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Foto: Ina Marks
Foto: Ina Marks

Großeinsatz am Augsburger Rathaus: Ein Mann, der auf das Dach des historischen Gebäudes geklettert war, ist in den Tod gesprungen.

Augsburg
30.11.2022

Tragödie in der Stadt: Mann springt von Augsburger Rathausdach

Von Ina Marks

Passanten beobachten am Samstagmittag einen Mann, der das Augsburger Rathaus emporkletterte. Polizei und Feuerwehr rücken an. Der Einsatz endet tragisch.

Eine Tragödie hat den ersten Adventssamstag in Augsburgs Innenstadt überschattet. Ein Mann ist vor den Augen zahlreicher Besucher des Christkindlesmarkts vom Dach des Rathauses gesprungen. Seine Identität war zunächst unklar. Wie die Polizei später am Abend mitteilte, handelte es sich um einen 41-Jährigen aus Augsburg. Menschen zündeten am Samstagabend Kerzen vor dem Eingang des Rathauses zum Gedenken an den Verstorbenen an.

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Der Mann, der sich laut Polizei wohl in einer psychischen Ausnahmesituation befunden hatte, hatte einen großen Einsatz ausgelöst. Die Stadt informierte am Nachmittag, dass das für Samstagabend (18 Uhr) angekündigte Engelesspiel abgesagt wird. Der Christkindlesmarkt blieb am Samstag bis 21.30 Uhr geöffnet. Mitarbeiter des Kriseninterventionsdienstes und speziell geschulte Polizisten waren vor Ort, um sich um Augenzeugen zu kümmern. Die Stadt verweist auch auf die Angebote der Telefonseelsorge, die von Betroffenen in Anspruch genommen werden können.

Aufregung hatte sich gegen Mittag auf dem Augsburger Rathausplatz breit gemacht. Teilnehmer einer Stadtführung hatten gegen 12.15 Uhr am Elias-Holl-Platz den 41-Jährigen entdeckt, der an der Rückseite das Rathaus erkletterte. Über Balustraden gelangte er auf eine Art Balkon, dann war er zunächst nicht mehr gesehen. Ein Augenzeuge berichtet, der Mann habe wirr gesprochen. Bald wurde er von Einsatzkräften auf der Spitze des Dachs an der Vorderseite des historischen Gebäudes entdeckt - in Front des zu dieser Zeit schon gut besuchten Christkindlesmarktes. Berufsfeuerwehr und Polizei rückten mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen an. Auch Höhenretter der Feuerwehr waren vor Ort. Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei wurde mit zusätzlichen Höhenrettern angefordert. Der Verkehr der Straßenbahnlinie 1 wurde unterbrochen.

Bereich vor dem Augsburger Christkindlesmarkt wurde abgesperrt

Der Bereich vor dem Christkindlesmarkt am Rathaus wurde abgesperrt. Die Polizei mahnte über Durchsagen, den betroffenen Bereich zu meiden. Trotzdem blieben zahlreiche Schaulustige an den Absperrbändern stehen. Vor dem Rathaus wurde ein Sprungkissen aufgeblasen. Kurz darauf aber sprang der Mann vom Dach und starb. 

Einsatzkräfte kümmerten sich anschließend um unter Schock stehende Augenzeugen. Am Christkindlesmarkt lief der Betrieb weiter. Ein Sichtschutz wurde vorübergehend aufgestellt, der Bereich vor dem Rathaus und ein Teil der Maximilianstraße bis kurz vor der Moritzkirche blieben bis gegen 14.45 Uhr abgesperrt. Auch Oberbürgermeisterin Eva Weber und Ordnungsreferent Frank Pintsch waren vor Ort.

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Großeinsatz am Augsburger Rathaus: Ein Bus stand für unter Schock stehende Augenzeugen bereit.

In einer städtischen Mitteilung äußerte sich Eva Weber zu dem Vorfall: "Die adventliche Stimmung in Augsburg ist heute durch ein schreckliches Ereignis jäh unterbrochen worden. Ein Mensch hat sich entschieden, mitten im Herzen unserer Stadt seinem Leben ein Ende zu bereiten. Wir wissen nicht, was ihn dazu bewogen hat und wollen seine Beweggründe nicht be- oder verurteilen. Aber wir sind alle sehr erschüttert über diese Tragödie und trauern um den Unbekannten, der für sich keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat, als seinem Leben mit einem Sprung vom Rathaus ein Ende zusetzen." Es sei jetzt an der Zeit für die Augsburgerinnen und Augsburger, innezuhalten und zusammenzustehen. Weber dankte allen Einsatzkräften "für ihr hochprofessionelles Engagement."

Der wöchentliche Demonstrationszug des "Bürgerforums Schwaben" durch die Innenstadt, der auch am Rathaus vorbeiführen sollte, wurde von den Organisatoren ebenfalls abgesagt.

Manche waren froh, dass der Christkindlesmarkt in Augsburg weiterlief

Im Internet wurde diskutiert, ob man den Christkindlesmarkt nicht doch hätte schließen müssen. Ordnungsreferent Frank Pintsch betonte, dass die Absage des Engelesspiels, das in den Fenstern des Rathauses stattfindet, wichtig und der Situation angemessen sei. Dass der Markt aber weiter geöffnet habe, sei für die Menschen auch wichtig. Augsburg komme aus einer schwierigen Zeit der Pandemie. Für viele sei eine Ablenkung bedeutend. 

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Foto: Bernd Hohlen
Foto: Bernd Hohlen

Nach dem Vorfall wurde zum Christkindlesmarkt hin vorübergehend ein Sichtschutz aufgebaut.

Das sehen auch Renate Bläsing und Peter Ratte so. Die beiden stehen am späteren Nachmittag bei der Engelspyramide und trinken Glühwein. Den Vorfall finden beide schlimm und traurig. "Dass das Engelesspiel abgesagt wurde, ist aus Pietätsgründen richtig", sagen sie. Aber auch die Entscheidung, den Christkindlesmarkt offenzulassen. "Die Menschen brauchen in diesen Zeiten ein geselliges Beisammensein, vor allem auch nach so einem Vorfall." Eine Händlerin, die ihren Stand in der Nähe des Rathauses betreibt und den Einsatz mitbekam, sieht das auch so. Sie sei froh, dass sie sich nun ablenken könne, meint sie.

Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr kümmerten sich um die Menschen auf dem Markt und um etwaige Augenzeugen. Der Rettungsdienst mit Kriseninterventionsdienst war mit über 60 Helferinnen und Helfern unterwegs, wie auch die Polizei. Sie sprachen aktiv Passantinnen und Passanten an, boten ihre Hilfe und Gespräche an. Teilweise wurde das Angebot auch dankbar angenommen.

Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie darüber! Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten - per Telefon, Chat, E-Mail oder im persönlichen Gespräch, auch anonym. Hier finden Sie eine Übersicht.

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Foto: Jörg Heinzle
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Menschen zündeten am Samstagabend Kerzen für den Verstorbenen vor dem Eingang des Augsburger Rathauses an.

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