Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Feuilleton regional
Icon Pfeil nach unten

„Critical Connection“: Michael Kalb aus Dinkelscherben präsentierte Film beim Festival in Cannes

Dinkelscherben

Für diesen Produzenten aus dem Augsburger Land wird das Filmfestival Cannes zur großen Bühne

    • |
    • |
    • |
    Produzent Michael Kalb und Regisseurin Mila Zhlunktenko mit Blick über die Croisette in Cannes mit den Länderpavillons des Filmmarktes
    Produzent Michael Kalb und Regisseurin Mila Zhlunktenko mit Blick über die Croisette in Cannes mit den Länderpavillons des Filmmarktes Foto: Michael Kalb

    Was sich Michael Kalb schon für die Berlinale vorgenommen hatte, galt auch für Cannes: „Ich fahre erst zum Festival, wenn ich auch etwas dort zu arbeiten habe, nur am schönen Schein der Filmwelt will ich nicht teilhaben“, hatte sich der Produzent und Regisseur als Ziel gesetzt. In Berlin war er erstmals im vergangenen Jahr, um den Film „Shahid“ vorzustellen, den er produziert hatte. Nun verbrachte der 35-Jährige eine knappe Woche an der Cote d´Azur beim wohl wichtigsten Filmfestival der Welt. Und zu arbeiten gab es jede Menge: Zum einen wollte er einen Film vorbereiten, der im nächsten Jahr gedreht werden soll; zum anderen nahm der von ihm produzierte Film „Critical Connection“ an einem das Festival flankierenden Wettbewerb, der Semaine de la critique, teil. Am Dienstag fanden zwei Vorstellungen statt, am Mittwochvormittag kurz vor dem Heimflug, klingt die Begeisterung noch immer aus der Stimme des gebürtigen Dinkelscherbeners. „Wir haben so viel positives Feedback bekommen.“

    Filmproduzent Michael Kalb: „,Critical Connection´spannt einen Bogen in unsere Zeit“

    Als Produzent ist Michael Kalb derzeit gut im Geschäft und anerkannt. So war „Shahid“ in diesem Jahr für den Grimme-Preis nominiert, der Film „Spaltung“, der sich der Debatte um die Atomenergie widmet und zum Teil in Gundremmingen aufgenommen wurde, lief kürzlich beim Dok-Filmfest in München. „Critical Connection“ ist die Abschlussarbeit der Regisseurin Mila Zhluktenko an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München, an der Kalb selbst auch studiert hat und für die er mittlerweile als Produzent arbeitet. Der 24-minütige Kurzfilm spielt 1957 in München und handelt von der Ermordung des ukrainischen Widerstandskämpfers Lew Rebet durch einen russischen KGB-Spion. Rebet war Verleger des Ukrainian Independent, einer Zeitung, die in München erschien, wo es zu dieser Zeit eine große ukrainische Diaspora gab. „Zwar sind heute die Umstände andere, aber es gibt viele Parallelen von damals zu heute und der Film spannt einen Bogen in unsere Zeit“, sagt Kalb.

    Die historische Anmutung ergibt sich nicht nur durch die wahre Begebenheit, sondern auch durch die künstlerische Umsetzung, die Kalb „cineastisch sehr spannend“ findet. Gedreht wurde „ganz oldschool“ auf 16mm-Film und in schwarz-weiß. Als Drehorte fanden die Filmemacher einige Straßen in der Münchner Altstadt, die aus bestimmten Perspektiven aufgenommen die Atmosphäre der 1950er Jahre wiedergeben. Und dann gab es auch noch das Restaurant „Lukullus“, ein griechisches Restaurant, das aussah wie eine alte Wirtschaft. Historische Kostüme trugen ein übriges dazu bei, dem Film die nötige Authentizität zu geben und den letzten Tag des Widerstandskämpfers nachzuzeichnen. Im Herbst wird der Film wohl seine Deutschlandpremiere feiern, im nächsten Jahr will ihn der Bayerische Rundfunk, der neben Arte, der Bayerischen Filmförderung und der HFF zum rund 90.000 Euro-Budget beigetragen hat, ins Programm nehmen.

