Gericht kippt Volksbegehren gegen Flächenfraß
48000 Bayern machten sich für eine Obergrenze stark. Was der Verfassungsgerichtshof dagegen hat
In Bayern wird es in absehbarer Zeit keine Beschränkung für die Versiegelung von Grünflächen geben. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschied am Dienstag, dass das von Naturschützern beantragte und von rund 48000 Bürgern unterstützte Volksbegehren „Betonflut eindämmen – damit Bayern Heimat bleibt“ aus formalen Gründen unzulässig sei. Das Gericht monierte vor allem, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Regeln für die Umsetzung der geforderten Obergrenze des Flächenverbrauchs von maximal fünf Hektar pro Tag vorsieht.
Die Initiatoren des Volksbegehrens wollten die Aufteilung der fünf Hektar auf die einzelnen Kommunen einer Regelung im Landesentwicklungsprogramm überlassen: Er halte es für einen „charmanten Weg“ die grundsätzliche Zielbestimmung eines Gesetzes „einfach und knapp zu halten“, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann nach dem Urteil. Das Gericht habe jedenfalls die Messlatte auch für künftige Volksbegehren sehr hoch gelegt, kritisierte Hartmann: „Auch viele im Landtag verabschiedete Gesetze erfüllen diese Messlatte bislang nicht.“
In seiner sechsseitigen Urteilsbegründung stellt das Gericht zwar fest, dass eine Flächenbeschränkung nicht zwingend ein unzulässiger Eingriff in die kommunale Planungshoheit sein muss. Die „Güterabwägung“ zwischen diesem Recht und dem Ziel des Volksbegehrens müsse aber – anders als im vorliegenden Gesetzentwurf – klar ersichtlich sein. Dies gelte umso mehr, als durch die Einschränkung des Flächenverbrauchs neben dem angestrebten Schutz der Umwelt auch „konkurrierende Interessen des öffentlichen Wohls“ wie etwa die Schaffung von Wohnraum oder die Sicherung von Arbeitsplätzen betroffen seien. Angesichts der komplexen Materie und der „Regelungsdefizite“ des Gesetzesvorschlags sei es zudem „zweifelhaft, ob die Stimmberechtigten bei einem Volksentscheid über den Gesetzentwurf überhaupt dessen Auswirkungen überblicken“ könnten, kritisierte Gerichtspräsident Peter Küspert.
Eine klare juristische Abfuhr, die die Initiatoren des Volksbegehrens so wohl nicht erwartet hatten. Der Grüne Hartmann gab sich dennoch kämpferisch: „Die Tür für eine Höchstgrenze ist ja nicht komplett zugeschlagen worden.“ Seine Partei werde weiter gegen den Flächenfraß im Freistaat kämpfen.
„Wir werden die gnadenlose Zerstörung Bayerns zu einem zentralen Thema des Landtagswahlkampfs machen“, sagte auch Richard Mergner, Landesvorsitzender beim Bund Naturschutz: „Diejenigen, die jetzt vielleicht frohlocken, dass der Flächenverbrauch nun uneingeschränkt weitergehen kann, die werden sich täuschen“, glaubt Mergner.
„Wir hatten gehofft, dass die Entscheidung so kommt“, freute sich dagegen Ministerpräsident Markus Söder (CSU): „Der Ansatz, den die Grünen gewählt haben, ist der falsche Weg.“ Auch Bauministerin Ilse Aigner (CSU) zeigte sich erleichtert. „Natürlich müssen wir verantwortungsvoll mit unseren Flächen umgehen“, sagte sie: „Wir wollen das aber nicht mit Verboten, sondern mit Anreizen für die Kommunen schaffen.“ Zustimmung für die höchstrichterliche Ablehnung des Volksbegehrens gab es aber auch von SPD und Freien Wählern: Die beiden Oppositionsparteien fordern zwar auch einen sinkenden Flächenverbrauch, stufen die Planungshoheit der Kommunen aber als noch wichtiger ein.
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