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Künstlerin Katharina Schellenberger mit „Innenleben“ in Oberschönenfeld

Ausstellung

Katharina Schellenbergers „Innenleben“: Malerei, die erzählt und auch mal verschweigt

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    Katharina Schellenberger im Kunstforum Oberschönenfeld vor einer ihrer Arbeiten.
    Katharina Schellenberger im Kunstforum Oberschönenfeld vor einer ihrer Arbeiten. Foto: Marcus Merk

    Wer die Künste verstehen will, muss laufend neue (Bild-)Sprachen lernen, zwischen den Zeilen unbekannter Sprachen lesen, forschen, interpretieren. So ist das nun auch bei der soeben eröffneten Schau in der ehemaligen Schwäbischen Galerie Oberschönenfeld, die – weiterhin als Filiale des Museums Oberschönenfeld – zum „Kunstforum Oberschönenfeld“ aufgestiegen ist. „Kunstforum“, das klingt ein wenig bedeutsamer, professioneller, offener, moderner als der leicht „tümelnde“ Begriff „Schwäbische Galerie“.

    Jetzt also stellt die Künstlerin Katharina Schellenberger im Kunstforum aus, das schon länger über den bayerisch-schwäbischen Bezirk hinausblickt, im vorliegenden Fall nach Landsberg. Dort hat die 1978 geborene Katharina Schellenberger ihr Atelier, wo sie ihre Malerei, ihre Installationen und Kleinskulpturen entwickelt, nicht zuletzt, um anzuregen „zum Nachdenken und genaueren Hinschauen“ des Publikums, wie sie bei der Vernissage unter vier Augen erklärte. Versuchen wir also, genauer hinzuschauen – und nachzudenken.

    Bei Schellenberger türmen sich Köpfe, Leiber, Tier, Mensch

    Im Mittelpunkt der Schau, ihr den Namen gebend, stehen die Mischtechniken des nun über 20 Jahre hinweg entstandenen Zyklus „Innenleben“. In meist betontem Hochformat türmen sich Köpfe, Leiber, Tier, Mensch, Misch-, Zwitterwesen, verrenkt, verschlungen, verstrickt ineinander – und in wuchernder Farbformmalerei. Das sind weniger Gesichter als Gesichte, die hervor- und zurücktreten im Gekröse von Traum, Vision, Unterbewusstsein, im Gekröse leuchtender Koloritbahnen. Die Freiheit der Malerin Schellenberger, ohne Skizze und Vorstudien zu malen, was sie will, korrespondiert hier mit der Freiheit des Publikums, zu sehen, zu lesen, zu interpretieren, was es mag. So assoziativ, wie sie erklärtermaßen „Innenleben“ im freien Lauf malt, so schweifend sollen Betrachter ihre Arbeiten aufnehmen und deuten. Dass hier „Emotionen, Beziehungen, Ängste und Wünsche“ ins Bild gesetzt werden, erklärt etwas vage eine Wandtafel. Ja, so ist das wohl.

    Bei aller Freiheit von Künstlern und genießenden Kunstliebenden: Kritische Beobachter sind nicht ganz so frei. Sie haben auch auf Hintergründe, Intentionen zu schauen, um einzuordnen. Geschichten sammle sie aufschreibend, sagt die Künstlerin, Geschichten von Nachbarn, aus Büchern, Filmen. Und „Innenleben“ versammle, vermische diese Geschichten seit dem Jahr 2005 wie in einem großen Roman – auch mit Märchengestalten. Gleichzeitig sei eine Grundhaltung ihrer Kunst, nicht alles zu verraten, was sie beschäftigt, Geheimnisse zu behalten – und mitunter bewusst in die Irre zu führen.

    Ein Koffer „mit unbekannter Geschichte“

    Ein Beispiel für Letzteres ist ihre Mixed-Media-Arbeit „Knorpelspangen im Koffer“ (2023). Dazu muss man wissen, dass Knorpelspangen zur Luftröhre gehören, wo sie eine sowohl flexible wie festigende Funktion erfüllen. In ihrem Studium der Anatomie – Katharina Schellenberger studierte sowohl Kunst wie Zahnmedizin und, mit Promotion, Psychiatrie – hat sie die Knorpelspangen kennengelernt, und zwar zu einem Zeitpunkt, da sie als Künstlerin bereits bizarre Formen der Natur angesammelt hatte, die sie in ihrer Beschaffenheit eben an Knorpelspangen erinnerten. Und so füllen nun derer 57 einen Koffer „mit unbekannter Geschichte“, der gleichfalls zu etlichen Assoziationen und auch zur Lüftung eines Geheimnisses Anlass gibt. Die bizarren Formen der Natur aber kehren auch in der Malerei Schellenbergers wieder.

    Man erkennt: Es ist nicht leicht, eine unbekannte Sprache zu lernen. Die Kunst, die Künstler stellen sich mitunter herausfordernd quer. Und doch finden sich in Katharina Schellenbergers Querschnitt-Schau auch Werke, die sublim – also ohne plakativ zu sein – die Verstrickungen im dramatischen Gekröse des Lebens andeuten: Seit Jahren sammelt die Künstlerin (Porzellan-)Puppenköpfe, die sie bearbeitet nun unter Glassturz oder in Vitrinen zeigt, nicht selten gefangen, auch in sich selbst. Sind Puppen in Verbindung mit medizinischem Instrumentarium noch ein relativ deutlicher Hinweis auf die Gefährdungen des Lebens, so wird es bei der dreiteiligen Puppen-„Familie“ stark abgründig. Als Betrachter wähnt man sich geradezu einer grotesken, ja gefährlichen psychologischen Familienaufstellung gegenüber. Abermals sind Verstrickungen im Spiel. Bemerkenswert des Weiteren: Einige der kleinformatigen Arbeiten, insbesondere auf Transparentpapier, die behutsamer, dezenter, formstrenger und deutlicher komponiert Schellenbergers Gesichte ins Bild fassen.

    Katharina Schellenberger: Innenleben. Bis 27. April im Kunstforum Oberschönenfeld, geöffnet Di. bis So. und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr.

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