Blinde Frau von U-Bahn totgefahren
Dramatischer Unfall auf einem U-Bahnhof im Münchner Stadtteil Giesing: Eine 28 Jahre alte blinde Frau ist von einer U-Bahn erfasst und getötet worden. Sie hatte den Zwischenraum zwischen zwei Waggons mit einer Tür verwechselt.
Von Holger Sabinsky, München
Dramatischer Unfall auf einem U-Bahnhof im Münchner Stadtteil Giesing: Eine 28 Jahre alte blinde Frau ist in der Nacht zum Donnerstag von einer U-Bahn erfasst und getötet worden. Die Sozialpädagogin hatte den Zwischenraum zwischen zwei Waggons mit einer Tür verwechselt.
Die junge Frau war von Geburt an blind und daher sehr erfahren im Alltag. Doch am Mittwochabend gegen 22.45 Uhr machte sie einen tödlichen Fehler: An der Haltestelle Silberhornstraße wollte sie in die U2 einsteigen und tastete sich vor. Doch die vermeintliche Eingangstür war die Lücke zwischen zwei U-Bahn-Waggons.
Die 28-Jährige stürzte ins Gleisbett, als der Zug noch stand. Sie rappelte sich laut Münchner Polizei auf und wollte gerade wieder heraussteigen, als die U-Bahn losfuhr.
Der Zug klemmte die blinde Frau zwischen Waggon und Bahngleis ein und schleifte sie mehrere Meter mit. Laut Polizei starb sie auf dem Gleis. Der U-Bahn-Fahrer habe nicht bemerkt, dass die Frau zwischen die Waggons gefallen war. Er wurde über die Leitstelle informiert und hielt erst an der nächsten Haltestelle. Der Mann musste von einem Kriseninterventionsteam betreut werden. Der U-Bahn-Verkehr war für 45 Minuten unterbrochen.
Die tragische Szene wurde komplett von einer Videokamera aufgezeichnet. Aber auf dem Film ist noch etwas anderes zu sehen: Laut Polizei standen zum Zeitpunkt des Unfalls etliche andere Fahrgäste am Bahnsteig. Sie sollen sogar den Unfall bemerkt haben. Einige Beobachter hätten zwar den Notruf betätigt - da sei es jedoch schon zu spät gewesen.
Hätte der Tod der blinden jungen Frau womöglich verhindert werden können, wenn andere Fahrgäste schneller oder engagierter reagiert hätten? Diese Frage beschäftigt nun auch die Ermittler der Polizei. Sie werten die Aufnahmen der Videokamera aus und wollen herausfinden, ob jemand früher hätte helfen können oder müssen. Sollten sie zu diesem Schluss kommen, droht den Betroffenen möglicherweise sogar ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung.
Auf den U-Bahnsteigen in München gibt es Nothalt-Hebel, mit denen Züge im Notfall gestoppt werden können. Es hätte also niemand sein Leben riskieren und ins Gleisbett hinuntersteigen müssen.
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