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Augsburgs Philharmoniker im 7. Sinfoniekonzert: Walzer und mitreißende Soloklänge

Klassik

Augsburgs Philharmoniker im 7. Sinfoniekonzert: Schließlich dreht der Walzer sich dann doch

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    Konny Roeles-Chen als Solistin im Konzert für Piccolo und Orchester von Lowell Liebermann.
    Konny Roeles-Chen als Solistin im Konzert für Piccolo und Orchester von Lowell Liebermann. Foto: Annette Zoepf

    Es gehört zum Wesen eines Konzerts, dass nicht immer alles im Programm Gebotene in gleicher Weise gelingt. Die Sinfonie kann herausragend geraten, die ebenfalls zu Gehör gebrachte Ouvertüre dagegen nur durchschnittliches Niveau erreichen. Von solch ungleicher Art war auch das jüngste Sinfoniekonzert der Augsburger Philharmoniker am Montagabend im Kongress am Park. Ob es daran lag, dass mit Joseph Bastian, Chef der Münchner Symphoniker, ein Gastdirigent das Orchester leitete? Gewiss nicht nur, was allein dadurch belegt ist, dass Teile des Programms sehr wohl als geglückt zu gelten haben. Weshalb Instrumentalisten und Dirigent nicht immer und bei jedem Stück auf ideale Weise zusammenfinden, gehört letztlich zu den Unerforschlichkeiten des Musizierens.

    Im nunmehr siebten Sinfoniekonzert der laufenden Philharmoniker-Spielzeit mochte man darüber vor allem auch deshalb sinnieren, weil da zweimal Musik ein und desselben Komponisten auf dem Programm stand. Eingangs Maurice Ravels „Valses nobles et sentimentales“, am Ausgang dann Ravels „La Valse“. Beides obendrein Kompositionen, die Bezug auf die Gattung des Walzers nehmen – umso bemerkenswerter also, dass die Walzer-Folge zu Beginn nicht überzeugen konnte, was sich von der „Valse“ zum Konzertfinale ganz und gar nicht sagen lässt.

    Das Gespür für die Farbpalette Ravels

    Den acht „Valses nobles et sentimentales“ war anzuhören, dass sie arg nach dem Buchstaben musiziert waren, dass die kreiselnde Bewegtheit nicht einem tänzerischen Empfinden, sondern mehr dem „erlesenen“ Notentext gehorchte. Was in Ravels kunstvollen Bearbeitungen des Tanzes – mal bürgerlich-repräsentativ, mal mehr am Gefühl orientiert – unter Joseph Bastians Dirigat selten zutage trat, war der walzernde Subtext unter der glitzernden Klangmaske, die Andeutung des treibenden Drehers, der aber doch im Antichambre zu bleiben hat. Auch die Philharmoniker wirkten bei dieser Walzerfolge noch nicht recht schrittsicher. Immerhin entfaltete sich zunehmend ein Gespür für die Farbpalette Ravels, für seine zarten Violin-Schleier, in die Harfen- und Celesta-Töne wie Morgentau hineintropfen, für die schimmernden Klangflächen der Holzbläser.

    Ganz anders Georges Bizets C-Dur-Sinfonie. Joseph Bastian lässt das Werk des seinerzeit 17-jährigen Bizet als komponierten Sturm und Drang ausführen. Die quirligen Themen der schnellen Sätze geraten dabei allzu geradlinig, etwas mehr Faible für Finesse und Detail wäre der Substanz von Bizets frühem Geniestreich in gewiss noch stärkerem Maße gerecht geworden. Ein Fest für die Bläsersolisten des Orchesters war der langsame Satz, vorneweg das beseelte Oboensolo von Rafael Sousa.

    Piccolo-Flöte auf sattem Breitwand-Sound

    In hohe, höchste Holzbläserregionen führte das Solokonzert, das den zweiten Teil des Programms eröffnete: Lowell Liebermanns Konzert für Piccolo-Flöte und Orchester – in der Wahl des Soloinstruments zweifellos originell. Das Stück des 1961 geborenen US-Amerikaners könnte über weite Strecken als Filmmusik herhalten, gerade zu Beginn entfaltet sich satt-suggestiver Streicher-Breitwandsound, der stabilen Boden abgibt für die Piccolo-Bewegungen. Die Solostimme spreizt sich dabei so gar nicht in aufgeregter Virtuosen-Manier, spürt vielmehr den emotionalen Klangmöglichkeiten des Instruments hinterher. Konny Roeles-Chen, Piccolistin der Augsburger Philharmoniker, lässt sich dann auch mit gebotenem Ausdruck darauf ein, bestrickt mit kompakt-fülligem, angenehm metallischem, doch nie weißlichem Ton und zeigt im Presto-Finale souverän, dass sie sich auch auf geschwindes Passagenspiel versteht. Geschickt hält Joseph Bastian allzeit die Klangbalance zwischen Solistin und Orchester und verschafft einer Reihe unvermittelt hinzudrängender musikalischer Zitate (u.a. von Mozart und Beethoven) nonchalante Kurzauftritte. Zurecht am Ende Jubel, wofür sich die Solistin mit Astor Piazzollas Tango-Etüde Nr. 3 bedankte.

    Dann noch ein weiteres Mal Walzer, neuerlich Maurice Ravel: „La Valse“ (tags zuvor schon, wie’s der Zufall wollte, beim Abschluss des Mozartfests vom Ensemble Philharmonix in Septett-Fassung zu hören). Und hier nahm, von Walzer-Splitter zu Walzer-Sprengsel, die Verblüffung mehr und mehr zu, wie schlüssig es Dirigent und Orchester gelang, das Kaleidoskophafte dieses Werks, das sich schier taktweise neu zusammensetzt und gleich wieder auflöst, als einheitlich Gestaltetes zu präsentieren. Hier war alles eingelöst, die elastische Handhabung des Tempos, das organische Atmen des gesamten Klangkörpers. Und Joseph Bastian zeigte sich als überlegt-überlegener Disponent vollends auch an der steilsten Klippe des ganzen Stücks, an dessen Ende, wo der erst behäbig sich drehende, schließlich taumelnde Walzer außer Rand und Bann gerät und sich in Raserei auflöst: Bastian gibt dem Orchester genügend Zeit zum Anlauf, öffnet die Klang-Schleusen tatsächlich erst am Kulminationspunkt. Fulminantes Finale eines Konzertabends, der fürs Erreichen dieser Höhe seine Zeit gebraucht hat.

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