Bei Simon Lucas geht es Schlag auf Schlag. Gerade posierte er noch auf dem Roten Teppich bei der Berlinale in der Hauptstadt, jetzt stehen Interview-Termine in seiner Heimat Augsburg an, dann muss er zurück nach Köln, zu Dreharbeiten für den Sender Sat.1. Zwei Millionen Menschen sehen ihn aktuell jeden Werktag als Basti Raichinger in „Die Landarztpraxis“. Parallel arbeitet der 24-Jährige an neuen Songs – wenn er nicht gerade als Tänzer gebucht ist.
Kein Wunder, dass Lucas an diesem Vormittag müde ist, wie er entschuldigend zur Begrüßung sagt. Zum Interview erscheint er in Hoodie, mit großer schwarzer Sonnenbrille und Cap. Ob er in Augsburg oft erkannt werde? „Kommt schon vor“, sagt Lucas. Viele Fans, vor allem die jüngeren, wollten dann ein Foto mit ihm machen. „Manchmal werde ich auch heimlich fotografiert, das fühlt sich nicht so gut an.“ Als er die Sonnenbrille abnimmt, zeigen sich Augen, die lange nicht so müde sind, wie erwartet. Überhaupt: Er wolle sich nicht beschweren. Es sei ja schön, „so busy“ zu sein, sagt der junge Augsburger.

Angefangen hat alles mit dem Tanzen, erzählt Lucas. Mit acht Jahren sieht er Michael Jackson und bringt sich selbst den „Moonwalk“ bei. Er lernt eine Choreografie nach der anderen dank Youtube, entwickelt schnell eine „krasse Passion“. Seinen ersten Auftritt hat er auf dem 40. Geburtstag einer Freundin seiner Mutter. Danach will er in die Tanzschule, schon bald jeden Nachmittag nach der Schule, während seine Freunde auf dem Fußballplatz stehen oder Videogames spielen. Es folgen eine professionelle Tanzausbildung und viele Auftritte, etwa mit Nico Santos oder Robin Schulz. Bei den Live-Shows der Casting-Sendung „The Voice Kids“ zählt Lucas als Background-Tänzer zum festen Ensemble.
Simon Lucas ist Basti Raichinger in „Die Landarztpraxis“ auf Sat.1
Als 2018 ein Tänzer für eine Jugend-Serie auf dem Kanal Nickelodeon gesucht wird, versucht Lucas beim Casting sein Glück – mit Erfolg. Wenig später spielt er das tanzende Mathegenie Milan in „Spotlight“, einer Art „Highschool Muscial“ auf Deutsch, vier Staffeln lang, bevor er 2022 in die Rolle von Basti Raichinger, dem Sohn eines Hauptcharakters, für „Die Landarztpraxis“ schlüpft. Seitdem dreht er an mehreren Tagen in der Woche in Köln, die restlichen verbringt er bei seiner Familie in Augsburg. „Viele denken immer, das läuft alles so easy – aber solche Chancen kommen nicht aus dem Nichts“, sagt der 24-Jährige. Dahinter stünde viel Arbeit, Disziplin, Training. „Du musst nicht nur ready sein, wenn sich eine Möglichkeit ergibt. Sondern auch in dein Glück investieren.“
Dass das nicht nur sprichwörtlich gemeint ist, wird deutlich, wenn Lucas von seiner Musik erzählt. Das Geld, das er im Fernsehen verdient, investiert er in seine Zukunft als Popstar. Er engagiert den „Landarztpraxis“-Kameramann sowie ein Team, um für seine ersten beiden Singles Musikvideos in Los Angeles zu drehen. Alles für seinen „Dream“, Musik zu machen, den er schon so lange habe. Lucas spielt Gitarre, singt, experimentiert mit Musikprogrammen am Computer, mit digitalen Instrumenten, lernt dazu noch Saxofon. Bis vor Kurzem hatte er jeden ersten Freitag im Monat einen Gig im Le Coq in der Augsburger Altstadt. Hin und wieder wolle er dort noch jammen, so Lucas. „Viel los gerade“, sagt er fast entschuldigend. Klar, schließlich gilt es, einen Dream wahrwerden zu lassen.
Schauspieler, Tänzer, Musiker – oder einfach Geschichtenerzähler
In seinem im Herbst veröffentlichten Song „Good Day“ singt und rappt Lucas am Strand, erzählt, wie er mit seinem BMX unterwegs ist, die Sommerbrise ihm Beachwaves ins Haar zaubert, er eine gute Zeit am Venice Beach hat. Der Sound erinnert an den R‘n‘B und Hip Hop aus den 90ern, Rapper Dr. Dre huldigt er in dem Lied namentlich. Ein anderer Drehort als LA sei nicht in Frage gekommen, so der Augsburger. Er lacht und sagt: „Du kannst ja nicht vom Venice Beach singen und dann am Kuhsee drehen.“
„Poetisch und deep“ nennt Lucas seine Texte, die von seinem Leben inspiriert seien. In seinem eben erschienenen Song „Moments“ thematisiert er den schnelllebigen Alltag und ruft dazu auf, jeden Augenblick zu genießen. „Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als würde das Leben an einem vorbeirasen“, sagt er im Interview. Dieses Gefühl kenne er nur zu gut.
Lucas versteht sich nicht nur als Schauspieler, Tänzer oder Musiker – oder alles gleichzeitig – sondern als „Storyteller“, als Geschichtenerzähler. Michael Jackson sei darin ein Genie gewesen, Frank Sinatra und Fred Astaire natürlich auch. Auch Justin Timberlake sei ein großes Vorbild. Hin und wieder, erzählt er, werde er mit dem singenden, tanzenden, schauspielernden US-Künstler verglichen, zuletzt von einem Journalisten einer großen Tageszeitung. Vielleicht noch etwas früh – aber wer weiß.
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