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Brechtfestival
06.03.2017

Im Scheinwerfer-Licht der Macht

Der junge Genosse (Katharina Rivilis, rechts) handelt aus Mitleid, seine Parteigenossen (von links: Florian Mania, Luise Wolfram, Volker Zack) sprechen ihm ins Gewissen.
Foto: Nik Schölzel, Brechtfestival

Das Leben als Opernsänger war für Selcuk Cara zu wenig. Also fing er an zu schreiben und zu inszenieren. In Augsburg hat er Brechts „Die Maßnahme“ auf die Bühne gebracht.

Das Publikum schweigt. Was soll es auch machen? Antworten, wenn die Schauspieler mit der Ansage „Diskussion“ plötzlich die Frage stellen, was der kommunistische Genosse hätte machen sollen. Da erhebt einer das Wort und zeigt auf einen Mann im Publikum. „Hier ist die Brechtforschung, hier ist die Brechtforschung. Was hat die Brechtforschung zu dieser Frage zu sagen?“ Es ist die Stimme von Selcuk Cara, dem Regisseur von Brechts umstrittenstem Theaterstück „Die Maßnahme“. Weil ein großer Teil des Publikums in der eiskalten Halle auf dem Augsburger Gaswerk-Areal stehen muss, konnte er sich von hinten an den Augsburger Brechtforscher Jürgen Hillesheim heranschleichen. Auch an diesem Premierenabend treibt Cara das rätselhafte Werk von Brecht um – will er wissen, was es bedeuten soll.

In Selcuk Cara hat der neue künstlerische Leiter des Augsburger Brechtfestivals einen Mann der Stunde verpflichtet. Was Cara gerade anfasst, glänzt. 2016 zum Beispiel hat er ein lesenswertes Buch veröffentlicht: „Türke, aber trotzdem intelligent“ (Edel-Verlag, 192 Seiten, 14,95 Euro). Darin erzählt er mit Geschick und Humor seine eigene Biografie, jenen Weg, den er in Deutschland als ein Kind türkischer Einwanderer bis hin zum Opernsänger gegangen ist. Und gleichzeitig erzählt er vom Faschismus im Deutschland nach 1945, dem Cara in seinem Leben immer wieder begegnete – ob es nun die Neonazis waren, die in dem hessischen Kaff, in dem er groß geworden ist, gerade wieder demonstrierten, ob es nun ein alter Ostfront-Veteran war, der Cara, dem Jungen, beim Kindergeburtstag erzählt, wie man sich die Hände und Füße im Winter in Stalingrad gewärmt hatte, wenn ein toter, gerade gefallener Kamerad neben einem lag, ob es nun eine 80-jährige Klavier-Professorin war, die ihn bei einem Hauskonzert mit den Worten vorstellt: „Das ist Selcuk, Selcuk Cara. Er ist Türke, aber trotzdem intelligent.“ Jahre später entdeckte Cara in einem Interview, das die Pianistin gegeben hatte, dass sie unter den Nazis Karriere gemacht hatte. Zwei Wochen nach dem Erscheinen fand sich Caras Buch auf den Bestsellerlisten.

Cara machte als Opernsänger Karriere

Erst einmal machte Cara also als Opernsänger Karriere. Im Repertoire hat der Bass unter anderem Hagen aus Wagners „Götterdämmerung“ und König Marke aus „Tristan und Isolde“. Er hätte immer so weitermachen können – aber das Leben als singende Ich-AG sei ihm irgendwann zu wenig gewesen, erzählt er bei einem Probenbesuch kurz vor der Augsburger Premiere der „Maßnahme“. Also stürzte er sich 2009 – im Alter von 40 Jahren – in etwas Neues, ein Filmstudium für Regie. Schon mit seinem vierten Kurzfilm stellte sich ein geradezu unheimlicher Erfolg ein. „Mein letztes Konzert“ gewann so viele internationale Preise auf Festivals, dass Caras eigene Internet-Seite mit all den Logos der Auszeichnungen ausschaut wie eine Sponsorenwand bei einem Hollywood-Galaauftritt. Er wurde für die Regie, das Drehbuch, den Schnitt ausgezeichnet, für alles war er selbst verantwortlich.

