Als hätten sie es geahnt, dass sie einmal auf einer von Rosenbüschen umgebenen Bühne auf einem Festival auftreten, an dessen letztem Tag noch den Früchten des Bacchus auf der Maximilianstraße gefrönt werden kann, spielten sowohl John Scofield als auch Christian McBride den alten Mancini-Klassiker „Days Of Wine And Roses“. Scofield im klassischen Gitarren-Trio, McBride im Kontrabassduett, auf dem Montclair Jazz Festival schließlich sogar gemeinsam. Ein Zusammentreffen der beiden US-amerikanischen Legenden wird sich beim diesjährigen Internationalen Jazzsommer in Augsburg wohl nicht ausgehen, liegen doch zwei Wochen zwischen dem Auftritt von Scofields neu gegründetem Long Days Quartet (9. Juli) und dem laut Festivalleiter Tilman Herpichböhm „besten Straight-Ahead-Trio der Welt“ um McBride (23. Juli), der für sein einziges Konzert in Deutschland in diesem Jahr der Basslegende Ray Brown huldigt.
Alleine diese beiden Namen bestätigen Herpichböhms einleitenden Satz für die Programmvorstellung der 33. Ausgabe des Festivals, dass „geklotzt wurde und nicht gekleckert“. So drückt der junge Blue-Note-Artist Aaron Parks (2. Juli) zum ersten Mal die Klinke des Botanischen Gartens nach unten, die bis Anfang August durch viele Hände gehen soll, die an den Armen der großen Stars des Jazz hängen.
Camille Bertault und Nils Petter Molvær kommen zum Jazzsommer
Die französische Vokalistin Camille Bertrault (16. Juli) verzichtet in ihrer Band auf den Bass, bringt dafür aber eine „höchst virtuose Scat-Technik mit“ und feiert die Improvisation, der norwegische Trompeter Nils Petter Molvær (30. Juli) verheiratet fiebrige Trompetenklänge mit feiner Elektronik und „bringt eine Intensität auf die Bühne, die einen umhauen wird“. Die israelische Klarinettistin Anat Cohen (6. Juli) beschließt mit ihrem Quartetinho das Programm im Botanischen Garten und läutet mit ihrer Feier der brasilianischen Musik gleichzeitig den Hochsommer ein.
Jedes Festival steht in Zeiten herrschender Unsicherheit und steigender Preise vor besonderen Herausforderungen, trotzdem kann der Jazzsommer bei gleichbleibendem Etat bei gleichzeitig höheren Ausgaben das Preisniveau halten, was nicht zuletzt auch „dem Zuspruch des Publikums zu verdanken ist“, wie Kulturamtsleiterin Elke Seidel sagt. Laut Kulturreferent Jürgen Enninger wäre damit ein großes Ziel erreicht, nämlich „das Erreichen der Menschen über die Musik, in diesem Falle über den Jazz, der alles mitbringt, was unsere Gesellschaft braucht: die Improvisation, das Miteinander, das aufeinander Zugehen und das aufeinander Hören“.
Im Brunnenhof des Zeughauses treten aufstrebende Jazzacts auf
Das Konsulat dieser Botschaft wird einmal mehr die zweite Bühne im Brunnenhof am Zeughaus sein, in dem neue, aufstrebende Acts aus Europa auf höchstem Niveau zeigen, was in diesem Genre alles möglich ist. Moderner Pianojazz von Lorenzo De Finti (5. Juli), spielerischer Lyrikjazz von Jelena Kuljić, das „no harmony“-Brass Trio Insomnia Brass Band (19. Juli), mediterrane Avantgarde mit dem AVA Trio (26. Juli) und dichter, cineastischer Breitwandjazz mit Einflüssen von Electro bis Kammerpop vom schwedischen Saxofonisten Thomas Backman (3. August). Vor letzterem gibt es wie erwähnt Wein in der Innenstadt.
Doch für das Publikum aller Konzerte des 33. Jazzsommers gilt, was Poet Ernest Dowson im Gedicht schrieb, das den Standard „Days Of Wine And Roses“ beeinflusst hat: „Die Tage der Reben- und Rosenfeste sind kurz / sie schimmern auf aus einem Traum/ Wir waren eines Sommertages späte Gäste / und sinken hin in Traumes Dunkel“. Ein Traum, untermalt von sämtlichen Facetten, die diese den Moment feiernde Gattung zu bieten hat.
Karten für den Jazzsommer gibt es über die Homepage des Festivals
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