Diakon vergewaltigte Ministrantin
Wie der Geistliche bestraft wird und wie es dem 15-jährigen Opfer heute geht
Nur noch schemenhaft ist das Kreuz im Gerichtssaal zu erkennen. Jahrelang muss es dort gehangen haben, dass die Wand drumherum so nachdunkeln konnte. Unter dem Kreuz sitzt ein alter Mann und weint. Über seinen Anwalt lässt er erklären, dass alles stimmt, was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft: Belästigung, Körperverletzung und Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens bei einer Ministrantenfahrt nach Nürnberg.
Der heute 66-Jährige war der Religionslehrer seines Opfers – und Diakon in der kroatisch-katholischen Gemeinde in München. Bei der Fahrt ging der Geistliche mit seinem Opfer auf einen Spielplatz, begrapschte die 15-Jährige und vergewaltigte sie. Das Amtsgericht München verhängt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren gegen den Geistlichen – mit einer Bewährungszeit von fünf Jahren. Der Diakon verlässt das Gericht mit Auflagen (10000 Euro Schmerzensgeld, Kontaktverbot), aber als freier Mann.
Für das Mädchen ist das eine große Belastung. Seine Anwältin erzählt, dass die Jugendliche bis zur Tat eine gute Schülerin war, schüchtern und zurückhaltend. Zu dem Diakon habe sie ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt. Heute sei das Mädchen nicht in der Lage, zur Schule zu gehen, werde seit Monaten in einer geschlossenen Psychiatrie behandelt und müsse fixiert werden, damit sie sich selbst nichts antut. „Der geht’s scheiße und Sie sind schuld dran“, sagt der Richter. Die junge Frau nahm an der Verhandlung nicht teil, sie sei auch nicht aussagefähig, hieß es. Der frühere Religionslehrer darf nun fünf Jahre lang keine Kinder und Jugendlichen mehr unterrichten oder beaufsichtigen, muss sich von den Räumen und den Veranstaltungen seiner langjährigen Kirchengemeinde fernhalten. Beim Strafmaß wurden neun Monate Untersuchungshaft berücksichtigt.
Nach Angaben des für den Kroaten zuständigen Erzbistums München und Freising sind in den vergangenen Monaten zwei weitere Verdachtsfälle gegen den 66-Jährigenbekannt geworden, der1990 zum Diakon geweiht wurde, nun aber nicht mehr als solcher arbeiten darf. In einem Fall gehe es um den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs, ein weiterer sei „körperlicher Natur“, wie eine Sprecherin des Bistums sagte. Beide Fälle liegen ihren Angaben zufolge aber schon „länger“ zurück.
Erst im September vergangenen Jahres hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine Studie über sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche veröffentlicht. Sie ergab, dass mindestens 1670 Kleriker von 1946 bis 2014 mindestens 3677 Jungen und Mädchen missbraucht haben. (dpa, kna)
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