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Hugo Egon Balder: Banal bis zur Schmerzgrenze

Gersthofen

Vieles ist einfach nur Blödsinn: Hugo Egon Balder in Gersthofen

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    Hugo Egon Balder, Entertainer und Pionieer des Privatfernsehens, will vom Showbusiness nicht lassen.
    Hugo Egon Balder, Entertainer und Pionieer des Privatfernsehens, will vom Showbusiness nicht lassen. Foto: Annette Zoepf

    Es ist die erste Solo-Tour des Multitalents, das jetzt in Hamburg lebt, drei vergangene und eine aktuelle Ehefrau hat. Das ist wichtig in der Promi-Welt, aus der Hugo Egon Balder kommt. Letztens, nach 62 Jahren, hat er aufgehört zu rauchen. Was sollte er jetzt stattdessen tun, fragt er ins Gersthofener Publikum. Stricken? Nein. Eben. Zu tief ist ihm das Entertainment-Business ins Blut übergegangen, als dass er jetzt so einfach loslassen könnte.

    Hugo Egon Balder: Berühmt durch „Tutti Frutti“

    Balder war Schlagzeuger bei der Band Birth Control in den 60er Jahren, hat ein Kunststudium und eine dreijährige, private Schauspielausbildung in Berlin gemacht, spielte in den 1970er Jahren im Schillertheater, ab 1985 als Kompagnon von Harald Schmidt im Düsseldorfer Kom(m)ödchen, und erkannte als einer der ersten die Chancen, die sich mit der Gründung der privaten TV-Sender für Künstler auftaten. Vor allem „Alles Nichts Oder?!“ und seine – wie er verrät - Lieblingssendung „Tutti Frutti“ machten ihn Anfang der 90er Jahre bei RTL so richtig berühmt.

    Und weil er nicht stricken will, aber auch nicht mehr rauchen, steht Hugo Egon Balder seit November im schwarzen Cord-Sakko auf den Bühnen der Republik. Im Publikum der Ballonfabrik Gersthofen hat er ganz offenbar Fans, die seine Karrierestationen und die vielen aufgezählten Promis kenne, die wissen, wann er warum welchen Gag macht. Für alle, die sein Tun nicht verfolgt haben, sind schon die Geschichten über die Verflossenen und deren Vorlieben überfordernd. Margret, die Studentin, die ihn in die Potenzfunktion einwies, also dem Zwölfjährigen Mathenachhilfe und Sexualaufklärung gab. „Und Papa hat's bezahlt“, feixt Balder. Dann Brigitte, „so hieß sie glaub’ ich“, die ihn in seinem Zimmer nahe der Zuggleise in Berlin besuchte und „kommen wollte, wenn der Zug kommt“.

    Suchmeldung für eine Bienenkönigin

    Spannender sind seine Anekdoten über die Größen des TV-Business, mit denen der 75-Jährige zusammen gearbeitet hat. Frank Elstner zum Beispiel holte ihn zu Radio Luxemburg. Das war das erste und letzte Bewerbungsgespräch seines Lebens, wie Balder versichert. Seine Aufgabe: „Einem Imker ist die Bienenkönigin entflogen. Geben Sie ne Suchmeldung raus.“ Er wurde direkt eingestellt und bestand auch seinen ersten Einsatz als Reporter auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt.

    Vermutlich ist es seine fehlende Berührungsangst mit Albernheiten, die ihn so nahbar macht. Balder ist das Gegenteil von spießig, er ist unkonventionell, manchmal eben auch obszön. Er liebt es, sich Quatsch auszudenken, um mit Streichen bürokratische oder spießige Strukturen vorzuführen. So reichte er bei der Gema die C-Dur-Tonleiter ein und erhielt umgehend eine Datenbanknummer. Erst als er zusammen mit Frank Zander auch die Pause zum Schutz anmelden wollte, flog das auf. „Die Pause ist nicht vertont“, schrieb die Gema und strich ihnen auch die Tantiemen für die Tonleiter.

    Balder singt auch – und das gut

    Vieles, so erzählt er grinsend, sei einfach Blödsinn gewesen und sollte auch so sein. Spontan und ein bisschen anarchisch. Wie die Parodie auf die Spalt-Tablette. Diese war jahrzehntelang mit dem bekannten Werbe-Slogan: „Spalt – schaltet den Schmerz ab“ aus dem privaten Fernsehen nicht wegzudenken. „Wir haben das gedreht. Stellen Sie sich vor, man kommt vom Büro, völlig fertig, und die Frau will die ganze Nacht“, erklärt er, die Hand zuckt rhythmisch. Der Slogan dazu: „Schmerz – schaltet den Spalt ab“. Ein müder, blöder Gag. Wie auch dieser: Bei einer großen Hitparaden-Party in einer Villa in Saarbrücken habe er mit einem Bekannten zusammen Nutella auf Wände, Armaturen und Toilette im Bad verteilt. Die Gäste angewidert, der Hausherr außer sich, der Putzfrau droht die Kündigung. Balders Kumpel geht mit dem Finger über die braune Masse und steckt sie in den Mund. Die Party löst sich angeekelt auf, offenbar ohne, dass die Materie geklärt wurde.

    Doch zwischen all dem Analen und Banalen gibt es auch Perlen. Balder singt, und das gut. Zwei Balladen, Liebeslieder mit Klavier. Die Texte sind auch Quatsch, aber schön gereimt, witzig und vor allem schön gesungen.

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