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Weltfrauentag: Künstlerinnen waren Randfiguren

Internationaler Weltfrauentag

Randfiguren in einer Männerwelt: Künstlerinnen im 17. und 18. Jahrhundert

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    Nur wenige Künstlerinnen konnten in den vergangenen Jahrhunderten von ihrer Kunst leben. Eine davon war Angelika Kauffmann, deren Bild „Klio, Muse der Geschichtsschreibung“ von 1770/75 im Schaezlerpalais zu sehen ist.
    Nur wenige Künstlerinnen konnten in den vergangenen Jahrhunderten von ihrer Kunst leben. Eine davon war Angelika Kauffmann, deren Bild „Klio, Muse der Geschichtsschreibung“ von 1770/75 im Schaezlerpalais zu sehen ist. Foto: KMA

    Frauen über Frauen blicken einem entgegen, wenn man durch die Säle der Barockgalerie im Schaezlerpalais streift: hier eine junge Dame, die hingebungsvoll das lange Haar kämmt, dort eine Madonna oder eine mythologische Figur und jede Menge stolzer Bürgertöchter und -gattinnen. Wer allerdings nach Bildern sucht, die in dieser Zeit von Frauen gemalt wurden, muss ganz bis zum Ende der Barockgalerie im 1. Stock laufen. Dort befindet sich Angelika Kauffmanns Bild „Klio, Muse der Geschichtsschreibung“ , entstanden zwischen 1770 und 1775. Es ist eines der nur drei Bilder im Schaezlerpalais aus der Hand einer Frau - unter rund 150 Werken, die von Malern geschaffen wurden. Frauen waren im 17. und 18. Jahrhundert beliebte Modelle der Maler, lächelnd, manchmal aufreizend, meist gefällig. Als Kunstschaffende waren sie hingegen bis ins 20. Jahrhundert hinein Randfiguren. Originalität, Kreativität, Genie wurden ihnen schlichtweg abgesprochen.

    Angelika Kauffmann war als frei schaffende Künstlerin eine Rarität

    Die in der Schweiz geborene Kauffmann (1741 - 1807), später in Rom und London lebend, war in dieser Hinsicht neben einer Handvoll anderer Malerinnen eine Rarität - eine frei schaffende Künstlerin, die in ganz Europa geschätzt war und mit ihren Bildern hohe Preise erzielte. Wie aber hat es Angelika Kauffmann geschafft, sich in dieser Männerdomäne durchzusetzen? „Außergewöhnliches Talent und das Glück, in Umstände hineingeboren zu sein, die ihr die künstlerische Tätigkeit erlaubten“, antwortet Julia Quandt, Kuratorin der Kunstsammlungen & Museen Augsburg. Kauffmanns Vater war selbst Maler und hat wohl früh schon ihr Talent entdeckt. „Und eventuell ist auch noch günstig hinzugekommen, dass sie sein einziges leibliches Kind war und als Stammhalterin seine besondere Betreuung erfuhr“, vermutet Quandt.

    Das Bild in der Augsburger Barockgalerie, seit 1976 im Besitz der Kunstsammlungen, ist ein verstecktes Selbstporträt, das die Malerin in der Rolle der Muse der Geschichtsschreibung zeigt, erläutert Julia Quandt. Drei Folianten tragen die Namen klassischer antiker Texte, der „Odyssee“, der „Illias“ und der „Aeneis“. Darunter steht in griechischer Schrift: „Klio schreibt die Geschichte“. Diese Anlage des Bildes gebe Aufschluss über das Selbstverständnis Angelika Kauffmanns: dass sie sich ihrer schöpferischen Fähigkeiten bewusst gewesen sei und sie dies auch ihrer Umwelt gegenüber vertreten habe.

    Frauen war jahrhundertelang der Zugang zu Kunstakademien verschlossen

    Ungewöhnlich ist, dass Angelika Kauffmann auch für Historienbilder, also großformatige Darstellungen, die historische, mythologische oder religiöse Szenen abbilden, bekannt und gerühmt war, denn Bilder dieses Formats, so Julia Quandt, traute man Frauen in damaliger Zeit nicht zu. „Es galt als unschicklich, dass Frauen große Leinwände bearbeiten, weil diese mit körperbetonter Arbeit assoziiert wurden.“ Überhaupt seien künstlerisch tätige Frauen eher mit Kunsthandwerk, also kleinen, detailreichen Arbeiten wie Stillleben oder Blumenbildern in Verbindung gebracht worden. Hauptgrund dafür ist, dass Frauen keinen Zugang zu den Akademien hatten und damit auch nicht zum Aktstudium, der Voraussetzung für die Darstellung menschlicher Körper. Und das galt im Übrigen auch für Angelika Kauffmann, die zwar Mitglied mehrerer Akademien war (Bologna, Florenz, Rom und London), aber trotzdem von den Akt-Sitzungen ausgeschlossen war. „Das zeigt ein Gemälde, das die Gründungsmitglieder der Royal Academy beim Aktstudium zeigt“, erzählt Quandt. „Nur als Porträt an der Wand ist die Kauffmann anwesend“. Studien des menschlichen Körpers konnten Künstlerinnen der Barockzeit also nur an antiken Skulpturen vornehmen, weshalb antike und mythologische Figuren auch oft zum Sujet ihrer Bilder wurden. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts hatten Frauen Zugang zu den Akademien und damit zu den Studien am lebenden Objekt.

    Aber auch als Modell war das Weibliche auf bestimmte Konventionen festgelegt: auf Porträts mit repräsentativem Charakter und allegorische Darstellungen. Dabei war die Darstellung sehr oft idealisierend. Dass Frauen denkende und handelnde Individuen waren, spielte dabei kaum eine Rolle. „Diese Diskrepanz hat man in der Kunst nur selten wahrgenommen“, beschreibt Julia Quandt und weist in dem Raum des Kauffmann-Bildes auf ein anderes Bild hin, auf dem Kleopatra in ein engagiertes Gespräch mit Augustus vertieft ist. Eine Herrscherin, sich ihrer Ausstrahlung bewusst, engagiert gestikulierend. „Aber natürlich auch verführerisch, mit ihrer nackten Schulter, um die sich die Haare kräuseln, den bloßen Füßen, dem ausgestreckten Bein, dem durchsichtigen Kleid“, bemerkt Julia Quandt. „Man hat das Gefühl, um Frauen Bedeutung zu verleihen, müssen sie auch attraktiv sein.“

    Zwei der drei Künstlerinnen-Gemälde der Augsburger Barockgalerie sind derzeit verliehen

    Besucherinnen und Besucher, die den Spuren weiblicher Malerinnen in der Augsburger Barockgalerie folgen wollen, müssen sich derzeit mit dem Kauffmann-Gemälde begnügen. Die beiden anderen Werke, ein großformatiges Blumenstillleben der Niederländerin Rahel Ruysch und ein Blütengemälde von Maria von Ustervaal, sind derzeit an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ausgeliehen, die Rachel Ruysch noch bis 16. März eine umfangreiche Aussstellung in der Alten Pinakothek widmen.

    „Von der Muse zur Macherin“ heißt das Sonderprogramm der Kunstsammlungen & Museen Augsburg zum Weltfrauentag. Es gibt Führungen im Maximilianmuseum, im römerlagerund im Zentrum für Gegenwartskunst. Um 17 Uhr spricht Julia Quandt über „Geniale Frauen - Künstlerinnen im 16. bis 18. Jahrhundert im Schaezlerpalais. Weitere Informationen unter www.kmaugsburg.de/weltfrauentag.2025

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