
Söder glaubt nicht an Rückgewinnung von AfD-Wählern unter Merz

Exklusiv Könnte die Union Wähler der AfD zurückgewinnen, wenn Merz Kanzlerkandidat wird? CSU-Chef Söder sagt nein - denn viele AfD-Wähler hätten sich "von der Demokratie verabschiedet".
CSU-Vorsitzender Markus Söder glaubt nicht die These, dass die Union unter einem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz im großen Stil Wähler aus dem Lager der AfD zurückgewinnen könnte. "Wir in Bayern haben 2017 auch darüber nachgedacht, aber wir wissen mittlerweile, dass viele Wähler der AfD vorher Nichtwähler waren", sagte der bayerische Ministerpräsident unserer Redaktion. "Das sind Menschen, die sich schon vor Jahren von der Demokratie verabschiedet haben", betonte der CSU-Chef. Es handele sich um "politische Geisterfahrer wie Reichsbürger, die sich jetzt auf einem großen Parkplatz bei der AfD versammeln und glauben, eine neue Mehrheit zu sein", fügte er hinzu. "Diese durch rhetorische Annäherung zurückgewinnen zu wollen, erscheint kaum möglich."
Söder warnte die CDU vor einem Richtungsstreit im Umgang mit der AfD auf Kosten der Mitte: "Die Stimmung im Osten ist nicht mit dem ganzen Land gleichzusetzen", sagte der CSU-Chef. "Das muss man ernst nehmen, aber die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler lebt in den alten Bundesländern", betonte der. Dort sei das Thema AfD nicht das Alleinentscheidende. "Hier geht es um die gesellschaftliche Mitte. Das darf die Union nie aus den Augen verlieren." Söder plädierte für eine harte Abgrenzung: "Wir sollten herausarbeiten, wer Feind und wer Herausforderer ist. Feind ist selbstverständlich die AfD, weil sie das Ziel verfolgt, die Demokratie als Ganzes zu destabilisieren."
Markus Söder: Kanzlerkandidatur ist auch Richtungsentscheidung
Der CSU-Chef bekräftigte, dass die Entscheidung um den CDU-Vorsitz keine Festlegung auf die Kanzlerkandidatur der Union sein dürfe. "Eines steht fest: Ohne die CSU kann ein Kanzlerkandidat nicht nominiert werden", betonte Söder. "Denn es geht nicht nur um die Person, sondern auch um Programme, Inhalte und Strategien."

Auch dabei gehe es um die Frage, wie sich die Union von Rechts- und Linksaußen abgrenze. "Schielen einige nach rechts oder ist es unser gemeinsames Ziel, in der Mitte der Gesellschaft Wahlen zu gewinnen?", fügte er hinzu. "Die Frage nach dem Kanzlerkandidaten sollten wir in dem traditionell erfolgreichen Verfahren lösen, indem die Vorsitzenden der beiden Schwesterparteien einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten." Ein Unions-Kandidat, der Kanzler werden will, brauche die Stimmen des Südens, so Söder.
Neuer CDU-Chef müsse erst einmal die Union versöhnen
Ein neuer CDU-Chef müsse erst mal die Christdemokraten einen, sagte Söder. "Die große Leistung von Annegret Kramp-Karrenbauer war der Aussöhnungsprozess zwischen CDU und CSU", betonte er. "Die Aufgabe eines neuen CDU-Vorsitzenden wird sein, eine Aussöhnung in der CDU herbeizuführen."
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Der CSU-Chef hält ungeachtet der Führungsdiskussion in der CDU an seiner Forderung nach einer Kabinettsumbildung in der Koalition fest. "Es macht keinen Sinn, erst ein Vierteljahr vor der Wahl über eine Kabinettsumbildung zu reden", sagte er unserer Redaktion. "Wir werden das aber im Verbund mit der CDU zum richtigen Zeitpunkt diskutieren." Söder verwies auf die Erfahrungen der Union unter Regierung Kohl: "Theo Waigel hat immer gesagt, dass Helmut Kohl 1989 mit einer großen Kabinettsumbildung alles richtig gemacht habe, dann aber 1997 die Entwicklung unterschätzt hatte, als er an all seinen Ministern festhielt. Ich denke, da hat Theo Waigel Recht."
Söder hält Grünen-Chef Habeck eher für einen Wanderprediger als Strategen
Mit Blick auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition warnte Söder vor übertriebenen Erwartungen: "Die Grünen haben im Moment ein linkes Programm: Enteignungen, Schulden, Steuererhöhungen, Verbote von Straßenbau und die Bekämpfung des Autos." Söder erklärte: "Dieses scharfe Programm steht in diametralem Gegensatz zu dem eher vermittelnden Auftreten ihrer Parteivorsitzenden." Allerdings zog Söder dabei die Führungsqualitäten von Grünen-Chef Robert Habeck im Vergleich zu seiner Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock in Zweifel: "Er erscheint mir momentan eher wie ein politischer Wanderprediger als ein strategisch agierender Parteivorsitzender", sagte Söder. "Man nimmt derzeit auch Frau Baerbock in der Öffentlichkeit stärker wahr", fügte er hinzu.

Söder forderte nach den angekündigten Rückzügen von Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer die Union auf, Teams und Gremien breiter mit Frauen und Männern aufzustellen: "Ich habe im Kabinett in Bayern für die CSU die Parität von Frauen und Männern herbeigeführt", betonte er. " Das gab es noch nie in der CSU und das ist auch ein Anspruch für die Zukunft", fügte er hinzu. "Ich bin guter Dinge, dass auch die CDU die richtige Zusammensetzung von Männern und Frauen, von Alt und Jung und Ost und West finden wird." (AZ)
Lesen Sie hier das ganze Interview mit Markus Söder: "Ohne die CSU wird man kein Kanzlerkandidat"
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