Knapp 370 Seiten lang ist der Bericht, den der Bayerische Verfassungsschutz kürzlich veröffentlicht hat. Augsburg taucht dort mehrfach ausführlicher auf, etwa im Bereich Links- oder Rechtsextremismus. Fast unscheinbar kommt da der Vermerk daher, der seit Jahren einen „Stammplatz“ im Bereich „Organisierte Kriminalität“ hat. Die Rockergruppe „Bandidos MC“, heißt es dort, habe in Bayern inzwischen 16 „Chapter“, also Ortsgruppen. Eine davon hält sich seit Jahren im Raum Augsburg – auch das überwiegend unscheinbar.
In der Region Augsburg gibt es zahlreiche Motorradclubs, die laut Polizei „polizeilich nicht weiter relevant sind“. Doch es gibt guten Grund, warum Polizei und Verfassungsschutz einzelne Zusammenschlüsse genauer im Blick haben und hatten. Auch in Augsburg trugen Rockergruppen wie „Hells Angels“ oder „Outlaws MC“ mit entsprechenden Unterstützerclubs immer wieder Konflikte offen aus. Die bislang letzte Gruppe, die in dieser Hinsicht auffällig wurde, waren die „United Tribuns“. Sie hatte enge Beziehungen in die Türsteher-Szene, Mitgliedern wurden unter anderem Gewalttaten und Drogendelikte vorgeworfen. 2022 verbot das Bundesinnenministerium die „United Tribuns“ deutschlandweit, das Augsburger Chapter wurde aufgelöst, das Clubheim aufgegeben.
„Bandidos MC“ und „Gringos MC“ sind im Raum Augsburg im Visier
Und heute? Sind polizeilich relevante Rockergruppen – in der Fachsprache als „Outlaw Motorcycle Gangs“ (OMCG) bezeichnet – in der Region kaum noch auffällig. Für den näheren Raum Augsburg nennt der Verfassungsschutz zwei aktive Gruppierungen: ein Chapter des „Bandidos MC“ – sowie ein Chapter des „Gringos MC“, der sich als Unterstützerclub des „Bandidos MC“ versteht. Beide sind im Landkreis Augsburg ansässig. „Mitglieder von Outlaw Motorcycle Gangs, wie zum Beispiel der Bandidos MC, sind dahingehend aktiv, dass sie regelmäßig an gemeinsamen Motorradausfahrten teilnehmen“, so ein Sprecher. „Ferner finden erfahrungsgemäß regelmäßige Clubabende in den Clubhäusern der jeweiligen Chapter/Supporter-Gruppierungen statt.“
Der „Gringos MC“ wirbt regelmäßig in sozialen Medien für clubeigene Veranstaltungen in Bobingen, auch die „Bandidos“ organisieren laut Polizei regelmäßig Zusammenkünfte. „Aus kriminalpolizeilicher Sicht verlaufen die Veranstaltungen in der Regel jedoch störungsfrei“, so eine Polizeisprecherin. Auch sonst seien die beiden Chapter in den vergangenen Jahren „nicht durch die Begehung von relevanten Straftaten“ aufgefallen.
Verfassungsschutz und Polizei haben Rockergruppen im Blick
Die Mitgliederzahl der Rockergruppen in der Region bewegt sich konstant im unteren zweistelligen Bereich, bayernweit rechnet der Verfassungsschutz rund 1200 Personen der polizeilich relevanten Szene zu. Die Zahl der Bandidos-Chapter im Freistaat stieg seit 2021 von 13 auf 16. Größeres Aufsehen erregte ein Vorfall im Juli 2024, als zahlreiche „Bandidos“ und „Outlaws“ im unterfränkischen Marktheidenfeld aufeinandertrafen und einander mit Messern schwer verletzten. Nach Kenntnis der Polizei waren daran keine Mitglieder hiesiger Rockergruppen beteiligt. Trotzdem, betont die Polizeisprecherin, zeige die Auseinandersetzung, „dass es innerhalb der Szene insbesondere aufgrund von selbst erhobenen Gebietsansprüchen und internen Streitigkeiten schnell zu plötzlichen Gewaltausbrüchen kommen kann.“ Man beobachte die Szene deshalb fortlaufend.
Wobei sich die Ermittlungen in diesem Bereich häufig als schwierig erweisen. Nach Auskunft der Sprecherin wird die Zusammenarbeit mit der Polizei innerhalb der Szene „stark geächtet“, sie könne zu clubinternen Sanktionen führen. Dieser Grundsatz gelte selbst für Geschädigte von Straftaten. „Zudem verhalten sich die Mitglieder der Szene in der Regel äußerst konspirativ, da sie latent mit Ermittlungsmaßnahmen rechnen. Interna werden oftmals nur in kleinen vertrauenswürdigen Kreisen ausgetauscht.“ Als Polizei ergreife man bei erkannten Straftaten im Rockermilieu aber „alle erforderlichen Maßnahmen mit Nachdruck“. Man dulde keine rechtsfreien Räume und gehe stehts konsequent sowohl im präventiven wie auch im repressiven Bereich gegen Straftäter vor.
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