Organspende: Ärzte fordern Pflicht zur Entscheidung
Am 16. Januar stimmt der Bundestag über eine Neuregelung zur Organspende ab. Warum zwei Augsburger Mediziner sich für das Modell von Minister Spahn aussprechen.
Es ist eine politische Entscheidung, die tief ins Persönliche der Bürger hineinreicht: Am 16. Januar entscheidet der Bundestag über neue Regeln für Organspenden. Dafür ist eine zweieinhalbstündige Debatte angesetzt. Der Fraktionszwang ist aufgehoben. Die Fraktionschefs versuchen also nicht, die Abgeordneten ihrer Partei auf eine Linie zu bringen. Deshalb ist auch kaum abzusehen, welche Reformvorschlag sich durchsetzt.
Matthias Anthuber, Direktor der Transplantationschirurgie in Augsburg, hofft, dass sich die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angestoßene Widerspruchslösung durchsetzt. "Wir hatten schon so viele Informationskampagnen – nichts davon hat die Zahl der Organspender deutlich gesteigert", sagt Anthuber unserer Redaktion. Im Klinikum Augsburg werden deshalb inzwischen vor allem Organe aus Kroatien implantiert. Dort gilt bereits die Lösung, dass jeder Organspender ist, solange er nicht ausdrücklich widerspricht. "Streng genommen müsste Deutschland, wenn sich nun wieder nicht die Widerspruchsregelung durchsetzt, aus dem Eurotransplant-Verbund ausscheiden", sagt Florian Sommer, Oberarzt am Klinikum Augsburg. "Denn wir hier in Deutschland haben einen sehr hohen Bedarf an Organen, liefern aber im Bezug zur Einwohnerzahl viel zu wenige."
Zwei Modelle stehen zur Abstimmung
Bisher sind Organentnahmen nur bei ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt. Gesundheitsminister Spahn hat gemeinsam mit dem SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach die sogenannte doppelte Widerspruchslösung erarbeitet. Demnach würde jeder Erwachsene zum Organspender, der zu Lebzeiten keinen Widerspruch erklärt hat. Wenn auch den Angehörigen kein entgegengesetzter Wille bekannt ist, können Ärzte Organe entnehmen.
Gegen diesen Automatismus steht das Konzept, das Grünen-Chefin Annalena Baerbock gemeinsam mit der Linken-Vorsitzende Katja Kipping vertritt. Unterstützt wird das auch von der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unions-Fraktion, Karin Maag. Organspender wird nur, wer dem wie bisher ausdrücklich zustimmt. Damit sich mehr Menschen dazu bereit erklären, sollen sie regelmäßig darüber informiert werden, zum Beispiel, wenn ein neuer Personalausweis beantragt wird. Maag hält es für alles andere als ausgemacht, dass sich der Gesundheitsminister mit seinem Vorschlag behauptet. "Ich sehe noch keine Mehrheit für die Widerspruchslösung", schätzt die Abgeordnete aus Stuttgart die Stimmungslage bei CDU und CSU ein.
Zahl der Organspender steigt in Bayern
In Bayern ist die Zahl der Organspender leicht gestiegen. Von Januar bis Ende November gab es nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation 126 Organspender. Das waren sechs mehr als im gleichen Zeitraum 2018. Allerdings warten aktuell etwa 1350 Menschen in Bayern auf ein Spenderorgan. Deutschlandweit ging die Zahl der Spender um 1,4 Prozent zurück.
Lesen Sie auch einen Kommentar: Schweigen darf keine Zustimmung zur Organspende sein
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.