So schön können Kurven sein
In der Modebranche gibt es immer mehr Curvy Models wie Saskia Grimm. Was sind die Unterschiede zu extrem Schlanken? Und welche Hürden müssen Designer meistern?
Ein Modelcontest, bei dem Saskia Grimm eigentlich nur teilgenommen hat, um ihren Papa zu ärgern, änderte das Leben der 1,76 Meter großen Frau schlagartig. Angefangen hat ihre Modelkarriere nach einer Reise durch Australien und Südostasien. Sie kam mit deutlich mehr Kilos zurück. Ihr Vater zeigte sich überrascht und sarkastisch. Er scherzte und schlug seiner Tochter vor, an einem Plus-Size-Modelcontest teilzunehmen. „Erst war ich stinkig. Aber dann dachte ich mir, warum nicht?“, erzählt Saskia Grimm. Sie holte sich unerwartet den ersten Platz und seither geht es für die heute 30-Jährige bergauf.
Über die Laufstege des Landes laufen immer häufiger Curvy-Models. Bei der Münchner Agentur Louisa-Models ist Saskia Grimm derzeit das einzige Model, das aus der Reihe der 90-60-90-Frauen heraussticht. „Noch“, sagt Agentur-Gründerin Louisa von Minckwitz. In Amerika arbeiteten Agenturen schon seit langem mit Plus-Size-Models. Inzwischen ist man in der Branche zum englischen Wort curvy übergegangen, also kurvig. Vor allem boomt das Geschäft mit den kurvigen Frauen, seitdem Topmodel Whitney Thompson bei „Americas Next Topmodel“ die zehnte Staffel gewonnen hat. Die Amerikaner sind zudem grundsätzlich deutlich fülliger als die Deutschen, glaubt Agenturchefin von Minckwitz. Deswegen sei auch der Bedarf an Designermode bei großen Größen gestiegen. Vor wenigen Jahren, so erzählt sie, wuchs die Nachfrage an Curvy-Models auch in Deutschland. Seit mehreren Monaten interessierten sich immer mehr Kunden für Models mit Maßen um die 98-72-108, so wie die von Saskia Grimm. Bei Louisas Models sollen bald 20 bis 30 Mädchen in dieser Nische dazukommen.
War es das für die Magermodels?
War es das jetzt mit den Magermodels? Nein, sagt die Modelagentin. Sie glaubt vielmehr, dass sich die Curvy-Sparte neben den üblichen Models entwickeln wird. Eine ähnliche Meinung teilt die Londoner Designerin Anna Scholz. Die Modebranche verändere sich nicht, sagt sie. Aber „der Trend von mageren Models ist nicht mehr angesagt“. Die Plus-Size-Designerin Anna Scholz ist in Hamburg aufgewachsen und leitet inzwischen in London eine erfolgreiche Curvy-Modelinie, die sie online vermarktet. Sie sagt: „In den vergangenen 20 Jahren hat sich sehr viel in der Modebranche geändert und es gibt viel mehr Plus-Size-Labels.“
Doch auch wenn sogar in den Medien mehr kurvige Models auftauchen, sieht sie in der Branche Luft nach oben: „Mir fehlt immer noch Sex-Appeal und ein Designanspruch in unserer Branche.“ Es gebe in London vier Modelagenturen, die kurvige Models vertreten, und ständig wird sie mit neuen bekannt gemacht. Kürzlich war sie in der Jury einer kanadischen Reality-Fernsehserie, „The Fashion Hero“, in der unüblich Schöne und interessante Models gesucht wurden – unter ihnen auch füllige Models.
Auch das Handwerk eines Plus-Size-Designers unterscheidet sich vom üblichen Geschäft. Size-Zero-Models sind der Designerin zufolge wesentlich einfacher anzuziehen, fülligere Frauen dagegen haben Kurven und Polster, die umspielt und unterstrichen werden. Je kurviger die Frau, desto unterschiedlicher seien die Proportionen. Deshalb müssen die Schnitte stärker auf die Models angepasst werden.
Das Curvy-Business hält in Deutschland Einzug. Ein weiterer Beweis ist die Castingshow „Curvy Supermodel – Echt. Schön. Kurvig.“, bei der RTL 2 vor kurzem die Siegerin gekürt hat. Die Jury um Designer Harald Glööckler, Tänzerin Motsi Mabuse, Modelagent Ted Linow und Plus-Size-Model Angelina Kirsch – eine gute Freundin von Saskia Grimm – hat sich für Céline entschieden.
Saskia Grimm plant noch lange nicht mit einem Ende ihrer Karriere. Gerade weil sie fülliger sei, so sagt sie selbst, könne sie auch nach der kritischen Dreißigergrenze, die im Modegeschäft oftmals das Aus bedeutet, weitermachen. Ihr Vater ist inzwischen sehr stolz auf seine erfolgreiche Modeltochter.
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