
Welche Geschichten die Bilder an Augsburgs Häusern erzählen

Fassaden erzählten Geschichten in Bildern, wie das Kathan-Haus in der Kapuzinergasse. Warum das modern bemalte Weberhaus trotzdem mehr im Fokus steht.
Augsburg gleiche einem Bilderbuch, schrieb im 18. Jahrhundert ein Bildungsreisender, so viele Häuser seien bemalt. Fassaden erzählten Geschichten in Bildern oder waren zumindest mit aufgemalten Ornamenten geziert. Ein Überbleibsel ist das versteckt liegende „Kathan-Haus“ an der Kapuzinergasse, einer Seitengasse der oberen Maximilianstraße. Es steht nicht an einer „Laufstraße“ und findet nicht jene Beachtung, die dem Alt-Augsburger „Bilderhaus“ zustände.

Die bemalte Gassenfront ist nur vier Fenster breit. Ungemein beeindruckend ist die lange Gartenseite. Aufgemalte Scheinarchitektur täuscht hier einen Palazzo vor, an dem Heilige auf Wolken zu schweben scheinen. Von den 14 Fenstern sind einige „Blendfenster“. Das heißt: Sie sind nur der Symmetrie halber aufgemalt. Aus einem dieser Scheinfenster schaut eine Frau, über ihr sitzt eine Katze im Fensterstock. Zwischen 1750 und 1770, so vermuten Kunstexperten, ließ sich ein namentlich nicht bekannter Künstler die fantasievolle Hausbemalung einfallen. Der Goldpapierfabrikant Peter Kathan erwarb 1847 die historische Immobilie. Danach bürgerte sich die Bezeichnung „Kathan-Haus“ ein.
Das Weberhaus in Augsburg ist nach wie vor ein "Hingucker"
Bei den Scheinfenstern ließ sich der Maler vor rund 250 Jahren vom Weberhaus am Moritzplatz inspirieren. An der Weberhaus-Fassade gab es seit 1607 solche vorgetäuschte Fenster. Zwei davon sind erhalten. Sie sind im Maximilianmuseum zu sehen. Die am Weberhaus vor über 400 Jahren angebrachten Bildergeschichten sind durch Rekonstruktionszeichnungen aus dem Jahr 1903 überliefert. Sie wurden nach den damals noch vorhandenen Resten angefertigt. Das Weberhaus am Moritzplatz ist aufgrund seiner Bemalung nach wie vor ein „Hingucker“.
Es trägt längst nicht mehr jene figurenreiche Bebilderung, die 1605/07 der Augsburger Maler Matthias Kager geschaffen hatte. Das von Kager bemalte Gebäude wurde 1913 abgebrochen. Das jetzige Weberhaus wurde 1914 errichtet. Der Neubau wurde wiederum im Stil von Matthias Kager bemalt. Doch die „modernen“ Farben hielten den Witterungseinflüssen nur kurz stand.
Die Bemalung von 1914 wurde derart unansehnlich, dass man sich 1935/36 zu einer kompletten Neubemalung entschloss – diesmal im künstlerischen Geschmack der von der NS-Ideologie geprägten Epoche. Joseph Hengge und Otto Michael Schmitt waren die Maler. Ihre Arbeit wurde wenige Jahre später zunichte gemacht: Im Februar 1944 von Brandbomben getroffen, wurde das Weberhaus zur Teilruine.

Nach Dachstuhlbrand war Teilrestaurierung nötig
Nach dem Wiederaufbau dauerte es lange, ehe über eine neuerliche Bemalung entschieden war. Der Kunstgeschmack hatte sich grundlegend geändert. Eine Rekonstruktion historischer Bemalungen kam nicht mehr in Frage. Den „neuen Stil“ belegt die von 1959 bis 1961 wiederum von Otto Michael Schmitt geschaffene Bemalung in leuchtender Farbigkeit. Sie wurde schnell von einem grau-schwarzen Schleier aus Umweltschmutz überzogen. 1981/82 holte eine Auffrischung die ursprüngliche Farbigkeit zurück. Nach einem Dachstuhlbrand im Jahr 2004 war eine Teilrestaurierung der Malereien vonnöten. Sie haben inzwischen wieder „Patina“ angenommen.

Die Bildergeschichten bedürfen zu ihrem Verständnis der Erläuterung, zumal Personen großteils vereinfacht dargestellt sind. Die breite Südseite zeigt allegorische Bildwerke aus der antiken Zeit der Webkunst. An der Westseite sind die Nöte des Weberhandwerks in der Konfrontation mit der Textilindustrie und der Weberaufstand von 1794 dargestellt. Der Ostgiebel zeigt im obersten Bereich eine Szene aus der Schlacht auf dem Lechfeld anno 955. Dabei sollen sich der Legende zufolge die Weber besonders tapfer geschlagen haben. St. Ulrich und St. Afra sind auf den beiden untersten Schmalbildern dargestellt.
Fuggerhäuser lediglich geometrisch gegliedert
Das Weberhaus ist das einzige Gebäude in Augsburg, das nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wieder ganz bemalt wurde. Alle anderen im Bombenkrieg zugrunde gegangenen bemalten Hausfassaden bekamen an den Neubauten keine „Nachfolge-Bemalungen“ mehr. Der neue Baustil verlangte Fassaden, an denen historisierende Elemente in der ersten Wiederaufbauphase verpönt waren.
Das bekannteste Beispiel für eine „moderne“ Fassadengestaltung sind die Fuggerhäuser an der Maximilianstraße. Wiederaufbau-Architekt Raimund von Doblhoff gestaltete 1951 eine lediglich geometrisch gegliederte Fassade in zurückhaltenden Farbtönen von Gelb bis Braun. Als 1992 eine Auffrischung nötig war, wurden kräftigere Farben verwendet.
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