6 statt 16: CSU-Politiker möchte Bundesländer zusammenlegen
Ein Seehofer-Vertrauter im Bundestag will in Deutschland neue Grenzen ziehen. Aus 16 sollen nur elf oder sechs Bundesländer werden. Hat der große Wurf des CSU-Mannes Chancen?
In den kommenden Tagen entscheidet sich, was aus dem Herzensanliegen des CSU-Bundestagsabgeordneten Reiner Meier wird. Nach dem Anruf bei Parteifreund Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident. Gut möglich, dass der zu Meier sagt: Vergiss es. Es wäre ein Dämpfer für den 61-jährigen Oberpfälzer, aufgeben würde er auch dann nicht. Meier will aus 16 Bundesländern elf machen, noch lieber acht oder nur sechs. Hauptsache weniger, denn „das spare Milliarden“. Seehofer soll das Thema Länderfusionen zum nächsten großen Projekt der Großen Koalition küren. Das ist die Idee, das ist der Plan.
Finanzielle Entlastung: Ärmere Bundesländer sollen zusammengelegt werden
Die Chancen stünden so gut wie selten, meint Meier. Jetzt nachdem der Koalitionsvertrag weitgehend abgearbeitet sei. Wenn er sich da nicht täuscht. Als zuletzt der Vorschlag für Länderfusionen auftauchte, wurde er erst hitzig diskutiert, kurz darauf war er verschwunden. Dabei hatte ihn, immerhin, Saarlands CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer geäußert – im Oktober. Ärmere Länder sollten zusammengelegt werden, um diese finanziell zu entlasten. Falls dies nicht durch eine Altlastenregelung und die Reform des Länderfinanzausgleichs geschehe.
Der läuft in seiner bisherigen Form Ende 2019 aus. Zudem greift von 2020 an die Schuldenbremse, die den Ländern die Aufnahme neuer Kredite verbietet. Vor allem die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen wollen nicht länger das Umverteilungssystem am Leben erhalten: Nur vier Bundesländer zahlen für die restlichen teils hoch verschuldeten zwölf Bundesländer. Alleine aus Bayern flossen 2014 rund 4,9 Milliarden Euro. Die Verhandlungen sind festgefahren, die Zeit läuft. Und eine Lösung muss her, am besten bei der Ministerpräsidentenkonferenz im Juni – 2016 und 2017 sind Wahljahre.
Reiner Meier: Bayern könnte sich Milliardenzahlungen sparen
Eine Neugliederung des Bundes wird seit Jahrzehnten diskutiert. Es ist wie mit Socken in der Waschmaschine: Sie drehen sich im Kreis, schrumpfen, verschwinden bisweilen und werden auf wundersame Weise von der Maschine wieder ausgespuckt. Letztmals glückte eine Fusion 1952 im Falle Baden-Württembergs. Die Fusion Berlins mit Brandenburg scheiterte 1996 in einem Volksentscheid. Seehofer übrigens bügelte den Vorschlag Kramp-Karrenbauers ab, weil er ihn als Drohung empfand. Meier lässt sich davon nicht beirren. Er baut auf Seehofer und das Argument, dass sich Bayern künftig Milliardenzahlungen an andere Bundesländer sparen könne – wenn diese weniger Ausgaben hätten. Zum CSU-Chef hat Meier einen der besten Drähte – er war sieben Jahre lang sein Büroleiter.
Am 20. April bei der Sitzung der CSU-Landesgruppe in Berlin will er seine Idee vorstellen. Vergangene Woche beauftragte er den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags damit, auszurechnen, wie hoch die Einsparungen durch Länderfusionen sein könnten. Meier würde, etwas willkürlich, aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bremen ein Bundesland machen, das Saarland mit Rheinland-Pfalz zusammenlegen sowie Brandenburg mit Sachsen-Anhalt und Berlin. Berlin als Bundeshauptstadt würde einen Sonderstatus erhalten.
Meier hält sogar Steuersenkungen für möglich
Meier klingt wie Kramp-Karrenbauer. „Wenn eine Fusion stattfindet, müsste man über einen Schuldenschnitt reden wie bei Griechenland“, sagt er. Wenn beispielsweise Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin fusionierten, „müsste der Bund die Schulden Berlins tilgen“. Sonst wäre eine Fusion ja unattraktiv. Das werde sich rechnen, meint er, weil die Einsparungen höher wären als die Altschulden. Meier hält sogar Steuersenkungen für möglich, wenn ein Gutteil der 16 Landesregierungen, Parlamente und Verwaltungsapparate wegfiele.
Der Bund der Steuerzahler und einige Experten sehen das Einsparpotenzial bei hunderten Millionen Euro, andere warnen vor massiven Fusionskosten. In Sachsen-Anhalts SPD wertet man Meiers Vorstoß als Scherz. Hermann Kleen, Sprecher des Bremer Senats, also der rot-grünen Landesregierung, sagt: „Wir beschäftigen uns bestimmt nicht mit solchen Vorstößen aus Bayern, so lieb uns die Bayern auch sind.“ In Bremen wird im Mai eine neue Bürgerschaft gewählt – und SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen verbittet sich jede Diskussion, die um die Abschaffung seines Amtes und seines Stadtstaates kreist.
Kleen sagt dann noch etwas Böses über Hinterbänkler. Meier ist unbestritten einer.
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