Seit mehr als 20 Jahren kümmert sich Johannes Urban um Kinder, die mit einer Spina bifida, umgangssprachlich einem offenen Rücken, zur Welt gekommen sind. Aus ganz Süddeutschland kommen die kleinen Patienten zu ihm in die Sprechstunde ins Augsburger Josefinum. „Es ist mein Herzensprojekt“, sagt der Kinderarzt, der in Pfersee auch in einer Gemeinschaftspraxis praktiziert. Urban ist Arzt mit Leib und Seele. Mit einer 40-Stunden-Woche ist es bei ihm deshalb nicht getan. Und trotzdem hat er sich vor einigen Jahren entschieden, sein Fachwissen weiterzugeben und damit auch Kindern in Afrika zu helfen. Mit einer Konzertreihe soll nun die Arbeit des Hilfsprojekts in Tansania unterstützt und - im wahrsten Sinne des Wortes - für Spenden getrommelt werden. Dabei hilft Urban ausgerechnet ein Musiker, der vor vielen Jahren einmal selbst sein Patient war.
Der renommierte Musiker war einst selbst sein Patient
Matthias Mercineri war gerade 14 Jahre alt, als bei ihm eine schwere Nierenerkrankung diagnostiziert wurde. Noch gut kann er sich an den Tag erinnern, an dem er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Und an dem ihm Urban sagte: „Es ist fünf vor zwölf.“ Aber auch: „Wir kriegen das hin.“ „Er war mein Held, mein Lebensretter“, erzählt der heute 35-Jährige. Über Jahre wurde er von ihm medizinisch betreut. Doch irgendwann trennten sich ihre Wege. Mercineri machte seine Passion zum Beruf, spielt seit Jahren Konzerte im In- und Ausland, wurde Musik-Professor und kann nach einer Nierentransplantation heute ein normales Leben führen.
Bei der Geburt seiner Tochter begegneten sich Urban und sein einstiger Patient im Josefinum zufällig wieder. Urban übernahm die medizinische Betreuung von Mercineris Kindern. Im Rahmen einer U-Untersuchung kamen sie schließlich auf das Engagement des Kinderarztes für Afrika. Schnell war die Sache klar. Der fünffache Vater Mercineri, der in seinem Leben schon so manches Benefizkonzert gespielt hat, wollte helfen. Mit Musik. Unter dem Motto „Kinder spielen für Afrika“ tun sich deshalb das von ihm geleitete Schlagzeugensemble Ad Astra und das Bambiniorchester Windach, das sein Bruder Michael leitet, mit insgesamt mehr als 100 Nachwuchsmusikern für eine dreiteilige Konzertreihe im Mai zusammen. Sie treten am 18. Mai in der Grundschule Windach, am 25. Mai in der Grundschule Langerringen und am 31. Mai in der Stadthalle Gersthofen auf. Jeweils um 16 Uhr.
In ihrer Heimat leben die Kinder oft am Rande der Gesellschaft
Dass sich andere Kinder im fernen Deutschland für sie engagieren, sei für die Kinder in Tansania kaum zu glauben, sagt Johannes Urban. In ihrer Heimat seien sie oft Ausgestoßene am Rande der Gesellschaft. Denn Neugeborene mit Spina bifida werden dort zwar operiert, doch eine Nachsorge gab es lange nicht. Und damit auch kein Kontinenzmanagement, bei dem die Kinder gemeinsam mit den Eltern lernen, wie sie Blase und Darm, die sie nicht kontrollieren können, richtig entleeren. Ohne dieses Wissen seien die Betroffenen ihr Leben lang auf Windeln angewiesen und liefen Gefahr, dass ihre Nieren schwer geschädigt werden. Im von der internationalen Hilfsorganisation Child-Help aufgebauten House of Hope hat Johannes Urban deshalb in den vergangenen Jahren bei mehreren Aufenthalten vor Ort medizinisches Personal geschult, um die Versorgung dort zu verbessern, und steht ständig mit dem Team in Tansania in Kontakt.
25.000 Euro kostet das Kontinenzmanagement, das neben einem speziellen Medikament auch die Versorgung mit Kathetern umfasst, jährlich pro Kind in Deutschland. In Tansania seien es gerade einmal 42 Euro. Weil die Eltern dort gelernt haben, die Katheter selbst zu sterilisieren und wiederzuverwenden. Und weil Child-Help das Medikament selbst importiert und portioniert. Doch auch diese Kosten müssen refinanziert werden. Genauso wie die kleine Wohngruppe für betroffene Kinder, die mittlerweile am House of Hope angesiedelt wurde. Die Versorgung der aktuell 60 Kinder, die regelmäßig behandelt werden, kostet laut Urban jährlich 12.000 Euro. Langfristig plane man noch mehr kleine Patienten unterstützen zu können. Denn Spina bifida ist in Entwicklungsländern häufiger als in Industrienationen, weil sie unter anderem durch Mangelernährung und eine Unterversorgung der Schwangeren mit Folsäure verursacht wird.
Mehr als 100 Kinder sind bei den drei Benefizkonzerten im Mai aktiv
Sein Traum sei es, mit der Konzertreihe den Betrieb für mehrere Jahre finanzieren zu können, sagt der Augsburger Kinderarzt. Die drei Konzerte im Mai sollen dabei erst der Anfang sein. „Wir wollen das Projekt nicht einmalig unterstützen. In unserem Jahresprogramm sind die Konzerte für Johannes künftig immer drin“, sagt Matthias Mercineri. Denn aus dem Arzt Dr. Urban, aus seinem Helden, ist für den Musiker mittlerweile einfach „Johannes“ geworden. Ein Mensch, dessen Engagement für andere man einfach unterstützen müsse.
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