Oliver Stegemann blickt skeptisch. Wiederholt stellt er Fragen. Wirklich überzeugt wirkt der Berliner nicht, als er sich im Curt-Frenzel-Stadion ein Bild macht. Etliche Präsidiumsmitglieder des Deutschen Sportakrobatikbundes (DSAB) sind in Augsburg zu Gast, Stegemann ist der Vorsitzende. Im Mai 2027 soll im Eisstadion eine Europameisterschaft stattfinden. Nun wird ausgelotet, ob dies überhaupt machbar ist und sich Deutschland - mit dem Sportakrobatik Verein Augsburg (SAV) als Ausrichter - bewerben kann. „Wir würden es wahnsinnig gerne in Augsburg machen“, sagt Stegemann. Im Veranstaltungsort sieht er Vorteile, aber auch Nachteile. Sein nächster Schritt besteht darin, beim europäischen Verband European Gymnastics vorzufühlen. „Entscheidend wird sein, welche Vorgaben er uns macht. Und ob wir diese erfüllen können.“
Der SAV hat seine Hausaufgaben erledigt. Zunächst hatte Vereinschef Alexander Baur die Messe als Standort auserkoren. Nicht nur wegen der immensen Kosten rückte er davon ab. Um mehr Anreize fürs Publikum zu schaffen, suchte er nach einer richtigen Sportstätte, die zugleich die Vorgaben erfüllte. „Wir möchten Atmosphäre und Begeisterung vermitteln“, beschrieb er. Für das CFS sprachen neben dem Flair die zentrale Lage, die Parkplätze am Plärrer, die Anbindung mit der Straßenbahn und die Nähe zu Hotels im Norden der Stadt.
Oberbürgermeisterin Eva Weber wirbt beim europäischen Verband für die EM 2027
Anfang Dezember hatte eine erste Begehung mit DASB-Verantwortlichen stattgefunden, danach hatten sich Mitarbeitende des Sport- und Bäderamts, des Ordnungsamtes und der Augsburger Panther ein Bild gemacht. Wie die Unterstützung der Panther aussehen kann, ist inzwischen geklärt. So wird das Event-Team des DEL-Klubs das Catering der Delegationen und des Publikums übernehmen. Ob der LED-Videowürfel genutzt werden kann, ist offen. Fest steht: Die Panther werden die Technik nicht überlassen, sondern gegen Bezahlung ihre Dienste anbieten.
Baur, Mitglied im Sportbeirat, und sein Organisationsteam haben sich in jüngster Zeit um Sponsoren und Fürsprecher bemüht. Die Schirmherrschaft würde Bayerns Ministerpräsident Markus Söder übernehmen, Oberbürgermeisterin Eva Weber warb in einem Schreiben an den europäischen Verband für die Sportstadt Augsburg und die Umsetzung der EM. „Dieses großartige internationale Sportevent spiegelt alles wider, wofür unsere Stadt steht“, schrieb sie.
Während der EM (10. bis 18. Mai) rechnet Baur mit rund 2000 Menschen, die sich in der Stadt aufhalten würden. Da statistisch jeder Übernachtungsgast rund 150 Euro in der Stadt ließe, könne ein zusätzlicher „Wirtschaftsimpuls“ von der EM ausgehen, meint er. Das Potenzial hat die Regio Augsburg Tourismus GmbH erkannt, diese möchte mit Marketingaktivitäten unterstützen. Noch sind Fragen ungeklärt, wie sich beim Präsidiumsbesuch zeigte. Die Zuschauerkapazität, die sich rund um die Wettkampffläche auf knapp 1100 reduziert, könnte dem europäischen Verband zu wenig sein; für Wettkampf- und Trainingsflächen ist auf dem Spielfeld wenig Raum vorhanden; und ein Vorhang in der Mitte soll genügen, damit sich aufwärmende Teams und Teams im Wettkampf unterschiedliche Musik hören können.

Nicht zum ersten Mal könnte sich das CFS in eine Multifunktionsarena verwandeln. Im Mai 2018 hatten Nikki Adler und Guido Fiedler WM-Kämpfe im Boxen ausgetragen. Eigentümer des Stadions ist die Stadt Augsburg, die Eisfläche nutzen nicht nur die Panther, zugleich treiben dort Nachwuchsteams, Hobbymannschaften, Schulklassen oder Stockschützen Sport. Die Idee des SAV entstand daraus, dass zwischen Mai und Juli das Eis im CFS abgetaut wird und die Fläche entsprechend genutzt werden könnte.
Schon jetzt ist klar: Das Projekt wird den SAV herausfordern. Für die Umsetzung benötigt der Verein rund 300 Volunteers, die während der EM ehrenamtlich unterstützen. Noch wichtiger: die Finanzierung. Rund 450.000 Euro wird die Veranstaltung kosten. Stegemann macht klar, dass die Kosten ein bedeutender Faktor seien. „Jede Sportart ist im Schatten des Fußballs. Unser Sport ist auch noch im Schatten von Olympia.“ Er betont: Sein Verband macht die EM nicht zum Selbstzweck, sondern um die Sportakrobatik zu entwickeln.
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