Ein Schlossherr mit Visionen
Ernst Prost liebt die schönen Dinge: indische Bronzen, seltene Autos, historische Bauten. Wenn ihm etwas gefällt, dann fackelt er nicht lange. Das war bei den ersten Shiva-Statuen, die er vor Jahrzehnten in seinem Rucksack kreuz und quer durch Indien schleppte, genauso wie bei Schloss Leipheim.
In unserer Zeitung las der Inhaber der Ulmer Autochemie-Firma Liqui Moly (die Öle finden sich auch in den Motoren von Formel-1-Autos) von der Versteigerung des Leipheimer Wahrzeichens. Wenige Stunden später hatte er schon den Zuschlag für die im 16. Jahrhundert erbaute "Güssenburg".
Zwei Jahre und eine ungenannte Millionensumme später ist der 51-jährige Schlossherr und Familienvater nun in sein feudales Anwesen mit 580 Quadratmetern Wohnfläche eingezogen. "Zur Erbauung und Inspiration" dient ihm das märchenhafte Bauwerk mit kaum weniger märchenhaftem Inventar. Riesige Lüster, schwere Schränke im Rittersaal mit fast lebensgroßen Bronzen pudelnackter junger Frauen und drei Meter hohen brasilianischen, funkelnden Amethyst-Drusen. Im Asienzimmer sorgen mannshohe, uralte Bonsais für asiatisches Flair, während im Speisesaal für einen Mantel-und-Degen-Film sofort Drehbeginn sein könnte.
Ernst Prost liebt sein Schloss, jedes Detail der aufwendigen Sanierungsarbeiten hat er persönlich mit den Handwerkern abgesprochen - vom Glasboden in einem der Bäder, der als "Zeitfenster" einen Blick auf rohen Stein, Holz und handgeschmiedete Nägel freigibt, bis hin zum Bambusboden der Hausbar. Im Schloss geht es nur noch um Details. Damit ist das Engagement des Firmenchefs in Leipheim aber längst nicht beendet. Denn wenn der Preis stimmt, würde er allzu gerne den kompletten benachbarten 260 Hektar großen Ex-Fliegerhorst kaufen, von dem noch dieses Jahr der letzte Soldat für immer abziehen wird.
Prost hat große Pläne: Neben einer komplett neuen Schmierstoff verarbeitenden Fabrik schwebt ihm eine "Liqui-Moly-Erlebniswelt" vor. Den Namen dafür hat er sich schon beim Europäischen Patentamt sichern lassen: "Cape Canaveral". In einer "ersten Brennstufe" schwebt ihm ein Oldtimermuseum vor. Kontinuierlich könnte auf die Bereiche Luft- und Raumfahrt ausgeweitet werden. Prost macht Ernst: "Erst kürzlich wurde mir eine Ariane-Trägerrakete angeboten."
Dass mit dem Bau von Museen nicht unbedingt viel Geld zu verdienen ist, weiß er. Der Unternehmer will der nur sechs Kilometer entfernten Erlebniswelt Legoland keine Konkurrenz machen, sondern ein Marketinginstrument schaffen. Endverbraucher könnten unter alten Flugzeugen im Museum speisen. Und seinen Geschäftspartnern will er nahe der neuen Fabrik ein Tagungszentrum bieten - im denkmalgeschützten Offiziersheim, dem schönsten Haus auf dem Fliegerhorst. Prost liebt bekanntlich schöne Dinge.
Die Diskussion ist geschlossen.