Lina dreht am Glücksrad, mit Schwung, damit es klappt. Klick, klick, klick. Der Zeiger klappert die Felder ab, zieht von Niete zu Niete, landet auf dem Hauptgewinn. Endlich haben sie und ihre Mama Glück, eine All-Inclusive-Reise, das Meer, Sonnenliegen am Pool und ein All-you-can-eat-Buffet warten auf sie. Doch im letzten Moment rutscht der Zeiger weiter zum nächsten Feld. Linas Traum von einem Urlaub und einer besseren Zukunft platzt.
Diese Szene hat die Schulklasse 8a der Parkschule Stadtbergen bei der Premiere von „Money Mindset“ am Freitagmorgen miterlebt. Die Schülerinnen und Schüler saßen im Stuhlkreis als Glücksrad-Felder und Lina (Sarah Maria Grünig) arbeitete sich als Zeiger vor, indem sie Hände abklatschte. Das neue Klassenzimmerstück des Staatstheaters Augsburg widmet sich einem zentralen Thema im Leben heutiger Jugendlicher: Welchen Einfluss hat Geld auf unser Leben, unsere Identität und unser Wohlbefinden?
Das Internet hilft für das richtige Money Mindset nicht weiter
Lina geht es wie den Schülerinnen und Schülern. Wenn sie nachts im Bett nicht schlafen kann, weil ihre Gedanken sich um Geld und Zukunftsängste drehen, sucht sie Rat in den sozialen Netzwerken. Doch Tipps, wie man das richtige Money Mindset bekommt, Geld-Affirmationen oder die Info, dass Erfolg zu fünfzig Prozent aus Talent und harter Arbeit und zu fünfzig Prozent aus Glück besteht, helfen ihr nicht. Deshalb dreht sie ein weiteres Mal am Glücksrad und träumt sich in ein anderes Leben, in dem sich ihre Mutter nicht mehr leer fühlt und das Glück auf ihrer Seite ist.
Für die Autorin Elisabeth Pape ist der Inhalt des Stücks ein persönliches Thema. Mit der Theatervermittlerin Juliana Bernecker recherchierte sie für „Money Mindset“ an der Realschule Meitingen, der Augsburger Montessori Schule und der Mittelschule im Bärenkeller. In Workshops und Gesprächen fragten sie Jugendliche, wie ihr Traumtag aussehen würde und welche Dinge sie sich kaufen würden, wenn sie mehr Geld hätten. Dabei zeigte sich, dass Jugendliche ihre Identität oft in Zusammenhang mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten wahrnehmen, was wiederum im Kontext zu Rassismus, Herkunft oder Klassismus steht.
In „Money Mindset“ werden die Schülerinnen und Schüler direkt angesprochen
Die möglichen Szenerien, die sich Lina erträumt, sind überspitzt, witzig und charmant, aber treffen den Ernst des Themas auf den Punkt. Mit einer Karl Lagerfeld Cap auf den frisch frisierten Haaren, einer Sonnenbrille von Guess auf der Nase und ihrem neuen Pulli von Prada prahlt sie: „Den hat mir mein Dad aus LA mitgebracht und er hat mir versprochen, dass wir da nächstes Jahr zusammen hinfliegen. Und wisst ihr, wen ich in LA treffen werde? Taylor Swift“. Als reiche Tussi findet sie sich aber doch unsympathisch. Es wird erneut das Glücksrad gedreht. Klick, klick, klick. Lina ist jetzt eine politische Aktivistin, die stolz auf ihre Mum ist, weil sie arbeiten geht und alles alleine wuppt: „Diese Lina ist laut, weil alles so ungerecht ist. Diese Lina ist laut, weil sie sich nicht mehr alles gefallen lassen will“. Klick, klick, klick. Und dann ist sie Lina, die einfach zur Mittelschicht gehört, zum Boxtraining und Reiten darf, ans Meer fährt, ihrer Freundin ein paar Euro leihen kann und freitags in einem richtigen Wohnzimmer Pizza mit ihrer Mum bestellt.

In „Money Mindset“ spricht Lina die Schülerinnen und Schüler direkt an. „Hast du dir schon mal vorgestellt jemand anderes zu sein? Was wünscht du dir? Wärst du gerne reich? Bist du happy mit deinem Life?“ Der interaktive Charakter des Stückes wird mit einem anschließenden Workshop aufgegriffen, in dem die Schülerinnen und Schüler sich über ihre eigenen Gedanken zu dem Thema austauschen können.
Info Schulklassen ab der 7. Jahrgangsstufe können das Stück beim Staatstheater Augsburg buchen
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