Bürgermeisterwahl auf Sylt: Gabriele Pauli muss in die Stichwahl
Die Gemeinde Sylt wählt am Sonntag einen neuen Bürgermeister. Der Rummel um die Kandidaten war groß. Wer setzt sich am Ende durch - Gabriele Pauli oder ein Insulaner?
Manch ein Sylter mag aufatmen: Ein monatelanger Ausnahmezustand geht am Sonntag zu Ende. Seit dem Sommer beschäftigt die Bürgermeisterwahl in der 13 000-Einwohner-Gemeinde auf der Nordseeinsel nicht nur die Wahlberechtigten, sondern auch Medien in ganz Deutschland. Das ist nicht nur dem Mythos Sylt geschuldet, dem Image von der Insel der Schönen und Reichen mit der größten Promi- und Ferraridichte Deutschlands, sondern auch einer Frau, deren Glamourfaktor aus schon etwas zurückliegenden Zeiten wohl für viele perfekt zu diesem Mythos passt. Gabriele Pauli, ehemalige Fürther Landrätin und einstige "CSU-Rebellin", will nun Bürgermeisterin auf Sylt werden.
Bei der Wahl im Dezember erhielt sie als Unabhängige von allen sechs Kandidaten die meisten Stimmen, verfehlte aber die notwendige absolute Mehrheit deutlich. Nun geht es am Sonntag in die Stichwahl gegen den gebürtigen Sylter und derzeitigen Bauamtsleiter in Kronshagen bei Kiel, Nikolas Häckel. Er ist von der Sylter Wählergemeinschaft aufgestellt worden und wird nun auch von SPD und SSW unterstützt.
Gabriele Pauli: "Mit Mut und Kraft für ein starkes Sylt!"
Pauli (57) präsentierte sich im Wahlkampf betont sachorientiert, verwies auf 18 Jahre Erfahrung als Landrätin und präsentierte ihr Wahlprogramm auf einer Pressekonferenz. Ihr Konkurrent (40) unterstrich dagegen seine Sylter Herkunft mit bis ins 18. Jahrhundert zurückreichendem Stammbaum und seine Verwaltungserfahrung. "Wir sind die Mitmach-Insel! Mit Mut und Kraft für ein starkes Sylt!" - damit warb Pauli auf ihrer Internetpräsenz kurz vor der Wahl um Zustimmung. Häckel präsentierte sich als "ein Sylter für Sylt". Für die Kandidaten ist der Bürgermeisterposten offenbar ein Traumjob.
Dass es sich eher um einen Knochenjob handelt, geht aus Äußerungen von Amtsinhaberin Petra Reiber hervor, die nach fast 25 Jahren nicht mehr antritt - von "Verschleiß" sprach sie im Sommer. Denn die Insel hat genug Probleme, die auch die Kandidaten aufgegriffen haben. So gibt es seit 2014 keine Geburtshilfestation mehr - etwa 80 bis 100 Krankenhausgeburten pro Jahr waren zu wenig. Frauen, die keine Hausgeburt wollen, müssen nun auf dem Festland gebären. Der Zorn darüber hat sich auf der Insel noch nicht gelegt.
Gabriele Pauli will Sylt für Geburten attraktiv machen
Mit einer Stiftung will Pauli die Station wiedererstehen lassen - und noch mehr: "Sylt soll bundesweit attraktiv werden für Geburten, für sanftes und natürliches Gebären", sagte sie dem Magazin Stern. "Frauen aus allen Landesteilen könnten zum Kinderkriegen auf die Insel reisen." Ein Begrüßungsgeld von 5000 Euro pro Baby brachte Pauli zudem ins Gespräch. Häckel lehnt ein "Babykopfgeld" als nicht nachhaltig ab. Die geringe Geburtenzahl trägt auch zu anderen Entwicklungen bei: 2014 wurde eine Schule geschlossen, ein Kindergarten folgt dieses Jahr.
Die Promi-Insel kennt auch Armut: Immerhin 150 Menschen gehören zu den sogenannten erwerbsfähigen Leistungsbeziehern, die Sylter Tafel verzeichnet eine steigende Kundenzahl. Ein Dauerbrenner auf der Insel ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Viele Wohnungen werden in teure Ferienunterkünfte umgewandelt, im Winter wirken ganze Straßenzüge ausgestorben, Einheimische ziehen aufs Festland, in der Saison werden Servicekräfte händeringend gesucht. Ob der im Herbst begonnene, vom Land geförderte Bau von "sozial gebundenen" Wohnungen spürbare Erleichterung verschafft, muss sich erst noch zeigen.
Vom Tourismus wird die Insel dennoch weiter abhängen. Die Verringerung sommerlicher Blechlawinen war ebenfalls Thema im Wahlkampf, ebenso wie der Küstenschutz. Herbst- und Winterstürme nagen an der Insel, die auf jährliche Sandaufspülungen angewiesen ist. Am Wahltag werden nach den Wettervorhersagen wieder zwei Stürme die Insel getroffen haben. Wenn der nächste kommt, hat die Gemeinde ein neues Oberhaupt. dpa
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