Der Zustand des Planeten und derer, die ihn gerade beherrschen, geben im Moment wenig Grund zum Lachen. Und trotzdem, so beobachtet es Diana Wöhrl, ist man ständig am lachen. Nicht nur aus Ausgelassenheit, auch als Stressventil, aus Unsicherheit oder wegen gesellschaftlicher Erwartungshaltungen. Als Soziologin interessiert Wöhrl das Lachen, weil es „im Gegensatz zum Weinen nicht in dieser Breite wissenschaftlich ausgearbeitet ist“ – als Choreografin interessiert sie die Übersetzung des Lachens in Bewegung. „Es war uns wichtig, ein Stück zu machen, das all die Facetten des Lachens beleuchtet“, sagt Wöhrl über ihr neustes Projekt. Es basiert auf Beobachtungen Anderer auf der Straße als auch des Selbst im Spiegel.
Ein Tanzperformance von Choreoloop rund um die Kraft des Lachens
Wöhrl beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit den sozialen und psychologischen Aspekten des menschlichen Verhaltens und tauchte für die interdisziplinäre Tanzperformance „LOL“ ihrer Plattform für zeitgenössischen Tanz, dem Choreoloop e. V., mit Produktionsleiterin Johanna Drüszler und Dramaturgin Petra Herzog tief in die Körperlichkeiten des Lachens und deren Auswirkungen auf die Gruppendynamik ein. Und damit in Unsicherheiten, die tief in der Psychologie des Menschen eingeprägt sind, wie Petra Herzog sagt: „In unseren Breitengraden stammt die Idee noch aus alten Zeiten, beim Lächeln Zähne zu zeigen, zum Beweis, dass man gesund ist. Es ist also eine Schutzfunktion, eine Maske. In manchem Kontext ist man in der Gesellschaft gezwungen zu lachen,“ – beispielsweise innerhalb hierarchischer Strukturen – „doch das ehrliche Lachen ist doch das Schönste“.
Bevor Tänzerin Laureen Drexler und Tänzer Vito Vidovič Bintchende vor einem imaginären Spiegel die Mimik des Lachens durchdeklinieren, von aufreizender Mundwinkelakrobatik bis zum aggressiven Zähnezeigen, vom selbstzweifelnden Grinsen bis zum oberflächlichen Topmodel-Lächeln, erklingt das wohl reinste Lachen durch die Lautsprecher: das eines Kleinkinds. Am Boden liegende Körper bewegen sich durch Zwerchfellkontraktionen wie ein außer Kontrolle geratenes Taschenmesser, zu den treibenden Beats von City-Club-Resident Djonni Laser verschmelzen die Bewegungen zweier Organismen, ausgedrückt in expressionistischem Tanz mit Elementen aus Technoclub und Akrobatik. Tanzen ist wie Lachen ein Stressventil, das, wenn geöffnet, Serotonin und Dopamin in Strömen fließen lässt.
Choreoloop verwandelt den Theaterraum in einen Ort der Gemeinschaft
Drüszler erinnert das an manch falschen Schluss, der daraus gezogen wird, etwa wenn an Depression erkrankten Menschen nahe gelegt wird, es einfach nicht so schwer zu nehmen und einfach mal ein bisschen fröhlicher zu sein. „Auch in der Tanzausbildung wurde uns gesagt, sich einfach vor den Spiegel zu stellen und alles wegzulächeln, dann geht es schon wieder. Das funktioniert natürlich nicht, doch es ist eben auch erwiesen, dass durch Lachen Botenstoffe frei werden, die Sachen leichter machen können.“
Das soll auch das Publikum erleben, es wird von Anfang an in die Inszenierung eingebunden und in die Situation des Nachfühlens versetzt. Der Theaterraum verwandelt sich in einen Ort der Gemeinschaft, des Austauschs und der nonverbalen Kommunikation. Denn Gemeinschaft und Solidarität helfe laut Wöhrl ebenfalls, Botenstoffe freizusetzen: „Gerade in politisch unsicheren Zeiten spielt die Kunst eine bedeutende Rolle dabei, Räume zu schaffen, in denen sich Menschen gemeinsam und positiv erleben können. Das bedeutet keinesfalls, sich vor Krisen zu verschließen. Im Gegenteil: Es schafft eine Basis, die zum kritischen Hinterfragen anregen soll.“
Info: Donnerstag, 6. März, und Freitag, 7. März, jeweils um 19 Uhr im Kulturhaus Abraxas
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