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Schwäbisches Jugendsinfonieorchester: Freiheit, Klangkunst und ein historisches Erbe

500 Jahre Bauernkrieg

Aus der Tiefe ans Licht: Das Schwäbische Jugendsinfonieorchester feiert die Freiheit

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    Das Schwäbische Jugendsinfonieorchester erinnert an den Bauernkrieg vor 500 Jahren.
    Das Schwäbische Jugendsinfonieorchester erinnert an den Bauernkrieg vor 500 Jahren. Foto: Michael Hochgemuth

    Äußerer Anlass der Programmgestaltung in der nachösterlichen Studienwoche des Schwäbischen Jugendsinfonieorchesters (SJSO) waren die Veranstaltungen zu den „Zwölf Artikeln“ vor 500 Jahren. Darin erhoben sich die schwäbischen Bauern gegen Leibeigenschaft und Unterdrückung. Das Thema „Menschenrechte und Freiheit“ sollte sich nun im Konzert in Werken von Giuseppe Verdi, Giovanni Bottesini und Jean Sibelius spiegeln – ein ehrenvoller Ansatz angesichts der Weltlage. Doch vor allem musikalisch setzte das Orchester unter Carolin Nordmeyer ein eindrucksvolles Zeichen. Es wurde im Augsburger Kongress am Park umjubelt.

    Kontrabassist Felix Leissner spielt als Solist mit dem SJSO

    Giuseppe Verdis Ouvertüre zur Oper „Die Macht des Schicksals“ komprimiert in der blutvollen Intensität des italienischen Meisters die persönlichen Konflikte der handelnden Personen, die verstrickt sind in politische Verwerfungen. Die scharfen Schläge des Schicksals in den Anfangsakkorden, die verzagte, aber auch hoffnungsgetränkte Antworten im Orchester zur Folge haben, wurden von SJSO plastisch modelliert. Das Programm folgte nun – abseits des Freiheitsgedankens – eher der italienischen Spur, die Verdi gelegt hatte.

    Das Konzert h-Moll für Kontrabass und Orchester, eine Rarität auf der Musikbühne, stammt von Giovanni Bottesini, einem Freund Verdis, der die „Aida“ zur Uraufführung brachte. Der Komponist, der selbst als Virtuose auf dem tiefen Streichinstrument gefeiert wurde, zeigt in diesem kammermusikalisch fein abgestimmten Werk, wie man neue Klangwirkungen erzielen kann. Dazu bedarf es eines Spielers wie Felix Leissner, der dies zum Klingen bringen kann. Leissner, heute Solobassist im Leipziger Gewandhaus, wurde einst als Schüler im SJSO quasi musikalisch „sozialisiert“. Dieses „Heimspiel“ war jetzt ein umjubeltes Ereignis. Wie er mit weichem Melos dem sanften Riesen wunderbare Farben entlockt, mit hinreißender Virtuosität andererseits die weiten Räume des ganzen Griffbretts bespielt, das erzeugt eine ganz eigene Aura. Er wurde vom Publikum gefeiert. Die Zugabe wiederum berührte dann doch das Thema des Abends. „Kol nidrei“, dieses musikalische Gebet von Max Bruch, war unter seinen Händen ein eindrucksvolles musikalisches Manifest.

    Heftigst umjubelt: In Augsburg spielt das SJSO Sibelius‘ Sinfonie Nr. 2

    Höhepunkt war die 2. Sinfonie von Jean Sibelius, ein kolossales Panorama des finnischen Meisters. Dieses gewaltige Tableau durchmisst indes die unterschiedlichsten Klangräume, „zoomt“ sich vom minimalistischen Linienspiel, von wie getuschten Themen-Partikeln bis zum geballten Ausbruch. Das wechseln, um beim bildnerischen Gemäldevergleich zu bleiben, breite Klangfarbenflächen zu fein gerasterten grafischen nervösen Schraffierungen; atmend ausgebreitete Naturszenarien werden verfinstert durch schwarz gezackte motorische Raster.

    Was aber dieses Werk in der kompositorischen Idee zusammenhält, ist ein im Grunde einfaches Motiv aus drei Tönen, das sich mal chamäleonartig wandelt, rückwärts gedreht wird, in Triller-Sequenzen oder Pizzicato-Bewegungen ausfasert. Die ersten Takte mit zart webender Walzeranmutung, Naturlauten und folkloristischen Tanzgebärden scheinen immer wieder abstrakten Kraftströmen zu weichen. Der rasante Spuk eines Scherzo-Gebildes mündet in ein Finale, das in einem Hymnus eskaliert – dann wird auch das bekennende nationale Freiheitssymbol des finnischen Großfürstentums zum bedrängendem Zarenreich deutlich.

    Was das jugendliche schwäbische Nachwuchs-Ensemble unter Carolin Nordmeyer an Detailschärfe und differenzierter Klangkultur auf die Bühne brachte, wurde zu Recht heftigst bejubelt.   

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