„Die Emmi“ beerbt Karl Theodor zu Guttenberg
Die jüngste Bundestagskandidatin der CSU hat die Stammtische fest im Griff. Emmi Zeulner ist die Nachfolgerin von Karl Theodor zu Guttenberg im oberfränkischen Wahlkreis Kulmbach.
Es ist dieser Moment, abends um acht im Bierzelt in Schwürbitz, einem kleinen Ort in Oberfranken. Sozialministerin Christine Haderthauer ist der Ehrengast. Sie schreitet hinter den rot-berüschten Ehrendamen Richtung Bühne.
Emmi Zeulner ist die Nachfolgerin von Karl Theodor zu Guttenberg im Wahlkreis Kulmbach
An ihrer Seite läuft Emmi Zeulner, 26 Jahre alt, Krankenschwester, Bundestagskandidatin – Guttenberg-Nachfolgerin. Die Ministerin winkt, Zeulner schüttelt Hände. Die Menschen drängen sich zu ihr. Dieser Moment zeigt: ein bisschen Popstar kann sie eben auch, „die Emmi“, wie die Menschen sie hier nennen.
Im Januar gewann die 26-Jährige die Stichwahl zur Bundestagskandidatin im Wahlkreis Kulmbach. Es ist die Bühne des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Doch die jüngste Bundestagskandidatin der CSU sträubt sich vehement gegen alle Vergleiche mit ihrem Vorgänger: „Das sind zwei ganz andere Lebensgeschichten, zwei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten“, findet sie.
Das Vertrauen, das die Wähler in zu Guttenberg hatten, habe er sich über Jahre erarbeitet. Guttenbergs Anziehungskraft war groß. Das klingt in Zeulners Worten nach. „Es ist eine hohe Kunst, im Hochsommer ein 2000-Mann-Zelt zu füllen, das muss ich erst mal nachmachen“, betont sie. Und ihre Anziehungskraft? „Wir hatten gerade eine gute Veranstaltung, da waren bestimmt 80 Leute.“
Es ist nicht zu leugnen: Der Baron bringt in Schwürbitz auch nach der Affäre um seine abgeschriebene Doktorarbeit Augen zum Leuchten. „Sie kann Karl-Theodor zu Guttenberg nicht ersetzen“, sagen manche an den Biertischen. Und wie Zeulner selbst oft betont: „Sie muss sich erst noch beweisen.“ Und trotzdem: „Wir werden sie wählen.“
Etwas früher am Nachmittag, vor einem Wirtshaus bei Lichtenfels, Zeulners Heimatort: Von der Kandidatin fehlt jede Spur. Stattdessen lädt der Wirt die Besucher ins Haus. „Die Emmi?“, na klar, kennt er die – vor allem diese Geschichte, dass sie früher immer als Kartenspielerin eingesprungen ist, wenn einer pinkeln musste im heimischen Gasthof, einige Dörfer weiter.
Sie saß schon als kleines Mädchen am Stammtisch und diskutierte mit
Die eigentliche Faszination scheint allerdings der Stammtisch ausgeübt zu haben. Wenig später erzählt sie selbst, wie sie schon als kleines Mädchen am Stammtisch saß und mitdiskutierte, „politisierte“, wie sie sagt. Deswegen spitze sie auch jetzt im Wahlkampf im Wirtshaus die Ohren: „Das tut einem Politiker immer gut, weil er geerdet wird“, ist sie sich sicher.
Was sie dort selten höre: Vergleiche mit ihrem Vorgänger. „Das machen die Medien, die Wähler kümmern sich da weniger drum“, sagt Zeulner. Was sie dafür häufiger hört: Verwunderung über ihr Alter. Skeptikern sage sie: „Ich verspreche Ihnen, das ist ein Problem, aber es wird mit jedem Tag kleiner.“ Sie betont: „Ich werde mir den Respekt erarbeiten – und ein gutes Ergebnis.“
Denn Plagiatsaffäre hin oder her, zu Guttenberg schaffte in Kulmbach das Traumergebnis von 68,1 Prozent. Es war die höchste Zustimmungsquote für einen Direktkandidaten in ganz Deutschland. Zeulner weiß, einfach nur rein in den Bundestag, das wird nicht reichen: „Mit einem schlechten Ergebnis werde ich es schwer haben in der Fraktion.“
Deswegen steht momentan das Übliche an: Öffentlichkeitsarbeit, Klinkenputzen, Bierzelt, um ihre Themen wie flächendeckendes Breitbandinternet, Mütterrente und bessere medizinische Versorgung an den Wähler zu bringen.
Wie viele Veranstaltungen sie jetzt, knapp einen Monat vor der Wahl, schon hinter sich hat, kann sie nicht sagen: „Gefühlt waren es sehr viele“, seufzt sie. Inzwischen hat sie ein kleines Ratgeber-Team um sich geschart: die Leiterin der CSU-Kreisgeschäftsstelle, Edith Güthlein, den Landrat Christian Meißner und die Europa-Abgeordnete Monika Hohlmeier.
Eine Sekretärin hat sie allerdings nicht. Ihre Termine macht sie selbst aus. Wie zum Beispiel den mit CSU-Chef Horst Seehofer. „Ich nehme ihn sehr väterlich wahr“, sagt sie. Auf einem Treffen übergab sie ihm Briefe verschiedener Bürgermeister. „Er schrieb ,sehr wichtig‘ auf die Umschläge, mir wäre lieber, er hätte ,erledigen‘ draufgeschrieben“, sagt sie mit einem Lächeln in der Stimme.
Die Kanditatin gibt sich lieber zurückhaltend
An dieser Schlagfertigkeit musste sie erst noch feilen, erzählt sie. Inzwischen gibt sie sich locker: „Jetzt bin ich solide, mich haut so schnell nichts mehr um.“ Nur um sofort einzuschränken: „Ohne vermessen klingen zu wollen.“ Lieber gibt sie sich zurückhaltend. Auch auf der Bierzeltbühne, von der sich Ministerin Haderthauer inzwischen verabschiedet hat. Dort steht sie mit hängenden Schultern und überragt trotzdem noch einige ihrer CSU-Mitkandidaten. Nur langsam taut sie auf.
Landrat Meißner erzählt von ihrem Opel Corsa, in dem sie quasi lebt, wie sie zuvor selbst erzählt hat. Sie windet sich peinlich berührt, doch am Mikrofon hat sie die Menge im Griff. Nur ihr letzter Zug geht schief. Das Mikrofon noch in der Hand, hebt sie an zum Schlusswort. Doch Landrat Meißner unterbricht sie: „Wenn du gewählt bist, stehst du so weit über mir, erst dann bekommst du das Schlusswort.“
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