Und jetzt, da Cara gerade das erste Mal Regie in Augsburg führt, sagt er, dass er das nicht könne, nur inszenieren, Stück an Stück. „Das würde mich ermüden.“ Aber gleichzeitig singen, inszenieren, filmen, schreiben – gerade sitzt er an seiner Doktorarbeit über Wagners „Ring der Nibelungen“ – dies ist für Cara kein Problem. „Das ergänzt sich“, sagt er. Also macht er alles zusammen, wie ein Jongleur, der sich mit drei Bällen zu Tode langweilt und erst mit sieben Bällen seinen Beruf so richtig liebt. Dass Cara für das Augsburger Brechtfestival „Die Maßnahme“ inszeniert, geschieht auf seinen Wunsch. Cara wollte nur dieses umstrittene Stück inszenieren. Schon bei seiner Uraufführung 1930 war „Die Maßnahme“ von einem Skandal begleitet; später, als das Ausmaß der stalinistischen Morde bekannt wurde, warf man dem Werk Brechts im Nachhinein vor, dass es Verständnis für diese Morde aufbringe.

Selcuk Cara
Foto: Ulrich Wagner

Heute wirkt die „Maßnahme“ aus der Zeit gefallen – in ihrer Grundidee als Lehrstück zur politischen Fortbildung der Schauspieler und in ihrem Bild von der kommunistischen Partei. Denn statt der Befreiung der Arbeiter und dem Ende der Unterdrückung, für die die Genossen in Brechts „Maßnahme“ kämpfen, brachte der Kommunismus den Menschen ja tatsächlich nur Unfreiheit, staatlichen Terror und Diktatur, gleichgültig wo der Kommunismus an die Macht gekommen war.

Gerade diese Vorgeschichte hat Cara fasziniert. Als Regisseur weiß er, dass er die kommunistische Partei in seiner Interpretation ersetzen muss. Seiner „Maßnahme“ setzt er ein 20-minütiges Bild voran: Das Publikum geht an einem Gitterzaun vorbei. Dahinter sind Flüchtlinge, gerade angekommen. Sie sprechen Sätze des Stücks, aber auch einen Satz von Innenminister Thomas de Maizière: „Auch wenn wir jetzt einige Wochen ein paar harte Bilder aushalten müssen, unser Ansatz ist richtig.“ Die Partei und ihre Parteiräson sollen als Staat und Staatsräson gelesen werden. Der Staat sagt: Für das größere Wohl muss auch Härte gezeigt werden.

Es geht in einer zweiten, weihrauchgeschwängerten Halle mit Passagen aus Dostojewskis „Der Großinquisitor“ weiter. Die Partei ist nun die katholische Kirche. Brechts Stück, in dem der junge Genosse in seinen Tod einwilligt, um die Revolution in China zu ermöglichen, soll bei Cara als Auseinandersetzung mit dem Staat und der Kirche gesehen werden. Mitten im Stück wird ein Schlauchboot in die Halle gezogen.

Das Publikum applaudiert lang

Hanns Eislers Kompositionen bekommen im Apparatehaus des Augsburger Gaswerk-Areals durch den Hall eine gesteigert sakrale Note (musikalische Leitung: Geoffrey Abbott). Das wirkt. Aber wirkt auch das Stück? Das Publikum applaudiert lang. Ein schaler Nachgeschmack bleibt. Was hätte der junge Genosse in seiner Situation tun sollen? Das Publikum (inklusive der Brechtforschung) hat auf diese Frage geschwiegen. Insgeheim denkt man sich, dass der Genosse aus der kommunistischen Partei hätte austreten müssen, um sich gegen die Partei zu stellen. Und was heißt das für die gegenwärtigen Probleme, auf die die Inszenierung abhebt? Wieder setzt Schweigen ein, jetzt aus Ratlosigkeit. Etwas hakt.

Weitere Infos zum Brecht-Festival finden Sie hier.

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