Gibt es bald die Regensburger Domspätzinnen?
1050 Jahre nach ihrer Gründung öffnen die Regensburger Domspatzen ihre Türen auch für Mädchen. Was das für den weltberühmten Knabenchor bedeutet.
Das „Gendern“ ist derzeit in aller Munde – quer durch die Republik wird über korrekte Sprache und die Verwendung geschlechtsneutraler Begriffe diskutiert. Bei den Regensburger Domspatzen gab es lange Zeit keinen Grund, darüber zu streiten, ob der männliche Begriff Domspatzen noch zeitgemäß ist: Domspätzinnen – so die korrekte weibliche Form – gab es schlichtweg nicht. Seit 1050 Jahren besteht der weltberühmte Chor ausschließlich aus Buben und jungen Männern.
Doch nun brechen neue Zeiten an: Wie das Bistum Regensburg am Dienstag mitteilte, werden künftig am zur „Stiftung Regensburger Domspatzen“ gehörenden Gymnasium auch Mädchen unterrichtet. Und: Es soll ein eigener Mädchenchor gegründet werden, als „neue zusätzliche musikalische Säule der Regensburger Dommusik“. Der katholische Knabenchor bleibe aber natürlich und unverändert erhalten.
Gemeinsame Projekte mit Knabenchor denkbar
Der frühere Eichstätter und jetzige Regensburger Domkapellmeister Christian Heiß freut sich bereits und legt die Messlatte sogleich hoch: „Nach einer gewissen Aufbauphase wird der neue Mädchenchor höchsten musikalischen Ansprüchen genügen“, sagte er. Heiß, er war früher selbst ein Domspatz, hatte die neue Ausrichtung bereits vor knapp zwei Jahren angedeutet, als er sein Amt antrat. Die Domspatzen hatten damals klargestellt, dass es nicht darum gehe, Mädchen bei den Buben mitsingen zu lassen. „Die Regensburger Domspatzen bleiben als Knabenchor der Domchor der Kathedrale“, betonte Heiß nun abermals.
Gemeinsame Projekte der beiden Chöre seien eines Tages aber durchaus denkbar. Umgesetzt werden sollen die Neuerungen zum übernächsten Schuljahr 2022/23. Dann sollen die ersten Mädchen an die Domspatzen-Schule kommen. Bis dahin bleibt für die Organisatoren noch einiges zu tun. Es müssen neue liturgische Gewänder für die Sängerinnen geschaffen werden, und für die Auftritte bei weltlichen Konzerten soll es auch eine entsprechende Kleidungslinie für die Mädchen geben.
Domkapellmeister: Name des neuen Chores steht noch nicht fest
Der Name des Chores ist ebenfalls noch unklar. Sie würden jedenfalls nicht „Domnachtigallen“ heißen, macht Heiß klar. Er will den Mädchenchor in irgendeiner Weise mit dem Namen Regensburger Domspatzen verbinden. „Es wäre ja Unsinn, die Marke nicht zu nennen“, findet der Domkapellmeister. Die Namensgebung sei aber „noch in einer gewissen Findungsphase“.
Die 975 gegründeten Regensburger Domspatzen blicken nicht nur auf eine lange, sondern auch auf eine skandalbehaftete Geschichte zurück. So kamen in den vergangenen Jahren immer mehr Fälle von sexuellem Missbrauch und Misshandlungen von Kindern an die Öffentlichkeit. Der Rechtsanwalt Ulrich Weber, der neben anderen den Domspatzen-Skandal aufgearbeitet hat, zählte vor wenigen Jahren 49 mutmaßliche Täter, die über Jahrzehnte hinweg 547 Buben misshandelt und 67 Buben sexuell missbraucht haben sollen. (mit dpa)
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