Eichenprozessionsspinner: Eine Raupe lähmt die Region
Der Eichenprozessionsspinner macht sich in Schwaben breit – mit teils schwerwiegenden Folgen. Welche Rolle der Klimawandel spielt.
Mit ihren weißen Härchen sehen die Raupen des Eichenprozessionsspinners fast ein bisschen flauschig aus. Doch wer denkt, die kleinen Tierchen seien harmlos, der irrt sich. Die Härchen enthalten das Nesselgift Thaumetopoein.
„Das Gift bleibt bis zu zehn Jahre aktiv. Wer mit den Härchen in Berührung kommt, muss mit Rötungen, schmerzhaftem Jucken und Schwellungen rechnen“, sagt Hubert Meßmer, Leiter der Forstabteilung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Allergiker müssten besonders aufpassen: Es könne zu Atemwegsproblemen und Erstickungsanfällen kommen. Im schlimmsten Fall zum Tod.
Gift der Brennhaare kann zu Atemnot führen
In der Region sorgt das Insekt daher seit wenigen Wochen für mächtig Ärger. Selten hat es so einen starken Befall gegeben, in ganz Schwaben tauchen die haarigen Tiere plötzlich auf und sorgen dafür, dass Freibäder, Kindergärten, Badeseen, Friedhöfe oder Fitness-Parcours gesperrt oder Teilbereiche dichtgemacht werden müssen.
Besonders betroffen ist der Landkreis Günzburg. Aber auch in vielen Gemeinden im Landkreis Augsburg, Aichach-Friedberg, Neu-Ulm oder Neuburg-Schrobenhausen tummeln sich die Insekten auf den Bäumen. In Pöttmes beispielsweise sind 120 Eichen befallen. In Zusmarshausen haben sie sich entlang der B10 zwischen Zusmarshausen im Landkreis Augsburg und Glöttweng bei Günzburg breitgemacht. In Senden (Kreis Neu-Ulm) ist die Raupe im ganzen Stadtgebiet zu finden.
Viele Einrichtungen und Bereiche mussten geschlossen werden
Bis vor einigen Jahren war das Insekt in der Region noch gar nicht heimisch. „Mit dem Klimawandel hat sich der Eichenprozessionsspinner nun aber von Unterfranken bis nach Südbayern ausgebreitet“, erklärt Forstexperte Meßmer. Noch bis vor zehn Jahren sei es dem Schädling hier viel zu kühl gewesen. Ein weiterer Grund für den starken Befall: Das Ökosystem in Schwaben sei noch nicht auf den Eichenprozessionsspinner eingestellt: „Fressfeinde wie Vögel, Käfer oder Wanzen müssen sich erst an ihn gewöhnen“, sagt Meßmer.
Die meisten Nester der Raupen sind an Eichen in 20 bis 30 Metern Höhe zu finden. „Abgebrochene Härchen der Raupe fliegen oft durch die Luft, deshalb kann es auch zu allergischen Reaktionen kommen, wenn man nur in der Nähe des befallenen Baums steht“, sagt Meßmer. Nur weil die Tierchen nicht gleich sichtbar seien, schütze das die Menschen also nicht vor den Gifthärchen des Insekts.
Der Eichenprozessionsspinner mag nur Eichen
Die Raupen des Eichenprozessionsspinners, erklärt der Forstoberrat, würden fünf bis sechs Entwicklungsstadien durchlaufen. „Erst ab dem dritten Larvenstadium werden giftige Brennhaare gebildet.“ Am liebsten ist das gefährliche Insekt an Waldrändern sowie in Grünanlagen unterwegs. Was die Baumart angeht, haben sich die Insekten festgelegt. „Die Eiche ist die Bedingung für seine Fortpflanzung.“
So ist es kaum verwunderlich, dass es kürzlich auch im Eichwaldbad in Dillingen, das bekannt ist für seine vielen großen Eichen, zu einem Befall kam. Die Raupe sorgte dafür, dass das Bad drei Tage lang geschlossen war. Trotz sommerlicher Temperaturen blieb den Donau-Stadtwerken nichts anderes übrig. Sechs Bäume waren befallen.
Nester müssen mit einem speziellen Sauger entfernt werden
Mitarbeiter einer Spezialfirma aus Donauwörth mussten die Äste mit einem Fernglas absuchen und die Raupennester in den Bäumen mit einem speziellen Sauger entfernen. Als alles beseitigt wurde, landete der Staubsaugerbeutel in der Müllverbrennungsanlage. Sieben Stunden lang dauerte der Einsatz. Mittlerweile läuft der Freibadbetrieb aber normal weiter.
Ähnlich sieht es in Krumbach aus: Dort, im Landkreis Günzburg, ist nicht nur das Freibad von dem Insekt befallen. Auch der städtische Kindergarten ist betroffen. Aktuell wird der Garten vom Eichenprozessionsspinner befreit. In beiden Einrichtungen wurden die betroffenen Bereiche abgesperrt. In Kutzenhausen durften die Kinder nicht mehr auf den Pausenhof, die Bewohner aus Thannhausen nicht mehr uneingeschränkt in die Innenstadt. Und jeden Tag tauchen die Raupen an anderen Orten auf.
Das Problem mit den Raupen muss sich erst einpendeln
Forstabteilungsleiter Meßmer ist sich sicher, dass sich das Problem mit dem Insekt in ein bis zwei Jahren einpendeln wird. „Menschen und Tiere in Franken oder anderorts können ja auch mit dem Eichenprozessionsspinner leben.“ Dann sollte das den Schwaben doch auch gelingen.
Sie möchten wissen, ob Ihr Wohnort in diesem Frühsommer auch schon betroffen war? In unserer interaktiven Karte zeigen wir jene Orte, in denen der Eichenprozessionsspinner bekanntermaßen aufgetreten ist. Sie können die Karte interaktiv heranzoomen und die einzelnen Orte anklicken, wenn Sie mehr Information lesen möchten.
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In Königsbrunn sind in der Wertachstrasse und Römerallee fast alle Bäume befallen und jeder zweite Baum komplett kahl gefressen. Die Nester sind an den kahlen Bäumen gut zu erkennen. Und es sind nicht nur Eichen befallen.