    Unter 2400 Einreichungen wurde „Critical Connection“ für das Filmfestival in Cannes ausgewählt

    Es war also die Premiere für „Critical Connection“ in Cannes. Bis auf den letzten Platz sei das Kino mit Kritikern, Produzenten und vielen anderen Filmfachleuten besetzt gewesen, erzählt Michael Kalb glücklich. „Und wir waren der erste Film von zehn, die vorgeführt wurden, da ist das Publikum noch frisch und offen“, freut er sich. Ob es für einen Preis reicht, wird sich noch herausstellen, aber allein schon die Chance, unter über 2400 Einreichungen ausgewählt worden zu sein, sei eine große Auszeichnung gewesen, versichert Kalb. Und die Reise ist für ihn und Regisseurin Zhlunktenko noch nicht zu Ende, denn durch die Teilnahme an der Semaine de la critique haben sie sich auf jeden Fall Unterstützung für das nächste gemeinsame Projekt, das dann ein Langfilm werden soll, gesichert.

    Ganz abgesehen davon, wie nützlich die Reise nach Cannes für die weitere Arbeit gewesen sei, war Kalb auch begeistert von dem Flair und der Atmosphäre, die zur Festivalzeit in Cannes herrscht - und meint damit nicht all den Glanz und Glamour, den Stars wie Robert de Niro oder Tom Cruise verbreiten. Das Festival, das man in den Medien wahrnimmt, mit Stars, die über rote Teppiche schreiten und sich fotogen an Hotspots in Cannes ablichten lassen, und der Filmmarkt, bei dem sich die Menschen aus der Branche treffen, seien zwei komplett verschiedene Welten. „Wenn ich über die Croisette gelaufen bin, habe ich zwar den Aufmarsch von Fans und Fotografen gesehen, aber oft erst am nächsten Tag in den Sozialen Medien gesehen, welche Stars in der Stadt sind, weil das ganze Rote-Teppich-Treiben am Branchentreffen vorbeigeht. Die Stadt ist ja voll von Fachleuten aus der Filmbranche, angefangen von den Filmfinanzierern bis hin zu den Kreativen.“

    Michael Kalb ist mit Frau und Sohn in seinen Heimatort Dinkelscherben zurückgekehrt

    Empfänge gab es auch für Kalb und seine Crew am Tag Dutzende, ab 18 Uhr häuften sie sich, ob am Strand oder an exklusiven Orten wie in einer Villa in den Hügeln. „Man kommt wirklich viel herum“, erzählt Kalb, denn „Netzwerken rund um die Uhr“ sei das tägliche Geschäft an der Coté d´Azur zur Festivalzeit. „Es war ein großartiges Gefühl und ich fliege jetzt mit wahnsinnig vielen wichtigen Erfahrungen nach Hause“, sagt er kurz vor seiner Heimreise nach Dinkelscherben, wohin er nun mit Frau und Sohn nach Jahren in Augsburg wieder zurückgekehrt ist.

    Gelernt habe er, dass „sehen und gesehen werden“ eben nicht nur etwas für die Berühmtheiten ist, sondern überlebenswichtig in dieser Branche. „Ich habe mich früher immer gefragt, warum muss ich jetzt zu diesem Event und zu jenem Empfang auch noch gehen“, führt er aus, „aber die Präsenz ist wichtig, denn dort trifft man die Leute, mit denen sich eine Zusammenarbeit ergeben kann.“ Ob er selbst auch über einen roten Teppich gelaufen ist? „Ja, über einen kleinen, bei unserem Kritiker-Festival. Jetzt ist der große beim Grand Palais in Cannes das Ziel.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden