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Bisher unbekanntes Brecht-Porträt von Hans Tombrock kommt nach Augsburg

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Bisher unbekanntes Brecht-Porträt für Augsburg

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    1939 im Stockholmer Exil zeichnete Hans Tombrock dieses Porträt des 41-jährigen Brecht.
    1939 im Stockholmer Exil zeichnete Hans Tombrock dieses Porträt des 41-jährigen Brecht. Foto: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg

    Im Spätherbst des vergangenen Jahres meldete sich bei der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg eine Anruferin aus Dortmund. Sie hätte ein Brecht-Porträt zu verkaufen, gezeichnet von dem im Dortmunder Raum sehr bekannten Künstler Hans Tombrock - ob man in Brechts Vaterstadt Interesse habe am Erwerb? Der Direktor der Bibliothek, Karl-Georg Pfändtner, ließ die Zeichnung zur Begutachtung kommen, besprach sich mit den städtischen Kunstsammlungen und beschloss, das Brecht-Porträt anzukaufen, nach eigenen Worten zu einem Betrag im oberen dreistelligen Bereich.

    Die Zeichnung, die Brecht im Alter von 41 Jahren zeigt, stellt nicht nur eine willkommene Ergänzung der Augsburger Sammlung mit frühen Abbildungen des Dichters dar. Das von Hans Tombrock geschaffene Porträt ist, wie Pfändtner sagt, in der einschlägigen Literatur über Brecht bisher auch noch nicht beschrieben, somit unbekannt. Die mit schwarzer Conté-Kreide ausgeführte Zeichnung (69 x 47,5 cm) zeigt Brecht im linksseitigen Profil - die Züge des Gesichts nicht unbedingt sicher getroffen, Brechts typische Proletarier-Frisur hingegen sehr wohl. Im Fenster hinter Brecht öffnet sich eine schwedische Landschaft. Auffallend im Vordergrund die fein ausgearbeitete, auf einem Tisch liegende linke Hand des Dichters. Beim ersten Treffen zwischen Brecht und Tombrock soll der Künstler darum gebeten haben, die Hände Brechts zeichnen zu dürfen. Von beiden, vom ausführenden Künstler wie vom Porträtierten, finden sich Signaturen am unteren Bildrand.

    Tombrock schuf auch Zeichnungen zu Brechts „Galilei“

    Die beiden Exilanten aus Deutschland lernten sich im Sommer 1939 in Stockholm kennen und verstanden sich auf Anhieb. Brecht, so hat sich Pfändtner kundig gemacht, schätzte Tombrock und führte mit ihm ausgiebige Gespräche über Kunst und Literatur, Politik und allerlei Fragen des Lebens, darunter solche der Liebe - die beiden sollen zeitweise auch mit denselben Frauen ins Bett gegangen sein. Tombrock schuf mehrere Zeichnungen, auf denen er Brecht mit dem (Kreide-)Stift festhielt. Darüber hinaus schuf er Abbildungen zu Werken des Dichters und Dramatikers, vor allem zu dessen „Leben des Galilei“. Einige der Zeichnungen hiervon befinden sich heute im Augsburger Brechthaus. Ein Buchprojekt zu „Galilei“ kam jedoch nicht zustande.

    Hans Tombrock, drei Jahre älter als Brecht, stammte aus Dortmund und arbeitete bereits in jungen Jahren als Bergmann unter Tage. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs trat er in die Kommunistische Partei ein und beteiligte sich an bewaffneten revolutionären Aktionen. Nach Verbüßen einer Haftstrafe begann er ein Wanderleben durch mehrere Länder, seinen Unterhalt verdiente er dabei vor allem durch das Anfertigen von Zeichnungen. Dem einfachen, oft ausgebeuteten Menschen, dem er auf der Straße begegnete, galt sein besonderes Interesse. Mit den Jahren wurden Galerien und Museen auf Tombrock aufmerksam, seine Anerkennung als Künstler riss jedoch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland erst einmal ab, Tombrock floh ins Exil. 1937 waren Werke von ihm in der Femeschau „Entartete Kunst“ zu sehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnete der zurückgekehrte Tombrock eine Kunstschule in Dortmund, ging dann jedoch für einige Jahre in die DDR, um 1953 enttäuscht in den Westen zurückzukehren, wo er bis zu seinem Tod 1966 als freier Künstler lebte.

    Was hat es mit der Wunde auf Brechts Wange auf sich?

    Ein schon bisher in der Brecht-Literatur bekanntes Tombrock-Porträt von Brecht aus jenem Sommer 1939 in Stockholm zeigt den Dichter mit einer kleinen Wunde auf der linken Wange. Ebendiese markante Wunde hat Tombrock auch auf jener Zeichnung festgehalten, die nun in den Besitz der Staats- und Stadtbibliothek übergegangen ist. Woher die Verletzung stammt? Bisher, so Karl-Georg Pfändtner, war es nicht herauszufinden.

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