Lieder bei feministischer Demo in Augsburg haben Nachspiel vor Gericht
Plus Die Lieder "Pisse" und "Querdenker klatschen" sorgen bei einer feministischen Protestaktion in Augsburg für Ärger. Die Veranstalterin wehrt sich gegen eine Geldstrafe.
Die Aktion im März fand auf dem Augsburger Rathausplatz statt. Das feministische Streikkomitee Augsburg hatte zu einer Aktion aufgerufen, um auf Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und Pflegearbeit hinzuweisen. Die Teilnehmenden saßen auf Teppichen und Decken, einige hatten auch Sessel mitgebracht. Der Rathausplatz sollte so zu einem "Platz für Sorge" werden. Sorgen hat jetzt aber auch eine Teilnehmerin, die offiziell als Veranstalterin der Protestaktion fungierte. An zwei Liedern, die dort abgespielt wurden, hatte die Polizei etwas auszusetzen. Es handelte sich um zwei Songs mit den Titeln "Pisse" und "Querdenker klatschen". Deshalb soll die Veranstalterin eine Geldstrafe zahlen. Doch dagegen wehrt sie sich.
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Die Staatsanwaltschaft wirft Michaela Strattner vor, mit dem Abspielen der Lieder gegen Versammlungsauflagen verstoßen zu haben. In den Auflagen stand unter anderem, dass Lautsprecher nur für direkte Versammlungszwecke, nicht aber zur Unterhaltung genutzt werden dürfen. Zudem dürfe niemand zu stark durch Lärm belästigt werden - und es dürfe nicht zum "Hass gegen andere Bevölkerungsteile" aufgestachelt werden. In dem Lied "Querdenker klatschen" heißt es unter anderem: "Ich bin Pazifist, doch ich will Querdenker klatschen. Immer noch besser, als sie marschieren zu lassen." Laut Staatsanwaltschaft wurde das Lied abgespielt, als am selben Tag eine Anti-Corona-Demo am Rathausplatz vorbeizog.
Feministisches Streikkomitee kritisiert die Augsburger Polizei
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Veranstalterin eine Geldstrafe über 1200 Euro beantragt, das Amtsgericht verhängte die Strafe auf schriftlichem Weg per Strafbefehl. Weil Michaela Strattner dagegen Einspruch eingelegt hat, kommt es nun in der kommenden Woche zu einem Prozess. Sie sagt, die Lieder seien nicht so laut gewesen, dass Passanten oder Anwohner damit belästigt worden seien - zudem hätten sie konkret etwas mit den Anliegen der Demonstrierenden zu tun gehabt. Der Song "Pisse" beschreibe die Emanzipation einer Person. Bei "Querdenker klatschen" gehe es im Text auch um eine bessere Bezahlung von Pflegenden. Man habe sich angesichts der Corona-Demo spontan entschieden, es zu spielen.
Das feministische Streikkomitee übt auch generelle Kritik: Sie hätten das Gefühl, von der Augsburger Polizei schikaniert zu werden, weil sie linke Aktivisten und Aktivistinnen sind. Die Gruppe weist auf mehrere Vorfälle in der Vergangenheit hin, in denen andere linke Aktivisten und Aktivistinnen ihrer Meinung nach ungerecht behandelt worden sind. Es häuften sich die "Schikanen". Als Beispiel nennen sie unter anderem eine Hausdurchsuchung bei einer 15-jährigen Augsburger Klimaaktivistin. Ingo Blechschmidt vom Augsburger Klimacamp spricht von "ständigen Repressionen".
Polizeisprecher weist Vorwurf der Schikane gegen linke Aktivisten zurück
Polizeisprecher Markus Trieb widerspricht: "Von einer Schikane gegen linke Aktivisten kann überhaupt nicht die Rede sein." Man habe Ermittlungen aufgenommen, weil sich ein Passant über die Lieder beschwert habe. Die Polizei habe das Lied "Querdenker klatschen" auch wegen des Inhalts geprüft. Eine Straftat - zum Beispiel Volksverhetzung - habe man in diesem Zusammenhang aber nicht festgestellt. Allerdings lag nach Einschätzung der Ermittler ein Verstoß gegen die Versammlungsauflagen vor. Trieb sagt, dass das Vorgehen normal sei und keine Schikane gegen linke Aktivisten und Aktivistinnen darstelle.