Einen Spaziergang mit Bertolt Brecht durch Augsburgs Innenstadt - das ermöglicht eine neue, kostenlose App, die von der Regio Augsburg vorgestellt worden ist. Vom Rathausplatz führt der Weg durch die Altstadt an Orten vorbei, die für Bertolt Brecht wichtig gewesen sind: etwa sein Geburtshaus, in dem heute das Brechthaus untergebracht ist, die Barfüßerkirche, in der er getauft wurde, und an Gablers Taverne am Vorderen Lech, wo Brecht mit seinem Freundeskreis zu den Stammgästen gehörte. In der App heißt es, dass man gut eine Stunde für den Spaziergang veranschlagen soll.
Die App hilft einem beim Navigieren von Punkt zu Punkt, vor allem aber bietet sie an den achten Stellen mit acht Video-Einblendungen Erklärungen und Erläuterungen zu den einzelnen Orten. Brecht selbst taucht in den Sequenzen immer wieder auf, markant mit seiner Schiebermütze und dem Zigarrenstumpen, dargestellt vom Schauspieler Erik Völker. Sein Brecht erklärt unaufgeregt und uneitel, wo er geboren wurde, warum er oben auf dem Perlachturm Ausschau hielt, und spielt auch mal die Ukulele, um ein Trinklied anzustimmen.
An einzelnen Stationen kommen in der App auch Brechtkenner zu Wort
An einzelnen Stationen kommen dann auch noch Brechtkenner dazu: Augsburgs Brechtforscher Jürgen Hillesheim steht vor Gablers Taverne und erklärt, wieso der Brechtkreis den Ort so getauft hat, dass drinnen der selbstgemachte Heidelbeer-Wein der Wirtin ein gefragtes Getränk war und es auch mal ein Butterbrot aufs Haus gab, wenn das Geld knapp war. „Es wurde da aber nicht nur gefeiert, sondern auch politisch diskutiert“, erzählt Hillesheim in der App. Im Hintergrund sind die ehemaligen Schilder der Lechklause zu sehen. Und kurz fragt man sich dann, wie es in diesem Leerstand wohl heute ausschaut, ob sich da noch etwas von den Kneipen erhalten hat, vielleicht etwas, das schon bei Brecht und seinen Freunden dort angebracht war.
Ein wichtiger Brecht-Ort war auch die Barfüßerkirche, die zu Brechts Zeiten vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ganz anders aussah, länger und größer, aber auch Barock in der Einrichtung. Friedrichs nutzt den Ort, um Bilder vom jungen Brecht und aus seiner Kindheit zu zeigen. Er führt aus, dass der Pfarrer, ein guter und populärer Prediger, ein wichtiger Bezugs- und Reibungspunkt war. Und Pfarrerin Gesine Beck sagt, dass Brecht für die Gemeinde wichtig ist, weil Brecht kritisch und unbequem den Finger in die Wunde gelegt habe. „Es ist wichtig, solche Stimmen aus der Vergangenheit zu haben und zu hören.“ Toll in der App, dass immer wieder auch Brechts Original-Stimme eingeblendet wird, wenn das möglich ist. Etwa, wenn Texte von ihm eingelesen werden.
In Ermangelung eines Theaters für die App ins Kino
In Ermangelung des gerade in Sanierung begriffenen Theaters am Kennedyplatz verlegt die App die Auseinandersetzung mit Brechts Theatertheorie und seinen Werken kurzerhand in den Kinosaal. Die Schauspielerin Karla Andrä nimmt gleich zwei Plätze ein, vorne im Scheinwerferlicht vor der Leinwand und auf den roten Kinosesseln und führt dort einen Dialog mit sich selbst. Denn der junge Brecht hat nicht nur darüber nachgedacht, wie das Theater vom angehenden Dramatiker reformiert werden müsste, er hat ja auch im Theatersaal gesessen, sich Stücke angesehen und Kritiken darüber geschrieben. Und er hat „Baal“ und „Trommeln in der Nacht“ noch in siner Augsburger Zeit geschrieben. „Die Figur denken und nicht fühlen“, verlangte er.
Herunterladen lässt sich die App sowohl auf Android-Smartphones als auch auf iPhones. Parallel zu diesem Stadtspaziergang hat die Regio ihrem Flyer zur Brechts Spuren in Augsburg eine Neuauflage gegönnt. Dort sind es 14 Orte mit Brechtbezug, also noch einmal sechs mehr, die angesteuert werden können. Etwa auch das Grab der Eltern auf dem Protestantischen Friedhof an der Haunstetter Straße oder den weltweit einzigen Brecht-Shop, den Kurt Idrizovic in seiner Buchhandlung am Obstmarkt unterhält.
Schönes Angebot! Aber warum muss es für jeden Spaziergang (Mozart, Brecht, keine Ahnung, was es sonst noch alles gibt) eine eigene App geben? Wäre es nicht besser, alles in Lauschtour Bayrisch-Schwaben zu integrieren, sodass da alle Touren sichtbar und nutzbar sind? So wäre das Angebot für Touristen und Einheimische übersichtlicher und einfacher nutzbar.
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