerin. Die Arbeit bereite ihr immer noch Freude.
Am kommenden Wochenende wird sie mit ihren Werken auf dem Textilmarkt im Augsburger Textilmuseum in der Provinostraße 46 zu finden sein. Der Textilmarkt hat am Samstag, 25. Novermber., von 9 bis 19 Uhr und am Sonntag, 26. November, von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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