Ein Haufen bunter Bildchen, wenig Text, viele Kraftausdrücke - Geringschätzung und das Image, Kinderkram zu sein, wird der Comic einfach nicht los. Dabei werden mittlerweile auch Pädagogen nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Comics der Türöffner für kindliche und jugendliche Lesebegeisterung sein können, weil sie mit ihren Bildern leicht zugänglicher Lesestoff sind. Und Literaturwissenschaftler sind sich schon lange einig, dass die angeblich so einfachen Bildergeschichten einiges an Kompetenz bei Lesenden erfordern - und auch fördern. Gerade die Sprache stellt bei den Comics eine große Herausforderung dar, weiß Daniela Pietrini, Romanistikprofessorin an der Universität Augsburg.
Augsburger Romanistin Daniela Pietrini: „Comics sind voller Fantasie und Kreativität“
Die Italienerin liebt Comics, seit sie lesen kann. An der Universität Augsburg forscht sie sie darüber, was Comics und Graphic Novels auf Italienisch und Französisch ausmacht. In ihrem Heimatland, wie auch in Frankreich und Belgien, haben Comics eine lange Tradition und eine besondere kulturelle Bedeutung. „Sie sind voller Fantasie und Kreativität“, fängt sie sofort zu schwärmen an, wenn man sie fragt, was sie daran schätzt. „Sie bilden ein bisschen unsere Welt ab und führen dabei auch in eine fremde Welt.“
Das Besondere dabei: Die Geschichte funktioniert nur durch die Verschränkung von Wort und Bild. „Die Bilder sind nicht dazu da, den Text zu erklären, wie etwa in einem Kochbuch, und die Bildunterschrift erläutert nicht, was auf dem Bild zu sehen ist, sondern erst in der Verschränkung von beidem entsteht eine Geschichte“, stellt Daniela Pietrini dar. Das biete zum Beispiel auch eine schöne Gelegenheit, nicht nur mit Worten zu spielen, sondern gleichzeitig auch mit dem Bild. „Wenn eine Figur sagt ,ich sehe schwarz , dann lässt sich das eben auch durch das Bild ausdrücken.´“ Oft liegen Geschehnisse zwischen den einzelnen Panels, die nicht direkt abgebildet werden. Diese Leerstellen forderten die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser heraus, stellt Daniela Pietrini dar. Verbunden sei dies mit vielfältigen sprachlichen Experimenten wie Lautmalereien, Sprachspielen und Wortschöpfungen, die Comics auszeichnen.
Die Geschichte in Comics entsteht durch die Dialoge der Figuren
Charakteristisch für den Comic ist, so Pietrini, die fiktive Mündlichkeit der Sprache, die die Geschichte auch besonders lebendig macht. Es gibt nicht, wie in Romanen, einen Erzähler, der die Geschichte vermittelt, sondern diese entsteht durch die direkten Dialoge der Figuren oder deren Gedanken. „Die Autoren legen ihnen die Worte buchstäblich in den Mund. Dafür gibt es im Deutschen das schöne Wort Sprechblasen“, führt die Romanistin aus. Die große Kunst sei es dabei, durch das, was gesagt werde, den Figuren Tiefe zu geben.
Besondere Bedeutung bekommt die sprachliche Figurenzeichnung in der Graphic Novel, der „großen“ Schwester des Comics. Deren literarischen Anspruch macht schon das Wort „Novel“ (Roman) deutlich. Im Gegensatz zu Comics sind dies keine seriellen Erzählungen, sondern Einzelgeschichten in größerem Umfang. Auch die Figuren seien in ihrer Charakterisierung ausgestalteter und machten wie im Bildungsroman eine Entwicklung durch, erklärt Daniela Pietrini. „Donald Duck bleibt immer der arme Pechvogel, der nichts dazulernt, selbst in der 3000. Folge.“ Was die Wissenschaftlerin aber nicht davon abhält, die Bände, vor allem die älteren, uneingeschränkt zu empfehlen. „Sie sind sprachlich extrem spannend, weil sie oft auch ältere Ausdrucksweisen revitalisieren, so können auch jüngere Leserinnen und Leser viele Wörter, die sie gar nicht kennen, begreifen.“
Zum Gratis Comic Tag am 10. Mai werden Comics verschenkt
Beileibe also keine einfache Sache mit den Comics, aber trotzdem eine, die viel Spaß macht, das wird Daniela Pietrini nicht müde zu betonen. Der Gratis Comic Tag am 10. Mai, der sich besonders an die junge Generation wendet, bietet die Gelegenheit, mal wieder in den lustigen Bildergeschichten zu stöbern. An diesem Tag verschenken Buchhandlungen Gratisexemplare von 22 Comic-Bänden. Auch die Stadtbücherei feiert den Aktionstag mit einem speziellen Programm. Schließlich lassen sich Vorurteile bekanntlich am besten aus dem Weg räumen, wenn man etwas oder jemanden besser kennenlernt.
Gratis Comic Tag
Der jährliche Gratis Comic Tag findet am 10. Mai statt. An diesem Aktionstag gibt es in ausgewählten Buchhandlungen kostenlos 22 Comicbände von zehn Verlagen, darunter Wissensbücher wie „Mensch“ über die Entstehungsgeschichte der Menschheit oder „Was ist was - Planeten und Raumfahrt“ , Superhelden-Geschichten von Superman und Batman, den mit dem Max- und Moritz-Preis ausgezeichneten Comic „Hilda und die Vogelparade“ oder den Abenteuer-Comic „Alles safe“. Weitere Informationen über die Gratisbände sowie die beteiligten Buchhandlungen unter www.gratiscomictag.de
Auch die Stadtbücherei Augsburg beteiligt sich an dem Aktionstag mit einem speziellen Programm. Solange der Vorrat reicht, werden auch hier ab 10 Uhr die Gratis-Comics über die Teilnahme an einem Quiz ausgegeben. Comic-Künstler zeichnen live und präsentieren ihre Werke. Die Preisverleihung zu dem Zeichenwettbewerb „Im Weltall“ findet um 14 Uhr statt. In einem besonderen Bereich können sich Hobbyzeichnerinnen und -zeichner ausprobieren. Um 15 Uhr wird der Augsburger Autor und Illustrator Christian Schmiedbauer aus seinem neuen Comicroman „Menschen am Fluss“ lesen.
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