Joachim Gauck in München: Allseits hofiert
2010 war er zu Gast bei SPD, Grünen und Freien Wählern, nun wollen ihn auch CSU und FDP: Der künftige Bundespräsident Joachim Gauck zu Besuch in München.
Einen kleinen Seitenhieb kann sich Joachim Gauck dann doch nicht verkneifen: Rund eine Stunde hatte sich der Bundespräsidenten-Kandidat bei der CSU in München vorgestellt. Parteichef Horst Seehofer hatte Gauck danach vor den Mikrofonen und Kameras die volle Unterstützung der CSU bei der Wahl am kommenden Sonntag versichert – und sich für einen „sehr, sehr beeindruckenden und starken Auftritt“ bedankt. „Über so ein Maß an Zustimmung kann ein Kandidat nur froh sein“, antwortet der Gelobte – und fügt eine kleine Spitze an: „Das war nicht immer so und deshalb freut man sich darüber besonders.“
Vor allem in der CSU gibt es an diesem Tag einen gewissen Erklärungsbedarf zu der Frage, warum der Kandidat, der vor knapp zwei Jahren nicht die Zustimmung bei Union und FDP fand, nun in den Reihen der Christsozialen auf so große Begeisterung stößt. CSU-Chef Seehofer hat dafür eine griffige Erklärung: „Über mich hat man in der CSU auch schon mal anders geredet“, sagt er – und meint den Wettstreit, in dem er 2007 Erwin Huber im Kampf um den Parteivorsitz unterlag. Erst abgelehnt zu werden und dann doch noch zu obsiegen – das gehört in der Politik zur Normalität, findet zumindest Seehofer.
Diesmal darf der Kandidat vor allen Abgeordneten sprechen
Und doch ist gerade der anschließende Besuch des Kandidaten im Bayerischen Landtag nicht ohne Brisanz: Vor zwei Jahren, als sich Gauck als Kandidat der Opposition im Maximilianeum präsentierte, wagte es nur eine Handvoll Liberale und Christsoziale, dem Vortrag im Plenarsaal zuzuhören. Diesmal darf Gauck vor Abgeordneten aller fünf Fraktionen im Landtag sprechen.
CSU-Fraktionschef Georg Schmid kann daran nichts Ungewöhnliches finden: „In der Politik kann man es sich nicht immer aussuchen – damals war die Situation eben so.“ Und FDP-Fraktionschef Thomas Hacker weist darauf hin, dass Gauck 2010 ja auch ein Kampfkandidat von Rot-Grün gegen Wulff gewesen sei: „Die Person Gauck war immer präsidiabel“, sagt der Liberale: „Und jetzt ist er aus unserer Sicht sicher die Idealbesetzung.“
Die Opposition mag sich bei solchen schwarz-gelben Klimmzügen ein wenig Schadenfreude nicht verkneifen: „Wir hätten uns einen Haufen Zeit und Ärger sparen können, wenn wir es schon damals gemacht hätten“, findet etwa Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause mit Blick auf Gaucks anstehende Wahl zum Bundespräsidenten. „Ich bin sicher nicht der, der nun sagt: Ich habe es schon immer gewusst“, stichelt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, „trotzdem ist es schon lustig, wie sie sich jetzt bei der CSU rückwärts überschlagen.“
Seehofer hatte bereits am Nachmittag erklärt, Gauck sei schon Mitte der 90er Jahre als Gast der CSU in Wildbad Kreuth gewesen: „Allein das ist ausreichendes Rüstzeug für das hohe Amt, das er jetzt antreten wird.“ Und 1999 habe Edmund Stoiber Gauck als möglichen Bundespräsidenten ins Spiel gebracht, wusste Seehofer zu berichten.
Gauck selbst hält sich von solchen parteipolitischen Scharmützeln fern. Er lobt lieber die „offenen Begegnungen“ mit den Vertretern aller Parteien. Er sei überall „auf große bayerische Liberalität getroffen“, sagt er nach seiner Rede im Landtag. „Auch an Orten, wo ich sie gar nicht vermutet habe.“
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