
Augsburgs Radhoffnung Marco Brenner fährt auch für seinen toten Freund

Plus Der 17-jährige Augsburger ist bei der U19-Europameisterschaft der Favorit im Einzelzeitfahren. Einen Titel würde er seinem verstorbenen Freund widmen.

Wenn Marco Brenner am Montag bei der Radsport-Europameisterschaft im U19-Wettbewerb im französischen Plouay das Einzelzeitfahren bestreitet, dann geht der 17-jährige Augsburger mit einer besonderen Motivation an den Start: "Wenn ich gewinne, werde ich den Titel meinem verstorbenen Freund Jan widmen."
Der gleichaltrige Jan Riedmann war erst in diesem Jahr zum Radsportteam Auto Eder aus Kolbermoor (dem Nachwuchsteam des Profirennstalls Bora-hansgrohe) gewechselt, für das auch Marco Brenner fährt. Anfang August kam Riedmann bei einem Trainingsunfall in Mittelfranken ums Leben. Ein Autofahrer hatte dem jungen Radrennfahrer mit seinem Auto die Vorfahrt genommen. Einen Tag später erlag Riedmann seinen schweren Kopfverletzungen.
Mehr Glück hatte Radprofi Maximilian Schachmann vor wenigen Tagen aus der Profimannschaft. Der deutsche Straßenmeister war am Samstag vor einer Woche bei der Lombardei-Rundfahrt von einem Auto angefahren worden und hatte sich dabei einen Schlüsselbeinbruch zugezogen. Er wird wohl die Tour de France verpassen. Seine Chancen, bei der berühmtesten Radrundfahrt dabei zu sein, schätzt das Bora-hansgrohe-Team auf nur zehn Prozent ein.
Marco Brenner weiß: Ein Risiko fährt im Radsport immer mit
"Natürlich bewegt das einen, wenn es zwei solche Vorfälle im eigenen Team gibt. Wenn ein Teamkollege tödlich verunglückt, mit dem ich auch schon vor seinem Wechsel oft unterwegs war", zeigt sich Brenner auch angesichts der schlimmen Unfälle der letzten Wochen nachdenklich.
Brenner selbst entging erst im April einer Katastrophe nur knapp, als er einen Traktor beim Training nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und sich das Schienbein aufschlitzt. Es muss im Uniklinikum Augsburg genäht werden. Es war der erste Unfall des Augsburgers, der im Jahr mehrere zehntausend Trainingskilometer zurücklegt.
Dass die Radrennfahrer enormes Risiko eingehen und dies teilweise auch durch die Streckenführung der Veranstalter provoziert wird, zeigten die jüngsten Ereignisse mit den schweren Stürzen des Belgiers Remco Evenepoel (Lombardei-Rundfahrt) und des Niederländers Fabio Jakobsen im Zielsprint bei der Polen-Rundfahrt. Brenner ist sich den Gefahren bewusst, schließlich trainiert und fährt Brenner schon seit Jahren Rennen mit diesen Unwägbarkeiten. Schließlich zählt er zu den Top-Talenten weltweit. "Man muss sich den Risiken bewusst sein, aber man muss sie auch ausblenden." Nur so gelingt der Sprung ganz nach oben. Und da will Marco Brenner hin. Vor kurzem unterschrieb er seinen ersten Profivertrag bei der Equipe Sunweb (ab 2021), kein anderer war jünger. Auch bei der Europameisterschaft ist er in der U19-Kategorie die größte Medaillenhoffnung der deutschen Nationalmannschaft.
Bei der Radsport-EM zählt Marco Brenner zu den Favoriten
Die erste Möglichkeit dazu hat er am heutigen Montag beim Zeitfahren der Junioren (U19). Er zählt zu den Top-Favoriten. Schließlich gewann Brenner im Vorjahr bei der U19-WM gegen zum Teil fast zwei Jahre ältere Konkurrenten die Bronzemedaille in diesem Wettbewerb. "Mein Ziel ist es, eine Medaille zu holen", sagt Brenner, der bei den E-Racers Augsburg mit dem Radsport begann. Die 25,6 Kilometer lange Zeitfahrrunde mit ihrem welligen Profil könnte Brenner entgegenkommen. "Sie liegt mir ganz gut", erklärte er am Sonntag nach dem Training. Allerdings sei es schwer, die Konkurrenz aufgrund der Corona-Einschränkungen einzuschätzen. "Es gab ja keine internationalen Rennen." Der Augsburger Luca Dreßler, 18, wurde vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nicht nominiert.
Auch am Freitag beim Straßenrennen hat Brenner Medaillenchancen. Er wird das deutsche Junioren-Team anführen. "Marco ist in beiden Disziplinen unsere Nummer eins", sagt Junioren-Trainer Wolfgang Ruser. "Der enge, winklige Kurs liegt ihm. Allerdings fehlen auch Brenner die nötigen Wettkampfkilometer. Aber das geht ja allen so." Brenner selbst sagt: "Es kann alles passieren. Vom Solistensieg bis zum Massensprint. Wir sind zuversichtlich, dass ich vorne reinfahren kann." Und dann wird er alles riskieren.
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