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Foto: Wilfried Matzke
Foto: Wilfried Matzke

Auf den Haunstetter Straßenschildern findet man nicht nur Prominenz. So wurde mit Ludwig Gaßner (1894–1975) auch ein Amtsbote der ehemaligen Stadt Haunstetten verewigt. Seine außergewöhnliche Hilfsbereitschaft hatte ihn bekannt und beliebt gemacht.

Kultur aus Haunstetten
04.09.2018

Woher kommen „Auf dem Nol“ und „Taifunstraße“?

Von Wilfried Matzke

In Straßennamen überliefert sich Haunstetter Ortsgeschichte – allerdings sind da auch Fehler unterlaufen.

241 Straßen, Plätze und Wege von Haunstetten tragen einen amtlichen Namen. Jenseits der praktischen Aspekte der Adressierung und Orientierung steckt in diesen Bezeichnungen einiges an Ortsgeschichte. In Haunstetten waren volkstümliche Straßennamen bereits im 19. Jahrhundert im Gebrauch, wie „Hauptstraße“, „Jägerhaussträßle“ oder „Tal“. Allerdings spielten sie keine Rolle für die Adressierung, denn die Anwesen wurden damals durchnummeriert.

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Im Jahr 1927 beschloss dann der Gemeinderat 38 amtliche Straßennamen. So entstand die dreiteilige „Obere, Mittlere und Untere Hauptstraße“. Das „Jägerhaussträßle“ machte man zur „Krankenhausstraße“ und das „Tal“ von der Niederterrasse hinunter ins (Lech-)Tal wurde amtlich. Neu hinzu kam im Ortszentrum der „Georg-Käß-Platz“ zu Ehren des großen Haunstetter Wohltäters. Gleichzeitig führte man 1927 die Adressierung entlang der Straßen ein. Die ungeraden Hausnummern wurden in auswärtiger Richtung auf der rechten Straßenseite festgelegt, genau andersrum als in Augsburg.

Sechs Jahre später widmete die Gemeinde, wie es von allen deutschen Kommunen erwartet wurde, ihre bedeutendste Verkehrsfläche dem „Führer“. Die Anwohner der „Oberen, Mittleren und Unteren Hauptstraße“ bekamen als neue Adresse „Adolf-Hitler-Straße“. Ebenfalls im Dritten Reich entstand die Messerschmitt-Siedlung mit ihren Straßennamen nach landwirtschaftlichen Begriffen. Weitere Straßen im nördlichen Haunstetten beim Messerschmitt-Werk 3 sollten den vorwiegend militärischen Flugzeugbau würdigen, wie eine „Tai–funstraße“.

Klar, dass die „Adolf-Hitler-Straße“ unmittelbar nach dem Krieg eliminiert und zur einteiligen „Hauptstraße“ wurde. Aber ein Jahr später benannte man auch die „Taifunstraße“ um, und zwar in „Tannenstraße“. Dies war übertrieben, denn der in Haunstetten entwickelte Taifun der Messerschmitt-Flugzeugwerke gilt auch als herausragendes Zivilflugzeug der Zeit.

Die Hauptstraße wurde zum zweiten mal umbenannt

Im Jahr 1956 mussten die Anwohner der „Hauptstraße“ noch einmal ihre Anschrift ändern. Xaver Widmeier, der wie kein anderer Bürgermeister den Ort von 1919 bis 1955 geprägt hatte, sollte gewürdigt werden. Die gravierendste Umbenennungsaktion der Haunstetter Geschichte erfolgte nach der Eingemeindung im Jahr 1972. 79 Straßen bekamen andere Namen, wobei heimatkundlich interessante Bezeichnungen verloren gingen.

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So wurde aus der „Bahnstraße“, welche auf die Localbahn verwies, die „Staffelseestraße“. Erhalten blieben jedoch die Straßennamen, die an die lange Zeit von 1012 bis 1803 erinnern, als Haunstetten das Reichsstift St. Ulrich und Afra bildete. Diesen nur 14 Quadratkilometer großen Kleinstaat regierten die Äbte des Klosters, wie der bei den Haunstettern beliebte Willibald Popp („Willibald-Popp-Straße“).

Auch einstige Flurnamen spiegeln sich in Straßennamen wider. So überliefert „Auf dem Nol“ eine uralte Bezeichnung für die Hangkante der Lech-Wertach-Hochterrasse, wo sich in der Bronzezeit die ersten Haunstetter niederließen. Manchmal sind Straßennamen zwar amtlich richtig, aber historisch falsch, wie die im Jahr 1931 benannte „Alte Straße“. Man hatte hier die Römerstraße „Via Claudia Augusta“ vermutet, die jedoch weiter östlich bei der Kirche St. Georg verlief.

In der letzten Zeit sind Straßenbenennungen in Haunstetten selten geworden, da keine größeren Baugebiete entstanden. Eine der jüngeren Bezeichnungen, den „Ludwig-Gaßner-Weg“, hat man einem rührigen Haunstetter Amtsboten gewidmet. Unklar ist übrigens die Namensherkunft von Haunstetten, das im Jahr 919 erstmals als Husteten erwähnt wurde.

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