Der Hartnäckige: Karlheinz Schreiber wehrt sich vehement
In wenigen Wochen fällt das Urteil gegen den Ex-Lobbyisten Schreiber. Der 79-Jährige wehrt sich vehement. Und wo das Verfahren enden wird, ist jetzt schon klar.
Dass der frühere Lobbyist Karlheinz Schreiber ein hartnäckiger Zeitgenosse ist, hat er schon oft in seinem Leben bewiesen. Er hat es so zum Spezl von Franz Josef Strauß gebracht und zu einem gut verdienenden Lobbyisten mit sehr guten Kontakten. Zehn Jahre lang wehrte sich der heute 79-Jährige aus Kaufering (Kreis Landsberg) gegen seine Auslieferung aus Kanada.
Und auch am Augsburger Landgericht zeigt sich der Kaufmann als zäher Gegner. Seine Verteidiger Jens Bosbach, Frank Eckstein und Jan Olaf Leisner überziehen die 10. Strafkammer seit Monaten mit Beweisanträgen. Der Revisionsprozess läuft seit 17. September vergangenen Jahres. Doch bevor sich der Verfahrensbeginn jährt, könnte nun bald Schluss sein. Prozessbeobachter sind sicher: Ein Urteil wird in den nächsten Wochen fallen.
Kohl, Waigel und Genscher müssen nicht als Zeugen kommen
Gestern haben die Richterinnen wieder mehrere Anträge der Schreiber-Verteidiger zurückgewiesen. Auch das Ansinnen, ehemalige Spitzenpolitiker wie Helmut Kohl, Theo Waigel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel als Zeugen zu vernehmen, wurde bereits abgelehnt. Am kommenden Montag könnte ein Antrag behandelt werden, der die angebliche politische Einflussnahme auf den Fall Schreiber zum Thema hat. Die Richterinnen Frauke Linschmann, Jennifer Kruse und Cornelia Seidl machen Tempo. Festgesetzt sind vorläufig nur noch Prozesstermine bis 9. August.
Wie könnte das Urteil lauten? Im Mai 2010 war Schreiber in Augsburg wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht hatte keine Zweifel, dass der Lobbyist aus Panzer-, Flugzeug- und Hubschraubergeschäften rund 65 Millionen Mark (circa 32 Mill. Euro) Provisionen kassiert und diese nicht versteuert hat. Er habe ein „System der Verschleierung“ aus Scheinfirmen und Tarnkonten betrieben und auf diese Weise 7,3 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Der Vorwurf der Bestechung des Ex-Rüstungsstaatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls sei verjährt, entschieden die Richter.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und ordnete einen neuen Prozess an. Die Bundesrichter pickten zwei Kernpunkte des Verfahrens heraus: die Frage, ob Schreiber damals überhaupt in Deutschland steuerpflichtig war; und die Frage, ob die Bestechung von Pfahls tatsächlich verjährt ist.
Die Frage der Steuerpflicht hat der 1. Strafsenat am BGH praktisch gleich selbst beantwortet. Es gebe „ganz gewichtige Indizien“, dass Schreiber in Deutschland Steuern zahlen musste. Als wichtigen Hinweis wertete der frühere Senatsvorsitzende Armin Nack, dass Schreiber in Kanada keine Steuern gezahlt habe und die Kanadier auch keine Steuern von ihm haben wollten.
Bei der Bestechung waren die Augsburger Richter 2010 von der bislang gültigen BGH-Rechtsprechung ausgegangen, dass eine Bestechung dann endet, wenn der Bestochene aus dem Amt scheidet. Dies war bei Pfahls 1992 der Fall, das Delikt damit zehn Jahre später verjährt. Doch der Bundesgerichtshof erklärte diese Auffassung für überholt. Die Richter im Revisionsprozess sollten neue Kriterien finden. Ein Fingerzeig der höchsten Richter: Entscheidend könnte sein, wann das letzte Geld geflossen ist. Dann wäre die Frage, wie lange ein spezielles Schreiber-Konto Pfahls zugedacht war.
Vorsichtshalber wird die Steuerschuld runtergerechnet
Im schlimmsten Fall – wenn die Bestechung hinzukommt – könnte Karlheinz Schreiber sogar eine höhere Strafe drohen. Die Verteidiger arbeiten daher in mehreren Stufen:
1. Sie behaupten, Schreiber war im fraglichen Zeitraum nicht in Deutschland steuerpflichtig.
2. Für den Fall, dass das Gericht dies anders sieht, soll die Steuerschuld reduziert werden. Zum Beispiel mit dieser hübschen Geschichte: Schreiber wollte sich nach der deutschen Wiedervereinigung an einem Projekt in Russland beteiligen. Für die heimkehrenden russischen Soldaten galt es, massenhaft Holzhäuser als Unterkünfte zu bauen. Schreiber soll einem Lobbyisten 8,5 Millionen Mark gezahlt haben, damit der die russische Generalität schmiert. Das Geschäft floppte aber, weil der Vermittler inhaftiert wurde. Das Geld war weg. Schreiber will dies nun als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen.
3. Wenn der frühere Waffenlobbyist doch zu einer hohen Haftstrafe verurteilt wird – was nicht unwahrscheinlich ist –, bleibt immer noch der erneute Gang nach Karlsruhe.
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