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Prost, Prost, Prost! Wie Pflegekräfte Senioren in Augsburg durch die Hitze begleiten

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Prost, Prost, Prost! Wie Pflegekräfte Senioren durch die Hitze begleiten

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    Dass bei vielen alten Menschen der Durst nachlässt, kann an heißen Tagen gefährlich werden.
    Dass bei vielen alten Menschen der Durst nachlässt, kann an heißen Tagen gefährlich werden. Foto: Markus Scholz, dpa (Symbolbild)

    Trinklieder für mehr Durst? „Prost, Prost, Prost“, singt Karen Huber, wenn sie an besonders heißen Tagen ihre Patientinnen und Patienten besucht. „Ich weiß, das klingt albern – aber es hilft“, sagt die 56-jährige Pflegekraft vom ambulanten Dienst Ancora. Seit über 30 Jahren arbeitet sie in der Pflege. An manchen Tagen, sagt sie lachend, fühle sie sich mehr wie eine Animateurin. Bei den aktuellen Temperaturen hat sie in dieser Hinsicht wieder einiges zu tun.

    Was spielerisch klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Seniorinnen und Senioren trinken oft zu wenig – und riskieren dadurch ernste gesundheitliche Folgen. „Viele denken: Wenn ich weniger trinke, muss ich auch seltener zur Toilette. Aber das ist fatal“, sagt Huber. Vor allem Menschen mit Inkontinenz-Problemen würden im Sommer bewusst Flüssigkeit meiden.

    Laut Robert Koch-Institut steigen in Hitzeperioden regelmäßig die Sterberaten, insbesondere bei älteren Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. Die Warnzeichen sind oft subtil: Verwirrtheit, trockener Mund, fahriges Reden. „Wenn man die Patientinnen und Patienten gut kennt, merkt man das sofort“, sagt Huber. „Oft reicht schon ein kurzer Satz – und man weiß: Die haben heute wieder zu wenig getrunken.“

    Hitzewelle: Kurze Besuchszeiten, große Verantwortung

    In der ambulanten Pflege ist das Problem besonders sichtbar – und besonders schwer zu kontrollieren. Das weiß auch Uschi David von der Sozialstation Göggingen: „Wir sind oft nur zehn bis dreißig Minuten bei den Leuten. Danach sind sie wieder allein.“ Umso wichtiger seien sichtbare Erinnerungen: „Wir stellen in jedes Zimmer ein Glas Wasser. Manchmal schreiben wir auch kleine Zettel.“ Einige Angehörige setzen auf digitale Hilfen: Apps, die per Signalton ans Trinken erinnern. „Das ersetzt natürlich keinen Besuch, aber bei manchen funktioniert das ganz gut – und ist besser als nichts“, sagt David.

    Engagierte Pflegekräfte wie Huber setzen auf persönliche Rituale: gemeinsam hinsetzen, anstoßen, Lieblingsgetränke servieren. „Ich trinke oft selbst mit. Das ist auch für mich gut“, sagt sie. Das Raumklima sei ebenfalls wichtig. Sie erinnere oft daran, morgens zu lüften, dann abzudunkeln und leichte Kleidung zu tragen. „Man meint immer, das wissen alle. Aber dann kommt man bei über 30 Grad in eine Wohnung und ein Senior sitzt da im Wollpulli“, berichtet Huber aus ihrem Alltag.

    Trotz aller Fürsorge im Alltag: Pflegekräfte und auch Angehörige können nur begrenzt Einfluss nehmen. Was passiert, wenn der Kreislauf tatsächlich versagt oder die Symptome ernster werden? In kritischen Situationen müssen Betroffene in der Notaufnahme versorgt werden, oft ältere, aber auch jüngere Menschen, wie Markus Wehler, Leiter der Notaufnahme an der Uniklinik Augsburg, betont.

    Der Umgang mit der Hitze ist entscheidend

    „Viele kommen mit Symptomen wie Übelkeit oder Kreislaufproblemen – das kann im Zusammenhang mit Hitze stehen, muss aber nicht“, sagt er. Gerade bei kurzen Hitzewellen über wenige Tage sei der Effekt oft schwer messbar. In der Notaufnahme der Uniklinik gäbe es eine tägliche Schwankung von rund hundert Patientinnen und Patienten. Am Montag zum Beispiel sei nur ein Fall klar auf Hitze zurückzuführen gewesen, so Dr. Wehler. Erst bei längeren Hitzewellen über mehrere Wochen zeige sich die Belastung spürbar. Dann treffe es auch immer öfter junge Menschen – etwa nach dem Fußballspiel am Nachmittag in der prallen Sonne. „Häufig sind die Fälle auf nicht angemessenes Verhalten zurückzuführen“, berichtet der Arzt. „Nicht nur die Hitze selbst belastet, sondern vor allem, wie man damit umgeht.“

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