Kanzler-Leibwächter beigesetzt
Sie sind der Schatten der Mächtigen und ihre Mission ist gefährlich. Der Ex-Leibwächter von Kanzlerin Angela Merkel kam vor einer Woche in Kabul ums Leben. Nun wurde er in seiner Heimat Leinburg beigesetzt.
Leinburg (ddp-bay). Man kennt die Männer in den schwarzen Anzügen, die sich still in die Bankreihen der evangelischen Dorfkirche von Leinburg kauern, aus dem Fernsehen: Die BKA-Leute sind die Schatten der Mächtigen - doch wie gefährlich ihre Aufgabe ist, wird auch ihnen wohl erst angesichts des Sarges ihres Kollegen Jörg Ringel bewusst.
Am Mittwoch vor einer Woche explodierte unter dem Fahrzeug des Kriminaloberkommissars am Stadtrand von Kabul eine Bombe. Der 31-Jährige und seine Kollegen Alexander Stoffels und Mario Keller waren sofort tot. Am Donnerstag wurde Ringel, der jahrelang Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beschützte, in seinem Heimatort beigesetzt.
Selbst den vermeintlich "harten Kerlen" des Bundeskriminalamtes standen die Tränen in den Augen, als ihr Präsident Jörg Ziercke sich direkt an die Hinterbliebenen wandte: "Sie können stolz auf Ihren Jörg sein, der bei uns zu den Besten gehörte." Den selbstlosen Einsatz und das große Pflichtbewusstsein Ringels illustrierte sein Chef an einer kleinen Episode vom November 2000: Damals seien er und ein Kollege auf einer Dienstfahrt zufällig Zeuge eines schweren Verkehrsunfalls geworden. Sofort habe er angehalten und ein schwer verletztes Kind gerettet. "Er hat nur einen dienstlichen Vermerk geschrieben. Man hat sich halt immer auf ihn verlassen können."
Er sei sich immer der Gefährlichkeit seines Traumberufes bewusst gewesen. "Aber er wusste auch, dass man Gefahren eingehen muss, um Sicherheit herzustellen", sagte Ziercke in seiner Traueransprache in der völlig überfüllten Dorfkirche. Für den Einsatz in Kabul habe er sich bewusst gemeldet, weil er erkannt habe, "dass es in dieser Welt kein draußen mehr gibt". Im Dezember "wollte und sollte" er an die Seite Angela Merkels zurückkehren: "Unsere Ideale vor Augen, hatte er keine Chance, sich gegen den feigen Mordanschlag zu wehren." Er sei sich aber sicher, dass die drei getöteten Kollegen "im Moment ihres Endes nicht zusätzlich zu leiden hatten".
Wie beliebt Jörg Ringel bei Kollegen und Freunden war, zeigte auch der Trauerzug mit mehreren 100 Teilnehmern durch Leinburg zum Friedhof. "Er war unser Kommissar Rex", sagte Pfarrerin Christiane Schenkel voller Stolz. Er sei ein Sunny Boy gewesen, nie habe er sich die Belastungen seines Berufes anmerken lassen. "Auch als er sich beim Skifahren einmal beide Hände gebrochen hatte, stand er schnell wieder auf." Wenn er daheim war, engagierte er sich im Sportverein TV Leinburg, organisierte im vergangenen Jahr zur Fußball-Weltmeisterschaft sogar ein Freundschaftsturnier mit englischen Fans. Kein Wunder, dass der Sicherheitscheck für die bayerischen WM-Stadien zu seinen liebsten Aufgaben gehörte.
In ihrer Predigt trug die Pfarrerin einen Paulus-Vers vor: "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, Liebe und Besonnenheit." Genau dies habe auch Jörg Ringel ausgezeichnet: "Durch seinen Charakter, seine Ausbildung und einfach sein Jörg-Sein hat er es weit nach oben geschafft." Doch er sei kein Draufgänger gewesen, auch in Kabul habe er stets alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen und eingehalten. Seine Mörder hätten keinerlei Besonnenheit gezeigt: "Sie werden sich einmal dafür verantworten müssen."
Niemand schämte sich seiner Tränen, als ein Ausbildungskollege Ringels auch an die unbesonnene, chaotische Seite des Getöteten erinnerte: An den Wettbewerb an der Fachhochschule um das unordentlichste Zimmer oder an einen missglückten Ausflug in die Disko. "Er landete über Brüssel am Ärmelkanal. Keiner außer Jörg wäre dann auf die Idee gekommen, nun spontan in London zu frühstücken. Er war ein Mensch, der absolut auf meiner Wellenlänge war." Dann wurde der mit weißen und roten Rosen geschmückte Sarg ins Familiengrab der Ringels herabgelassen.
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