Die Männer, die sich seit Montagvormittag vor Gericht verantworten müssen, waren teils Mitglieder in einem harmlos wirkenden Kulturverein. Gerne spendete der Verein an karitative Einrichtungen, auch im Raum Augsburg. Glaubt man der Staatsanwaltschaft, war das soziale Engagement des Vereins jedoch lediglich Fassade – und die Gruppe der verlängerte Arm einer kriminellen Vereinigung aus dem afrikanischen Land Nigeria, die Bruderschaft „Black Axe“. Zu den Mitgliedern gehört ein Mann, der laut Anklage für die Vereinigung als sogenannter „Butcher“ tätig war, zu Deutsch: Schlachter. Eine Art Vollstrecker soll er gewesen sein, zuständig für Sicherheitsbelange und die „Sanktionierung von Mitgliedern“. Ein weiteres Mitglied: ein Mann aus Augsburg, der im Verein im Führungszirkel mitwirkte.
Wie berichtet, waren die Ermittler von Staatsanwaltschaft München I und Landeskriminalamt im April 2024 ausgerückt und hatten im Freistaat an eine Menge Türen geklopft, darunter bei Mitgliedern des nigerianischen Vereins. Zu dem Zeitpunkt liefen die Ermittlungen bereits seit Monaten; im Kern richteten sie sich gegen zwölf Hauptverdächtige, darunter den Mann aus Augsburg, 30 Jahre alt, verheiratet mit einer deutschen Frau. Die Wohnungen der beiden in Augsburg wurden an jenem Tag durchsucht, der 30-Jährige sitzt seither in Untersuchungshaft in Gablingen. Die Beamten des LKA gehen davon aus, dass der Mann bei der in Bayern tätigen Untergruppierung der „Black Axe“ eine eher administrative, aber damit dennoch bedeutende Position innerhalb der mutmaßlich kriminellen Struktur innehatte. Er soll als sogenanntes „Eye“ tätig gewesen sein, als „Auge“ also; er koordinierte laut Anklage die verschiedenen Chatgruppen. Offiziell war er Teil des Vorstands des eingetragenen Vereines. Vertreten wird er von den Augsburger Anwälten Daniela Rose und Stefan Mittelbach.
Prozess in München: Mann aus Augsburg soll Mitglied der „nigerianischen Mafia“ sein
Der Prozess, der am Montag vor dem Landgericht in München startete, hat es in sich. Insgesamt sind zwölf Männer mit nigerianischen Wurzeln angeklagt, die allesamt aus unterschiedlichen Gefängnissen aus der U-Haft zum Gerichtssaal gebracht werden. Verhandelt wird im großen Saal A 101 im Strafjustizzentrum in München; hier finden oft Verhandlungen statt, die großen logistischen Aufwand erfordern oder Interesse hervorrufen. Die zuständige Kammer hat Termine bis zum Ende des Jahres angesetzt; die Richter gehen also davon aus, dass es ein komplexes, langwieriges Verfahren werden dürfte. Juristisch geht es unter anderem um die Vorwürfe der Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche.
Nach Erkenntnissen der Ermittler ist die „Black Axe“ in Deutschland in mehreren Bereichen der Internetkriminalität aktiv, insbesondere im sogenannten Love Scamming, eine Art moderner Heiratsschwindel. Die Angeklagten sollen unter anderem ihre Konten zur Verfügung gestellt haben, über die auf kriminellem Weg beschaffte Einnahmen nach Nigeria transferiert wurden. In Nigeria gibt es mehrere „Confraternities“, die in ihrer Gesamtheit als nigerianische Mafia bezeichnet werden. Der Begriff Confraternity, Bruderschaft, geht auf nigerianische Studentenverbindungen zurück, von denen einige in den 1980er Jahren in die organisierte Kriminalität einstiegen. Bei den Angeklagten, so sagte es ein Staatsanwalt nach deren Festnahme vergangenes Jahr, handele es sich ausnahmslos um Führungsfiguren der Organisation in Deutschland.
Bruderschaft „Black Axe“ in Deutschland: Delikte verlagern sich ins Internet
Ob diese Aussage in jedem Fall so stimmt, dürfte eine der Fragen im Prozess sein. Und wohl auch darum, ob sich in jedem Fall nachweisen lässt, dass die Angeklagten mit ihren Taten kriminelle Aktivitäten im Ausland begünstigten – und das auch selber wussten.
International soll die „Black Axe“ daran mitwirken, Frauen aus Nigeria für die Prostitution ins Ausland zu schleusen und auszubeuten, auch Rauschgiftgeschäfte und Betrugstaten in Europa werden teils Mitgliedern der Bruderschaft zugeordnet. In Deutschland, heißt es, gehe es vor allem darum, das Geld aus Internetbetrugstaten zu waschen. Es sei die Tendenz feststellbar, dass sich die Delikte der Organisation ins Internet verlagerten.
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