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Foto: Sebastian Gollnow, dpa
Foto: Sebastian Gollnow, dpa

Das Thema Wohnen hat in der Corona-Zeit nochmals an Bedeutung gewonnen und den Immobilienmarkt weiter angeheizt.

Bauen und Wohnen
06.04.2022

Der Immobilien-Boom – dem Ende nah?

Von Michael Kerler

Plus Die Bundesbank hält manche Preise für überbewertet. Jetzt machen auch steigende Bauzinsen die Finanzierung teurer. Weshalb man bei der LBS Immobilien immer noch als beste Altersvorsorge ansieht.

Ein eigener Garten, ein Balkon, ein Arbeitszimmer. Das Thema Wohnen hat in der Corona-Zeit nochmals an Bedeutung gewonnen und den Immobilienmarkt weiter angeheizt, das berichtet die Landesbausparkasse LBS. "Die Pandemie hat den Wunsch nach einem eigenen Zuhause deutlich verstärkt", sagt am Mittwoch LBS-Vorstand Gerhard Grebler. Der Immobilienumsatz erreichte 2021 in Bayern nach Berechnungen der LBS mit 72 Milliarden Euro das elfte Jahr in Folge einen neuen Spitzenwert.

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Der durchschnittliche Kaufpreis für ein gebrauchtes Haus oder eine Eigentumswohnung stieg um 13 Prozent. Allein im Kreis Dillingen sei ein frei stehendes Haus noch für unter 300.000 Euro zu erwerben. In Augsburg-Stadt werden 800.000 bis 1 Million Euro fällig, im Kreis Landsberg eine bis 1,2 Millionen. Südlich von München wird’s noch teurer. Fachleute gehen inzwischen aber davon aus, dass der Immobilienboom abflaut oder zu Ende kommen kann.

Preisblase: Bundesbank warnt vor starken Überbewertungen

Die Bundesbank warnt schon seit einiger Zeit vor einer Preisblase. "Die Überbewertungen bei Wohnimmobilien nehmen zu", warnte die Bundesbank kürzlich in ihrer Analyse zu den Preisen für Wohnimmobilien in Deutschland im Jahr 2021. Schätzungen zufolge lägen die Immobilienpreise in den Städten im Jahr 2021 "zwischen 15 Prozent und 40 Prozent" über dem Preis, der durch soziodemografische und wirtschaftliche Faktoren gerechtfertigt wäre.

Fachleute der Deutschen Bank erwarten deshalb, dass der Immobilienboom auf absehbare Zeit abflaut. "Wir halten ein Zyklusende im Laufe der Dekade für sehr wahrscheinlich", warnt das Expertenteam der Bank in einer aktuellen Studie. Trotz vieler Unsicherheiten rechne man im Schnitt mit einem Zyklusende im Jahr 2024. "Der geringere Zuzug und der dynamisch wachsende Neubau in den Pandemiejahren hat die fundamentale Angebotsknappheit in vielen Städten beseitigt", sagen die Fachleute. Nach dem Erreichen des Preisgipfels drohe aber "nicht zwangsläufig eine massive Korrektur". Der Boom könnte also auch langsam abflauen.

Stark steigende Bauzinsen: Drei Prozent schon in Kürze?

Die Frage ist zudem, ob die Korrektur in Süddeutschland nicht noch länger dauert. Wenn es zu Korrekturen kommt, sei dies eher eine langfristige Entwicklung, "schon gar nicht das Platzen einer Blase", sagte Paul Fraunholz, Geschäftsführer der Immobilien-Vermittlung der Sparkassen. Denn nach Ansicht der LBS ist gerade in Bayern die Nachfrage nach Wohnraum nach wie vor hoch. "Vor allem in den besonders nachgefragten Städten und Regionen wird das Angebot erneut weit hinter der hohen Nachfrage zurückbleiben", sagte Fraunholz.

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Personalmangel und Materialknappheit sorgten für Bauverzögerungen. An den gefragten Standorten fehlten geeignete Baugrundstücke. Die LBS rechnet dieses Jahr deshalb mit einem stabilen Immobilienmarkt. Die anhaltend hohe Nachfrage bei gleichbleibend zu geringem Angebot könne sogar "erneut zu einem Anstieg der Kaufpreise führen".

Immobilieninteressenten werden damit doppelt in die Zange genommen. Denn neben den Preisen steigt auch der Bauzins stark an. "Seit dem Herbst hat sich die Zinslandschaft fundamental verändert", sagt LBS-Vorstand Grebler. Eine Immobilienfinanzierung mit zehn Jahre festen Zinsen habe sich seit Herbst um rund einen Prozentpunkt verteuert. Das macht einen erheblichen Unterschied: Bei einer Kreditsumme von 300.000 Euro und einem festen Zinssatz von 1,0 Prozent benötigt man mit einer monatlichen Rate von 1500 Euro gut 18 Jahre, um den Kredit vollständig zurückzuzahlen. In dieser Zeit werden etwas über 28.000 Euro an Zinsen fällig. Steigt der Zinssatz um einen Prozentpunkt auf 2 Prozent, kostet dieselbe Finanzierung bei gleicher Monatsrate rund 65.000 Euro – also mehr als doppelt so viel, rechnet die LBS vor. Zudem dauere es zwei Jahre länger, den Kredit abzubezahlen.

LBS: Eigene Immobilie noch immer die beste Altersvorsorge

Ein Ende des Aufwärtstrends bei den Zinsen ist nicht in Sicht. Die unabhängige FMH Finanzberatung aus Frankfurt hält 3 Prozent für durchaus realistisch. Auch die LBS erwartet ähnliche Werte 2023. Hier spielt die hohe Inflation eine Rolle, die bald die Europäische Zentralbank dazu zwingen könnte, den Leitzins anzuheben.

Trotzdem hält die Mehrheit der Bundesbürger den Zahlen der LBS zufolge die eigene Immobilie für die beste Altersvorsorge. 71 Prozent der Mieter träumen von eigenen vier Wänden. Die Frage ist nur, ob sie sie sich leisten können. Für viele Schichten rückt Immobilienbesitz in weite Ferne. "In der Stadt München können sich viele Familien Immobilien nicht mehr leisten", sagt Fraunholz. Die einzige Möglichkeit ist es, auszuweichen. "Wir erleben eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Wohnimmobilien im Umland der Städte sowie im ländlichen Raum", erklärt er. Mit der Folge, dass auch dort der Preis anzieht.

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